Justiz
Frau rastete beim Recyclinghof aus

Die Regensburgerin soll Mitarbeiter mit Faustschlägen traktiert und getreten haben. Vor Gericht kam sie glimpflich davon.

14.07.2017 | Stand 16.09.2023, 6:25 Uhr
Marion Boeselager

Vor dem Regensburger Gericht musste sich eine Frau verantworten, die auf Recyclinghof-Mitarbeiter losgegangen war. Foto: Peter Steffen dpa

Eine 47-jährige Regensburgerin rastete bei einem Besuch des Recyclinghofs in der Markomannenstraße komplett aus: Nach Angaben der Staatsanwaltschaft hatte die Frau, die eine eigene kleine Firma betreibt, im Februar letzten Jahres gerade eigene Altwaren abgeliefert, als sie im Metallcontainer einen Spaten und eine Eisenschüssel entdeckte, die sie offenbar brauchen konnte und an sich nahm. Der stellvertretende Chef des Wertstoffhofs (51) machte die Frau darauf aufmerksam, dass dies Diebstahl sei und forderte sie auf, die Dinge zurückzulegen.

Mit Sicherheitsschuh zugetreten?

Die Regensburgerin warf zwar den Spaten zurück, erklärte aber, die Schüssel sei ihr Eigentum. Als der Mann vom Recyclinghof auf seinem Standpunkt beharrte, begann die Frau lauthals zu schreien und trat dem Angestellten heftig mit ihrem Sicherheitsschuh mit Stahlkappe gegen den Oberschenkel, so die Vorwürfe. Dort bildete sich ein blauer Fleck. Außerdem schlug sie ihm mehrfach mit den Fäusten ins Gesicht. Dabei ging die Brücke in seinem Unterkiefer zu Bruch.

Ein Mitarbeiter (61), der in die Auseinandersetzung eingriff, kassierte ebenfalls einen Faustschlag gegen die Schläfe, so die Anklageschrift. Dabei flog seine Brille zu Boden und zerbrach. Als der 51-Jährige per Handy die Polizei rief, soll die Frau in ihren Transporter gestiegen und auf den Mann losgefahren sein, als ob sie ihn überfahren wollte. Sie stoppte jedoch einen halben Meter vor ihm ab und brauste davon. Wegen diesem und zwei weiterer Vorfälle stand die Regensburgerin jetzt wegen gefährlicher Körperverletzung, Körperverletzung, Bedrohung, Diebstahls und Beleidigung vor dem Amtsgericht.

Neben dem Ausraster beim Wertstoffhof soll die Angeklagte per Email einen Kunden, der eine Rechnung nicht bezahlen wollte, als „Drecksau“ beleidigt haben. Weiter schrieb sie, er solle „am Geld, das er seinen Arbeitern schuldet, ersticken.“ Einer Nachbarin, die sich wegen des Gebells ihrer Hunde beschweren kam, schlug die 47-Jährige zudem auf die Hand und mit einer eingeschweißten Zeitung gegen die Brust, so die Vorwürfe. Die Geschädigte erlitt Kratzwunden.

Die Angeklagte äußerte sich nicht selbst zu den Vorwürfen. Ihr Verteidiger räumte für sie die beleidigende Email ein, bestritt jedoch die übrigen Vorwürfe weitgehend. Am Wertstoffhof habe sie den Mitarbeiter nur „weggeschubst“. Sonst sei außer einer verbalen Auseinandersetzung nichts geschehen. Auch die Nachbarin habe sie nicht verletzt.

Traumata in der Kindheit

Die Männer vom Wertstoffhof blieben jedoch bei ihren Anschuldigungen. Der Schlag ins Gesicht habe nicht wehgetan, ruderte der 51-Jährige etwas zurück. Den Bruch seiner Zahnbrücke habe er erst am Abend bemerkt. Auf einen Sicherheitsschuh habe er wegen der Intensität des Schmerzes getippt. Sein Mitarbeiter erhob neue Vorwürfe und sprach sogar davon, dass die Frau mehrmals auf den Chef losgefahren sei, was dieser und ein neutraler Zeuge jedoch nicht bestätigten.

Auch die Nachbarin wiederholte, wenn auch etwas zögerlich, ihre Vorwürfe. Der Kunde der Angeklagten wurde nicht mehr gehört.

Eine Erklärung für die Ausfälle der Regensburgerin lieferten mehrere ärztliche Atteste. Danach hatte die Frau in Kindheit und Jugend schlimme Gewalterfahrungen durchlitten. Wegen dieser Traumata träten immer noch starke Stimmungsschwankungen auf. Vor allem auf vermeintliche Angriffe reagiere sie aggressiv, so die Therapeuten. Die psychiatrische Sachverständige bescheinigte ihr zwar keine Störung klinischer Relevanz, aber möglicherweise verminderte Steuerungsfähigkeit.

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Da die Geschädigten kaum verletzt wurden und die Angeklagte bisher weitgehend unbescholten war ließ Richter Peter König bei seinem Urteil die Kirche im Dorf und brummte der Regensburgerin eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 40 Euro wegen Körperverletzung in drei Fällen, Sachbeschädigung und Beleidigung auf. Einige Anklagepunkte wurden im Vorfeld eingestellt. Es sei nicht erwiesen, ob die Frau bei ihrem Tritt Sicherheitsschuhe trug, meinte König, auch nicht, ob die Brücke des 51-Jährigen durch den – offenbar nur leichten - Schlag beschädigt wurde. Eine Freiheitsstrafe sei hier nicht angebracht, so das Gericht. Der Staatsanwalt hatte eine Bewährungsstrafe von einem Jahr, die Verteidigung eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen beantragt.

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