Landwirtschaft
Bauern protestieren vor Vion-Schlachthof

Unter dem Motto „Schluss mit Lustig“ kämpfen Landwirte für bessere Preise. In Furth übergaben sie ein Forderungspapier.

12.11.2020 | Stand 16.09.2023, 4:27 Uhr
Julia Stoiber
Landwirte bei der Firma Vion: Sie übergaben ihre Forderungspapiere und hoffen auf höhere Preise für ihre Produkte. −Foto: Julia Stoiber

Der Preis für die Milch sowie der Kilo-Preis für Geflügel, Rind- und Schweinefleisch sind derzeit im Keller und niedriger als vor 30 Jahren. Dieser Notlage wollen die Landwirte ein Ende bereiten. So schlossen sich der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter e. V. (BDM), die LsV Milchgruppe, die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft e. V. (Abl), freie Bauern, European Milk Board (EMB) und die Deutsche Milcherzeugungsgemeinschaft Milch Board zusammen und riefen den Milchdialog ins Leben. Mit der Aktion „Schluss mit lustig“ wollen die Landwirte signalisieren, dass bei ihnen die Hütte brennt und es so nicht mehr weitergehen kann, weil ihnen finanziell die Luft ausgeht.

Am 11.11. um 11.11 Uhr gingen deutschlandweit Vertreter der Bauern zu ihren unmittelbaren Marktpartnern, den Molkereien und Schlachthöfen, um einen ersten Schritt zu fordern. Auch Landwirte des Landkreises Cham beteiligten sich an der Aktion und besuchten die Molkerei, aber auch Vion. Roland Decker, der BDM-Vorsitzende, Hans Nagl, Pressesprecher der BDM Cham, sowie Christian Lommer, der Vorsitzende der Schweinehalter im Landkreis Cham/Schwandorf, übergaben die Forderungspapiere an Vion-Geschäftsführer Markus Fischer.

Für den Liter Milch fordern sie mindestens 15 Cent mehr, für das Kilogramm Rindfleisch mindestens 1 Euro mehr, für das Kilo Schweinefleisch mindestens 50 Cent mehr und für das Kilo Geflügel mindestens 20 Cent mehr. Markus Fischer solle sich die Forderungen durch den Kopf gehen lassen. Am 19. November werden die Bauern Lösungsvorschläge und Stellungnahmen abholen und damit ein Zeichen setzen, dass sie sich nicht mit warmen Worten abspeisen lassen.

An einem Strang ziehen

Der BDM-Vorsitzende Decker betonte, dass sie unbedingt mit den Schlachthöfen und der Molkerei zusammenarbeiten wollen. Gemeinsam sollten sie die Notsituation deutlich machen und nicht gegeneinander arbeiten. Deshalb besuchten sie den Schlachthof, „denn nur durch Reden kommt man zusammen und zu einem Entschluss, der jetzt dringend notwendig ist“, so Decker. Die Bauern bräuchten Lösungen, ansonsten werde es den einen oder anderen Hof bald nicht mehr geben.

„Der Beruf ist toll, doch die Landwirte können damit nicht genügend Geld verdienen. Denn Masse mal Minus = Konkurs“, rechnete der Vorsitzende vor. Die Anforderungen an die Bauern würden immer mehr und die Gerätschaften teurer, während die Erlöse stagnierten oder sich sogar rückwärts entwickelten. „So geschieht es, dass sie gerade einmal zwei Drittel der Kosten decken können“, erklärte Decker. Wenn die Kosten wegen höherer Auflagen stiegen, müsse sich das in den Erzeugerpreisen wiederfinden. Aufschläge helfen aber nicht weiter, wenn die Marktpreise zu billig seien.

Decker betonte, dass man sich auf sehr niedrigem Preisniveau befinde, weshalb nun das wertvolle Fleisch aus der Billigbranche rauskommen müsse. Klar sei: Handel und Verbraucher griffen zum billigsten Angebot. Wenn das Preisniveau flächendeckend angehoben werde, zahlten alle mehr. Das sei das Ziel der Landwirte, dann könnten sie zu fairen Preisen produzieren.

Bei diesem Punkt schlug Christian Lommer in jene Kerbe. Seiner Meinung nach sind die Verbraucher auf der Seite der Bauern und Verarbeiter, sie wollten regional einkaufen, auch wenn die Preise angehoben würden. Die deutschen Bauern erzeugten auf höchstem Standard, das solle belohnt werden. Lommers Resümee: Die Bauern können auf Dauer im Hochkostenland Deutschland bei Dumpingpreisen nicht produzieren.

Markus Fischer nahm die Forderungen der Initiative ernst. Die coronabedingten Einflüsse auf alle Bereiche der Branche träfen die Erzeuger genauso wie die Verarbeitungs- und Ernährungsindustrie und den Handel. Fischer betonte, dass er und das Unternehmen Vion in engem Austausch mit den landwirtschaftlichen Partnern und dem Handel stünden. Die Situation sei nur gemeinsam lösbar.

Die Erwartungen

Die Teilnehmer des Milchdialogs erwarten, dass die Verarbeiter den Ernst der Lage wahrnehmen und dass die dringend benötigten Mehrerlöse für die tierhaltenden Betriebe erwirtschaftet werden können.

Christian Lommer nannte ein Beispiel. Der beste Preis, den er für ein 30 Kilo-Ferkel jemals erhielt, waren 90 Euro. Derzeit gebe es nur 30 Euro. Corona und die Schweinepest tragen dazu bei, dass der Preis so niedrig sei. Doch für dieses Geld lohne sich die Arbeit nicht, weil man damit nicht einmal die Kosten decken könne. So gehe es auch den Milchviehhaltern. Die jetzt laufende Gemeinschaftsaktion solle die Lage der Erzeuger verbessern. (fsj)