REGENSBURG.
„A glückseligs neu’s Jahr!“

Mit kunstvoll gedrechselten Versen wünschte man sich ehedem in Bayern ein gutes neues Jahr.

30.12.2009 | Stand 30.12.2009, 17:00 Uhr

Von Martin Weindl, MZ

„I wünsch enk a glück-seligs neis Jahr, / s’Christkindl mit am kraustn Haar, / a langs Lebn und a guats Lebn / und an Himmi danebn!“ Glücklich kann sich schätzen, wer so formvollendet zum neuen Jahr beglückwünscht wird. Ungleich schöner als der belanglose „gute Rutsch“ oder das knappe „A guats neis!“, das einem in den letzten Tagen allerorten mitgegeben wird! Das angeführte Gedicht ist eine der vielen Varianten von Neujahrswünschen, die ehedem in Bayern guter Brauch waren.

Ganze Abordnungen von Kindern, Schützen oder gar Blaskapellen zogen durch den Ort, besuchten die Mitbürger und brachten Ständchen oder Gedichte dar: „Gott möcht uns beschützen das künftige Jahr / vor Donner und Blitzen, vor Krankheitsgefahr, / vor Hunger und Pest, Krieg und viel Not / und endlich auch vor dem ewigen Tod.“ Weniger ernst und unheilabwehrend, sondern auf ein möglichst gutes Leben im neuen Jahr heben andere Sprüche ab, die besonders bei den Bauern beliebt waren: „Ich wünsch dem Herrn einen silbernen Tisch, / an jedem Eck einen gebackenen Fisch / und in der Mitt ein Gläschen Wein, / so kann der Herr recht fröhlich sein“. Viele setzten diese Wünsche sofort in die Tat um, nach der alten Volksweisheit „Wie der Anfang, so das Ganze!“, sprich: Wie der erste Tag, so alle Tage des Jahres. Deshalb galt es an Neujahr gut essen und trinken, nicht hinfallen, nichts verkehrt anziehen, nichts flicken, ausleihen oder verkaufen. Ein schlechtes Omen war die Begegnung mit einer schwarzen Katze an Neujahr oder, wenn ein altes Weib als Erste das Neujahr anwünschte. Gern sah man hingegen Kinder als erste Gratulanten am Morgen.

Unnachahmlich schilderte das der Volkskundler und Schlosspfarrer von Steinach bei Straubing Joseph Schlicht in seinem 1875 erschienenen Werk „Bayerisch Land und Bayerisch Volk“: „Der Neujahrsmorgen ist innerhalb des Bayernhauses laut belebt durch das ,Neujahr abgewinnen‘. Jedes Familienmitglied beeilt sich, vor allen anderen zu rufen „Glückseligs neu’s Jahr!“ Die Kinder haben eine Extrafreude: dem Vater das neue Jahr abzugewinnen. Flugs sind die Kinder hinter ihm und ,drosseln‘ auf gut bayerisch den lieben Vater. Für diesen kräftigen Segenswunsch, den nur eine bayerische Vaterkehle tapfer aushält, beschenkt der Bauer seine Buben und Mädchen mit funkelnden Neujahrskreuzerln.“