Solidarität
400 Menschen zeigen in Ingolstadt Flagge

Geflohene Ukrainer freuen sich über Solidarität. Organisiert hatte die Demo ein Russlanddeutscher aus dem Landkreis Kelheim.

07.03.2022 | Stand 15.09.2023, 6:42 Uhr
Rund 400 Menschen haben am Samstagnachmittag ihre Solidarität mit der Ukraine bekundet. Unter den Demonstranten waren auch einige Frauen und Kinder, die noch vor wenigen Tagen im Kriegsgebiet waren und nach Ingolstadt geflohen sind. −Foto: Johannes Hauser

Rund 400 Menschen haben am Samstagnachmittag der Kälte getrotzt und auf dem Paradeplatz ihrer Solidarität mit der Ukraine Ausdruck verliehen. Zur Demonstration hatte der russlanddeutsche Ingolstädter Alexander Reis aufgerufen. Reis wuchs in Mühlhausen im Landkreis Kelheim auf und besuchte die Realschule in Abensberg. Ihm ist es ein Anliegen deutlich zu machen, dass der Überfall auf die Ukraine durch die russische Armee nicht im Sinne vieler Russen im In- und Ausland ist. „Es ist Putins Krieg“, hieß es auch am Samstagabend immer wieder.

Auf dem Paradeplatz standen auch etliche Frauen und Kinder, die noch vor wenigen Tagen in der Ukraine waren und vor dem Krieg nach Ingolstadt geflohen sind. Unter ihnen war Halyna Havryliak aus Iwano-Frankiwsk in der Westukraine. „Wir hatten ein schönes Leben, haben uns etwas aufgebaut“, erzählte sie am Rande der Demo. „Der russische Überfall traf uns wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Wir waren nicht darauf vorbereitet.“ Dann fielen auf einmal Bomben auf den Flughafen ihrer Heimatstadt. „Mein siebenjähriger Sohn saß am Fenster und hat alles mit angesehen.“ Ein verstörendes Erlebnis.

Der Ehemann blieb zurück

Tagelang hat Andreii immer wieder geweint. Schon länger hatte Havryliak das Angebot ihrer besten Freundin, die in Ingolstadt lebt, bei ihr unterzukommen. „Aber ich wollte nicht weg.“ Die Angst ihres Sohnes hat sie schließlich dazu gebracht, doch zu fliehen. Ihren Mann musste sie zurücklassen. „Er hat sich der territorialen Verteidigung angeschlossen“, berichtet Havryliak. Er hilft Flüchtlingen, die aus den Kriegsgebieten im Osten nach Westen fliehen. Und er schützt die verlassenen Häuser vor Plünderern.

Wenige Meter weiter stand Anna Rapp. Die ukrainischstämmige Deutsche hatte tags zuvor ihre Studienfreundin mit deren Mutter bei sich aufgenommen. Xenia und Elena Agavonova sind aus Kiew geflohen. „Vier Tage haben sie in der Metro Schutz gesucht“, berichtete Rapp. Die Zustände seien unbeschreiblich gewesen. Mit der Bahn sei es ihnen schließlich gelungen, sich nach Ingolstadt durchzuschlagen. „Der Mann meiner Freundin durfte nicht kommen“, sagt Rapp. „Und er wollte auch nicht. Er will sein Land verteidigen.“

Das Entsetzen über den russischen Überfall war in allen Redebeiträgen an diesem Nachmittag zu vernehmen. Vertreterinnen und Vertreter aller politischen Gruppierungen und Parteien im Stadtrat – außer der AfD – waren geladen, das Wort zu ergreifen. Für die Kirchen sprachen die Dekane Thomas Schwarz und Bernhard Oswald, auch Oberbürgermeister Christian Scharpf bezog Stellung: „Dieser barbarische Krieg muss sofort aufhören“, rief er unter dem Jubel der Zuhörer. „In Ingolstadt leben rund 5000 Menschen mit russischer Staatsangehörigkeit oder russischem Migrationshintergrund. Dazu gut 1600 Menschen, die aus der Ukraine stammen oder die ukrainische Staatsangehörigkeit haben. Sie leben in unserer Stadt friedlich zusammen und sind entsetzt über den völkerrechtlichen Angriffskrieg auf die Ukraine.“

Dank an die Teilnehmer

Der Migrationsrat hat die Initiative von Alexander Reis zur Demonstration unterstützt. Vorsitzende Ingrid Gumplinger betonte in ihrem Beitrag die Bereitschaft der Stadt, Menschen, die vor dem Krieg fliehen, zu unterstützen. „Wir werden alles tun, damit die Flüchtlinge bei uns gut aufgenommen werden.“