Geschichte
Als die Justiz noch grausam war

In der Regensburger Fragstatt wurde einst gefoltert. Schüler spürten bei einem Besuch dieser düsteren Zeit nach.

18.04.2018 | Stand 16.09.2023, 6:08 Uhr

Der Judasstuhl und der Spanische Bock waren zwei der Folterwerkzeuge, die die Klasse zu sehen bekam. Foto: Radostin Nikolov

Schon beim Betreten des Vorraumes der Fragstatt – die Folterkammer im Alten Rathaus in Regensburg – stellt sich ein unangenehmes Gefühl ein. Es ist kalt und düster. Ein modriger Geruch steigt den Schülern der Bischof-Wittmann-Schule in die Nase. Das Erschaudern verstärkte sich noch, als die Klasse den nächsten Raum betritt. Dort befinden sich die ersten Werkzeuge der Justiz aus einer vergangenen Zeit: Pranger und Schandgeigen sind an einer Wand aufgereiht. Sie dienten als Strafen für leichte Verbrechen. Dazu gehörten Diebstahl, Betrug oder auch Ehebruch.

Verdächtige zum Sprechen bringen

Fachkundig führte Robert Ebner durch die Räume. Er kennt viele Fakten: In der Fragstatt fanden zwischen 1480 und 1770 Verhöre statt. Damals konnte ein Täter nur eines Verbrechens überführt werden, wenn man zwei unabhängige Zeugenaussagen oder sein Geständnis hatte. Andere Ermittlungsmethoden, wie die Sicherung von Fingerabdrücken oder gar eine moderne Genanalyse, gab es damals noch nicht. Also versuchte man die Verdächtigen mit Hilfe der Folter zum Sprechen zu bringen. Die dafür verwendeten Geräte bekommen die Schüler im dritten Raum zu sehen. Als Robert Ebner beschreibt, wie sie benutzt wurden, bekommen einige Jugendliche richtiggehend Angst.

Streckbank und Spanischer Bock

Der Spanische Bock war zum Beispiel ein aufrecht gestelltes Brett, das an der oberen Kante spitz zulief. Das Folteropfer wurde darauf wie auf ein Pferd gesetzt. Zusätzlich konnte der Schmerz noch verstärkt werden, indem man die Füße mit Gewichten beschwerte. Grausam war auch der Judasstuhl. Man wurde auf einen Stuhl gesetzt, auf dem ein Brett mit Holzspitzen lag. Mit einem gerillten Rundholz konnte man von oben her den Druck und damit die Schmerzen noch erhöhen. Außerdem war die Fragstatt mit einer Streckbank, einer Streckleiter und einem Streckgalgen ausgestatten. Verhöre führten damals die sogenannten Fragherren, sie waren Mitglieder des Stadtrates. Sie saßen hinter einer Wand, um von den Gefolterten nicht erkannt zu werden. Sie sahen und sprachen durch ein engmaschiges Gitterfenster. Neben dem Folterknecht war auch ein Arzt anwesend. Der Befragte durfte nämlich nicht sterben. Auf diese Art wurden pro Jahr drei bis vier Personen „peinlich befragt“, wie man damals sagte. Die meisten gestanden, auch wenn sie dafür lügen mussten. In diesem Zusammenhang wirkt das Christuskreuz neben den Foltergeräten eher als ein schlechter Scherz: Es sollte Gefolterte daran erinnern, die Wahrheit zu sagen.

Folter gibt es auch heute noch

Nachdem die Klasse die Folter-Räume wieder verlassen hatte, waren alle froh, in einem Land zu leben, in dem solche furchtbaren Taten verboten sind. Leider ist dies nicht überall auf der Welt so: In der Zeit von 2009 bis 2014 dokumentierte Amnesty International in 141 Ländern Folter und Misshandlungen.

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