Gebietsreform
Als Roding zu Cham kam

1971 war ein Schicksalsjahr für den Landkreis Roding und Gemeinden. Im Kreistag wurde damals heftig diskutiert.

15.02.2022 | Stand 15.09.2023, 21:07 Uhr
Das Wappen des Landkreises Roding ist Geschichte. −Foto: Jakob Moro

31 Gemeinden im Landkreis Roding „überlebten“ das Jahr 1971 nicht, war die Schlagzeile Ende des Jahres 1971 im Bayerwald-Echo. Nur fünf Gemeinden sind 1971, vor 50 Jahren, von der Gebietsreform völlig „unberührt“ geblieben, berichtete das Echo im Januar 1972. Altenkreith ist mit 865 Einwohnern kleinste Gemeinde geworden, gefolgt von Pösing mit 936 Einwohnern, Fischbach mit 971, Reichenbach mit 1077 und Michelsneukirchen mit 1283 Einwohnern.

Durch Zusammenschlüsse entstanden Bruck mit 3659 Einwohnern, Falkenstein mit 2989, Nittenau mit 6339, Roding mit 9196, Unterzell mit 1520, Wald mit 2064 und Walderbach mit 1577 Einwohnern. Die Gemeindegebietsreform war 1971 in Stamsried noch nicht komplett abgeschlossen. Die ehemalige Gemeinde Großenzenried und die Ortschaft Thanried gehörten zum Landkreis Neunburg vorm Wald und wurden erst nach der Neugliederung des Landkreises Cham und Schwandorf zu einem späteren Zeitpunkt nach Stamsried eingegliedert.

Bürgermeister wiedergewählt

Die erforderlichen Neuwahlen brachten den bisherigen Bürgermeistern Franz Gruber (Falkenstein), Ludolf Stuiber (Roding), Wolfgang Spießl (Stamsried), Richard Kulzer (Unterzell, bisher Schillertswiesen) und Lothar Zierer (Walderbach) wieder das Vertrauen der Wähler. Ludolf Stuiber (CSU) wurde mit über 65 Prozent der 4479 abgegebenen Stimmen wieder zum Bürgermeister gewählt. Josef Graßl (SPD) erhielt knapp zehn Prozent, Josef Brantl (Gemeindewohl) rund 25 Prozent.

Bürgermeister Lothar Zierer (CSU) erhielt 67 Prozent der 920 abgegebenen Stimmen, sein Gegenkandidat Michael Rückerl (Christliche Wählergemeinschaft) kam auf 33 Prozent. Franz Gruber (CSU) wurde mit 985 Stimmen oder 57 Prozent der 1700 abgegebenen Stimmen wiedergewählt. Adolf Amann (SPD) erhielt 111 Stimmen, Ulrich Rauhut (Christliche Wählergemeinschaft) 627 Stimmen. Richard Kulzer (Einheitsliste CSU) erhielt als einziger Kandidat rund 80 Prozent der 651 gültigen Stimmen (Wahlbeteiligung 72 Prozent). Wolfgang Spießl (CSU) erhielt als einziger Kandidat rund 95 Prozent der gültigen abgegebenen Stimmen. Von 731 abgegebenen Stimmen waren nur 668 gültig, 638 fielen auf Spießl. Die restlichen 30 Stimmen verteilten sich auf 16 Namen (Wahlbeteiligung 82 Prozent).

Die zweitgrößte Stadt im Landkreis, Nittenau, und auch der Markt Bruck stimmten der Eingliederung in den neuen Landkreis Schwandorf zu. Damit waren die Würfel für die Teilung des Landkreises Roding endgültig gefallen, nachdem vorher lange Zeit ein Landkreis Roding-Neunburg vorm Wald im Gespräch gewesen und favorisiert worden war.

Doch dazu kam es dann nicht. Bei der entscheidenden Kreistagssitzung im August 1971 wurde noch heftig diskutiert bzw. gestritten. Man ging unversöhnlich auseinander, wie die späteren Abstimmungen zeigten. Es ging um die Feinabstimmung in den gemeindefreien Gebieten. Das Wort von der „Raubrittermanier“ des Rodinger Stadtrats aus dem Mund von Kreisrat Hölzl rief einigen Unmut hervor – „einen Berichterstatter hätte so eine Bemerkung sicher den Kopf gekostet“, merkte der Redakteur „nek“ an – zumal der Brucker Bürgermeister fortfuhr: „Es ist eine Unverschämtheit, die nicht mehr zu überbieten ist, ein Gebiet, das seit Jahrhunderten von uns besiedelt wird, im Zuge der Reform der Stadt Roding einverleiben zu wollen und damit die Stadtgrenze bis an das Gemeindegebiet von Bruck vorzuschieben.“

Es ging bei dieser Auseinandersetzung um die Zugehörigkeit des Waldhauses Einsiedel, des Walderbacher Forstes, des Kreuzschlags, der Kappelhänge und des östlichen Gebietes des Taubenschlages. Gerungen wurde auch um die Zugehörigkeit von Neubäu, Reichenbach und Walderbach zum Landkreis Cham oder zum Landkreis Schwandorf. Der Kreisrat und Rodinger Bürgermeister Stuiber stellte namens des Rodinger Stadtrats den Antrag, der Kreistag möge beschließen, dass die Feinabgrenzung im gemeindefreien Gebiet von Dieberg her entlang der Kreisstraße ROD 21 bis zur B 85 und von dort bis zum Bahnhof Neukirchen-Balbini verlaufe.

Die entscheidenden Beschlüsse

Nachdem auch die Beschlüsse der Gemeinden Walderbach, Wald, Süßenbach, Siegenstein und der noch ausstehende von Reichenbach zu beachten waren, so der damalige Berichterstatter, wurde zunächst über jede einzelne Willensäußerung der Gemeinde und dann über die Zugehörigkeit des gemeindefreien Gebietes abgestimmt.

Mit jeweils 17:10 bzw. 16:11 Stimmen wurde beschlossen, dass der Kreistag den Anschluss der vorgenannten Gemeinden an den Landkreis Cham deren Wünschen gemäß befürwortet und sich im Anhörungsverfahren auch für eine Eingliederung der umstrittenen Staatsforstgebiete in den Grenzlandkreis Cham ausspricht. Dabei wurde erklärt, dass man es der Gemeinde Reichenbach selbst überlassen will, ob sie die Ortsteile Forsting, Holzeign, Tiefenbach und Treidling nach Nittenau umgliedern möchte. (rjm)