Vortrag
Beim Ackern werden erstaunliche Funde gemacht

„Töpfe, die aus dem Boden wachsen.“ Mario Pfreundner referiert beim Kulturstammtisch am 8. Juni im Gasthof „Zur Post“ .

03.06.2017 | Stand 16.09.2023, 6:30 Uhr

Stichbandkeramik: Diese vor kurzem gefundenen Scherben sind ca. 6500 bis 6900 Jahre alt.Foto: Privat

Im Mittelalter hielt man die Keramikscherben, die die Bauern beim Pflügen im Boden fanden, für Naturprodukte und man fand sogar einen eigenen Begriff dafür: „Ollae naturales“ – selbstwachsende Töpfe.

Erstmalig berichtete die zwischen 1456 und 1460 entstandene Historia Poloniae des Lemberger Erzbischofs Dlugosz, genannt Longinus, dass auf den Feldern in der Nähe von Posen „allerlei Töpfe unter der Erde entständen, und zwar rein aus sich, ohne menschliche Mitwirkung bei den mannigfachen Formen, ähnlich denen, die bei den menschlichen Mahlzeiten im Gebrauche sind.“

Töpfe klettern an die Oberfläche

Zwar seien sie zart und weich, während man sie herausnehme, durch den Wind und die Sonne hart und fest und zeigten sich nach ihren verschiedenen Formen und Größen ganz wie die von den Töpfern geschaffenen. Das Volk erzählte sich, dass man die Töpfe am leichtesten im Mai ergrabe, weil sie in dieser Jahreszeit bis dicht unter der Oberfläche kletterten.

In Trebnitz bei Breslau zogen die Bürger vornehmlich zu Pfingsten aus, um die geheimnisvollen Gefäße zu finden, als deren Verfertiger gelegentlich auch Zwerge und andere Unterweltler genannt wurden. (so schreibt sinngemäß Rudolf Pförtner in seinem Buch: „Bevor die Römer kamen“).

Dies waren wohl die ersten Anfänge einer neu aufkommenden Wissenschaft, die man zunächst „Scherbenwissenschaft“ nannte. Aus dunklem Aberglauben heraus entwickelte sich allmählich eine Wissenschaft, die immer differenzierter wurde und immer mehr an Bedeutung gewann.

Heinrich Schliemann nannte die Scherbenwissenschaft: „Das Füllhorn archäologischer Weisheit“. Heute werden die Kulturen der Jungsteinzeit nach ihrer Keramik benannt: etwa Linienbandkeramik, Stichbandkeramik, Glockenbecherkultur usw. Das heißt, die heutige Archäologie wäre ohne diese Keramikfunde nicht zu denken. Man stellt sich nun Archäologen vor, die große Ausgrabungen machen. Bei der Auswertung und Ausgrabung von neu entdeckten Gräbern trifft diese Vorstellung zu. Was die meisten wohl nicht wissen ist die Tatsache, dass wohl die meisten Funde durch sogenannte „Lesefunde“ gemacht werden.

Als „Lesefunde“ bezeichnet man etwa den Fund von Tonscherben oder steinzeitlichen Werkzeugen. Diese Funde werden meist gemacht, wenn der Bauer seinen Acker frisch umgeackert hat. Archäologisch Interessierte suchen diese Äcker ab und es werden auch heute noch erstaunliche Funde gemacht.

Ein kompetenter Referent

Der Kultur- und Heimatverein Falkensteiner Vorwald hat am 8. Juni einen kompetenten Referenten in den Gasthof „Zur Post“ eingeladen. Mario Pfreundner sammelt aber nicht nur Keramikscherben. Zu seinen Funden zählen auch Steinbeile, Pfeilspitzen unzählige Silexwerkzeuge, römische Münzen und römisches Glas, römische Keramik, eine bajuwarische Schwertfibel, Mahlsteine, Hirschgeweihwerkzeuge und vieles mehr. Sein Hauptinteresse gilt der Jungsteinzeit.

Er wird in seinem Vortrag auch auf die rechtliche Situation bei Funden eingehen und einen zeitlichen Überblick von den ersten Bauern bis hin zur Römerzeit geben. Mario Pfreundner aus Haag, eigentlich bekannt als Heilpraktiker und Physiotherapeut in Wörth, geht seit fast 30 Jahren über die Felder und seit dieser Zeit hat sich seine Wahrnehmung enorm geschärft. Er entnimmt dem Acker Funde, die ein Laie nicht einmal bemerken würde. Im Laufe der Zeit hat er sich auch ein umfangreiches Wissen darüber angeeignet, so dass er die Funde meist auch gleich in die richtige Zeitperiode datieren kann. (rto)