Ist der Täter schuldunfähig?
Stoß von der Steinernen Brücke in Regensburg – 28-Jähriger soll dauerhaft in Psychiatrie

18.04.2024 | Stand 19.04.2024, 11:41 Uhr

Von der Brüstung der Steinernen Brücke in Regensburg soll ein 28-jähriger Mann einen 20 Jahre alten Syrer gestoßen haben. Der Vorfall ereignete sich im vergangenen Oktober. − Foto: Armin Weigl/dpa

Der Fall sorgte für Aufsehen in Regensburg und weit darüber hinaus: Am 13. Oktober vergangenen Jahres soll ein 28-Jähriger einen acht Jahre jüngeren Syrer von der Steinernen Brücke gestoßen haben. Nun hat die Staatsanwaltschaft die dauerhafte Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus beantragt.



Das teilte die Behörde in einer Pressemitteilung mit. Darin heißt es, dass der Geschädigte an jenem Freitagmittag rittlings auf der Brüstung der Steinernen saß und telefonierte. Aus dem Nichts habe ihn der 28-Jährige plötzlich gestoßen. Beide Männer kannten sich laut Staatsanwaltschaft nicht. Der junge Syrer fiel rund sieben Meter in die Tiefe und kam auf einem steinernen Eisbrecher auf. Er wurde dabei schwer verletzt. Der 20-Jährige erlitt ein Schädel-Hirn-Trauma – Lebensgefahr bestand allerdings nie. Nach der Tat soll der Beschuldigte laut Staatsanwaltschaft unbeeindruckt weiter über die Brücke spaziert sein. Dabei zeigte er einem zufällig anwesenden Polizeibeamten den Hitlergruß. Der Mann wurde noch auf der Steinernen Brücke festgenommen.

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Der 13. Oktober war ein sonniger Tag. Zahlreiche Passanten beobachteten die Rettung des 28-Jährigen. Dazu eilte die Feuerwehr mit einem Kran auf die Steinerne Brücke, die rund eine Stunde lang gesperrt war.

Schon Stunden nach der Tat deuteten Recherchen der Mittelbayerischen Zeitung darauf hin, dass die Tat womöglich einen fremdenfeindlichen Hintergrund haben könnte. Das bestätigt die Staatsanwaltschaft nun in ihrer Pressemitteilung. Demzufolge hätten sich die Ermittlungen auf einen fremdenfeindlichen Hintergrund konzentriert. Die Beamten fanden auf dem Handy des Beschuldigten Hinweise auf national-sozialistisches Gedankengut. Auch das Tatbild, Zeugenaussagen und mehrere Ermittlungsverfahren, die beigezogen wurden, wiesen in diese Richtung. Daraus zog die Staatsanwaltschaft den Schluss, dass der 28-Jährige den Syrer heimtückisch und aus niederen Beweggründen ermorden wollte.

Der Beschuldigte äußerte sich im Verfahren sowohl gegenüber den Polizisten, die ihn auf der Brücke festnahmen, als auch im Gespräch mit einem psychiatrischen Sachverständigen. Bei beiden Gelegenheiten hat er laut Staatsanwaltschaft angegeben, die Tat begangen zu haben, weil er dachte, der Geschädigte sei ein Drogendealer. Hinweise darauf hätten die Ermittlungen allerdings nicht ergeben, so die Staatsanwaltschaft. Im Rahmen der Ermittlungen wurde ein forensisch-psychiatrisches Gutachten eingeholt. Dieses gelang laut Staatsanwaltschaft zu dem Ergebnis, dass der Beschuldigte zum Tatzeitpunkt eine manische Episode mit psychotischen Symptomen durchlebte. Die Ermittler gehen daher davon aus, dass der 28-Jährige schuldunfähig ist. Aus diesem Grund hat die Staatsanwaltschaft die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus beantragt. In solchen Fällen wird nicht wie üblich Anklage erhoben, vielmehr handelt es sich um sogenannte Sicherungsverfahren, an deren Ende meist eine dauerhafte Unterbringung in einem spezialisierten Krankenhaus steht.

Die Ermittler weisen darauf hin, dass für den Beschuldigten die Unschuldsvermutung gilt. Nun muss das Landgericht entscheiden, wie weiter verfahren wird. Wann eine Entscheidung fällt, sei noch nicht absehbar, sagte Landgerichtssprecherin Ruth Koller gestern.

Der 28-Jährige wird vom Regensburger Rechtsanwalt Marius Hoser vertreten. Der Jurist wollte sich auf MZ-Anfrage gestern nicht äußern.