Initiative
Bei Hilfsaktion flossen Tränen

Frauenbund Haibühl-Ottenzell verteilte im Ahrtal Geldspenden von Ortsverbänden im Bayerwald an gebeutelte Flutopfer.

26.10.2021 | Stand 26.10.2021, 16:42 Uhr
Im arg gebeutelten Marienthal freute man sich über die unbürokratische Hilfe. Die Babys John und Jakob sind für alle kleine Hoffnungszeichen. −Foto: Regina Pfeffer/Regina Pfeffer

Es war ein Unglück, das vom Himmel stürzte. Bis zu 200 Liter pro Quadratmeter fielen in der Nacht vom 15. auf den 16. Juli an der Ahr. Der Pegelstand erreichte fast acht Meter und suchte die Weinbau-Region mit einer Flutkatastrophe heim. Vor kurzem machten sich fünf Mitglieder des Frauenbunds Haibühl-Ottenzell zusammen mit Pfarrgemeinderatssprecher Hermann Zapf als Fahrer auf den Weg nach Rheinland-Pfalz, um für die Menschen dort ein Hoffnungszeichen zu setzen. Mitgebracht hatten sie insgesamt 5900 Euro Soforthilfe, die sie an besonders bedürftige Familien verteilten.

Hilfe für Betroffene vor Ort

Mit drei Spenden von je 1000 Euro und sechs mittleren Beträgen konnte neun Familien unter die Arme gegriffen werden. Die Idee dazu entstand bei der Jahresversammlung des Frauenbunds Haibühl, der sich dafür aussprach, an Hochwasseropfer zu spenden. Vorsitzende Maria Reiner nahm Kontakt zur dortigen Region auf. Hilfe bekam sie von Kreisbrandrat Michael Stahl, der seitens der Feuerwehr das Hilfskontingent des Landkreises Cham managte. In Christian Schrading (Kommandant der FFW Dernau) und Hildegard von Ameln hatte Reiner Ansprechpartner, die um die Not der Menschen wussten.

Die Anreise dauerte sechs Stunden. Fahrt. Beim Blick aus dem Autofenster bekamen Maria Reiner, Regina Pfeffer, Inge Pfeffer, Maria Lohberger und Mia Aschenbrenner einen Eindruck vom Ausmaß des Unglücks. Ausgespültes Flussbett mit Behelfsbrücken, unterspülte Bahngleise, Schuttberge, Auto-Schrotthaufen, zerstörte Häuser, Bagger, Lader, THW, BRK, Feuerwehren.

Dennoch war in den vergangenen drei Monaten viel an Aufbauarbeit geschehen. Erste Anlaufstelle war das Verpflegungszelt des Vereins für Katastrophenhilfe und Wiederaufbau „Die AHRche“ in Bad Neuenahr-Ahrweiler. Hier werden Flutopfer und Helfer verköstigt. Mit großer Freude und Tränen in den Augen nahm die führende Mitarbeiterin Ela Kuchen, Gebäck, Honig, Kaffee, Schokolade und Süßigkeiten von den Bayerwäldlern entgegen.

Jeder könne helfen, so Ela. „Sich an den Tisch setzen mit den Menschen und mit ihnen reden, das wird ganz wichtig jetzt in der dunklen Jahreszeit“, sagte sie. Ein 600-Seelen-Dorf aus der Eifel kommt, schmückt mit 18 Tannenbäumen das Zelt und organisiert einen Weihnachtsmarkt. Jeder hier sei traumatisiert. Noch immer könne sie Sirenen oder Hubschrauber-Geräusche nicht aushalten. „Ich danke euch von ganzem Herzen, ihr seid Engel“, so Ela, aufgelöst in Tränen. Außer staatlichen Soforthilfen sei noch keine Zuwendung angekommen.

„Wir sind zutiefst betroffen, wie groß die Zerstörung und die Not der Leute hier ist“, so Maria Lohberger vom KDFB Haibühl. Poröse Hauswände, fehlende Heizungen, keine Handwerker, kein Material. „In der ganzen Stadt gibt es kein Geschäft mehr. Alles kaputt“, so Hildegard von Ameln bei der Stadtführung, die zu einer weiteren bedürftigen Familie führte.

Allerorten lag Moder- und Ölgeruch in der Luft. Am schlimmsten getroffen hat es Marienthal mit seinen 100 Einwohnern. Es gleicht einer Geisterstadt. Die Betroffenen kamen bei Verwandten unter oder wohnen in Containern. Auch dort halfen die Frauen mit Geld.

„Dann soffen wir ab.“

Die Schicksale der Menschen machten sprachlos. Acht Wochen vor der Flut zog eine junge Familie in das neu gebaute Haus ein. „Dann soffen wir ab.“ Die 14-jährige Tochter hütet den Schlafanzug, den sie in der Unglücksnacht anhatte, wie ihren Augapfel. Ihre Ängste werden psychologisch aufgearbeitet. Eine andere Familie, die Mutter damals hochschwanger, wollte in zwei Wochen einziehen. „Jetzt ist unser Haus weg. Die Versicherung greift noch nicht“, so die Mutter des kleinen John. Rasend schnell sei das Wasser gekommen, sagt sie, die mit dem Hubschrauber vom Dach geholt wurde.

Trotz allen Unglücks sind die Menschen herzlich und voller Hoffnung. „Kommen Sie in fünf Jahren wieder, dann ist der Ort schöner, als er ehemals war“, so Bürgermeister Rolf Schmitt. „Wir kommen wieder“, so Hermann Zapf. Er würde sich gerne wieder als Fahrer zur Verfügung stellen, wenn sich weitere Spender fänden. (krp)