Tradition
Fisch machte die Dult zum Original

Hier gibt es eine Spezialität, die auf keinem anderen bayrischen Volksfest zu haben ist: Donaufisch aus der Fritteuse.

16.05.2017 | Stand 16.09.2023, 6:33 Uhr
Helmut Wanner

Auf diesem Bild ist Georg Hofmeister am Ruder der Zille, sein Onkel Fritz Hofmeister hält vor einer grandiosen Kulisse das Netz in den Händen. Foto: Stefan Hanke

Zur Dultzeit legten die Hofmeisters aus der Badgasse immer eine Pause ein. Da blieben die steinernen Verkaufsstände am Regensburger Fischmarkt verwaist, ihre Kräfte waren von der Fischbraterei gebunden. In diesen 14 Tagen im Mai sind die Kunden ans Fischerhäusl gekommen. Das stand am Nordufer der Donau gleich oberhalb des Eisernen Stegs auf einem Floss. Am Fischerhäusl wehte aus nautischen Gründen immer eine rotweiße Fahne. Manche dachten dabei fälschlicherweise, der Jahn hat gewonnen.

„Ich bewundere die Hofmeisters, weil sie so durchhalten, denn sie haben keine Firma im Hintergrund.“Fisch Maier

Das Häusl war auch außerhalb der Dultzeit ein Geheimtipp. Steinstufen führten abwärts. Gelettelt hat’s. Vor den Augen der Kunden, eine Mokri-Filter lässig im Mundwinkel, hat der Fischermeister noch in der Zille die geschwänzte Ware geschuppt – mit einem alten Sägeblatt mit selbstgebauten Holzgriff. Das hat schon sein Vater benutzt. Hofmeisters Fanggründe reichten von der Mariaorter Brücke bis zur Regenmündung. Aiteln, Nasen, Brachsen hat er frisch aus der Donau auch auf der Dult angeboten. Doch die Favoriten waren Zander und Forelle.

Die engste Verbindung zur Dult

Den Fischmarkt gibt es seit 1989 nur noch als Bushaltestelle, und der letzte Regensburger Flussfischer, der von seiner Arbeit leben konnte, ist vor zehn Jahren gestorben: Der junge Georg Hofmeister musste 51-jährig ins Grab. Seine Frau Rosi (55) machte weiter. Sie steht auf der Dult Jahr für Jahr an der Fritteuse. Die Donaufische sowie die Forellen und Zander kommen jetzt von einem Fischer aus Eining.

Kein Regensburger Dultbeschicker hat eine so enge Verbindung mit dem Volksfest wie die Hofmeisters. Und das hat folgenden Grund. Ihr Haus bildet die östliche Seite des Durchgangs ohne Namen, der die Badstraße mit der Lieblstraße verbindet. Seit die Dult vom Protzenweiher nach Westen an den Kanal umgezogen ist, ist das die kürzeste und engste Verbindung des Regensburgers, wenn er zu Fuß ins Bierzelt geht. Nüchtern kommen zwei Leute schon kaum aneinander vorbei. Wer dann nach zwei, drei Mass Festbier über dieses Gassl seinen Heimweg über den Eisernen Steg antritt, freut sich, dass ihm wenigstens die Gasse ein Stück Orientierung gibt, weil er sich mit beiden Händen an den Wänden abstützen kann.

Rosi Hofmeister nennt den Weg „Stubergassl“. So nannte ihn auch schon der Onkel. Man wird von ihr kein Wort der Kritik über die Menschen hören, die im Wonnemonat diesen Weg benutzen und auch beschmutzen. Denn diese Menschen könnten ja alle ihre Kunden sein. Die Hofmeisters betreiben die älteste Fischbraterei auf der Dult.

Otto Maier zieht den Hut

Der größere „Fisch Maier“ aus Frengkofen kam erst 1970 dazu, wie Otto Maier bekennt. Sein Geschäft steht, vom Glöcklzelt aus gesehen links, das der Hofmeisters an der Südseite der Dult fast gegenüber. Otto Maier war jetzt Gast beim Empfang zum 60. Jubiläum. Er sieht sich nicht als Konkurrenz. „Ich bewundere die Hofmeisters, weil sie so durchhalten, denn sie haben keine Firma im Hintergrund.“ Maier ist ein Fischgroßhändler. Rosi Hofmeister bestätigt dies. „Wir beliefern nur die Dult, das Siedler- und das Bürgerfest. Zur Dultzeit nehmen meine Kinder Melanie und Georg Urlaub, um mich zu unterstützen.“

„Die Hofmeisters“, sagte einer der Gäste, „sind kreizbrave Leut‘, rundum beliebt bei Personal und Nachbarn.“ Der Himmel bekräftigte dies und gab ein paar gewaltige Böllerschüsse ab, dass die Gäste zuckten. Rosi Hofmeister ließ für jeden eine frittierte Forelle springen, tief eingeschnitten, gesalzen und mit selbstgemachtem Kartoffelsalat mit Gurken. Die Geladenen bissen unbesorgt rein. Man braucht bekanntlich bei frittierten Fischen keine Angst haben vor den Gräten.

Backfische machen die Dult einzigartig

Backfische sind das, was die Regensburger Dult einzigartig macht. „Das gibt’s sonst nirgends,“ bestätigten Dultbeschicker, die übers Jahr viel rumkommen. Sie kennen kein weiteres Volksfest in Bayern, auf dem gebackene Fische angeboten werden. Woanders gibt es eher den Steckerlfisch. Ein Grund dürfte sein, dass die Donaufische zu komplizierte Gräten haben. „Die Y-Gräten der Brachsen und Aiteln werden durchs Frittieren ungefährlich. Die kann man einfach durchbeißen,“ bestätigt Otto Maier.

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Für Rosi Hofmeister, die Witwe des letzten Regensburger Flussfischers, ist die Dult eine Tradition, die sie schon aus familiären Gründen nicht missen möchte. Der Onkel ihres Mannes, Flussfischermeister Fritz Hofmeister, war ein Regensburger mit einem Stammbaum, der bis ins 15. Jahrhundert reicht.

Eigentlich ist die Fischbraterei schon älter als 60 Jahre. Die Hofmeisters feiern nur das Datum, an dem Onkel Fritz die Braterei von einem gewissen Brechenmacher übernommen hat. Der war krank und ohne Nachkommen und die Hofmeisters haben bei ihm mitgearbeitet „Das können wir auch“, haben sich Fritz Hofmeister und seine Frau, die Berta, gesagt. Als der kleine Hofmeister dann die Braterei und die Fischerei an seinen Neffen Georg übergab, hatten die beiden durch ein Foto von Stefan Hanke bereits Kult-Status. Es zeigt Fritz Hofmeister vor grandioser Dom-Kulisse im Morgengrauen mit dem Fangnetz in Händen: Der alte Mann und die Donau. Die Zille steuerte sein Neffe Georg. Georg Hofmeister war der ideale Nachfolger. Er ist förmlich hineingewachsen. „Mein verstorbener Mann hat als Kind unterm Ladenbudel geschlafen“, erinnert sich Rosi Hofmeister an Erzählungen. Georg lag in einem Bett aus Kisten. Vor seinen Augen war das Astloch. Durch das hat er den Passanten zuschauen können, bis ihm die Augen zugefallen sind.

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