Veranstaltung
Berching wurde zur Stadt der Literatur

Die Literaturnacht am Freitagabend war gut besucht. Sieben Lesungen fanden an sieben unterschiedlichen Orten statt.

21.10.2017 | Stand 16.09.2023, 6:29 Uhr
Barbara Blaser

Fabienne Delacroix las für ihr Publikum aus dem französischen Jugendbuch „Simpel“. Dessen Hauptfigur spricht gerne mit ihrem Stoffhasen. Foto: Blaser

Fabienne Delacroix las aus „Simpel“

Das französische Jugendbuch „Simpel“ hatte Fabienne Delacroix für ihr Publikum vorbereitet. Stühle und Bänke füllten sich sehr schnell, einige mussten sogar stehen. Der neu eröffnete Laden am Pettenkoferhaus war bereits mit weihnachtlicher Dekoration prächtig ausgestattet. Die Besitzerin reichte vor der Lesung noch einen Teller mit Süßigkeiten und einen mit Weintrauben herum. Dann die Gymnasiallehrerin mit ihrer Lektüre. Das Buch handelt von Barnabè Maluri, genannt Simpel. Er ist 22 Jahre alt, aber geistig auf dem Stand eines Dreijährigen. Seine Mutter ist gestorben und so kümmert sich sein jüngerer Bruder Colbert um Simpel. Beide ziehen zu einer Tante nach Paris und dann in eine Wohngemeinschaft. Fabienne Delacroix schlüpfte mit sichtlicher Freude in die Rolle der Protagonisten – egal ob Simpel, der mit seinem Stofftier Monsieur Hasehase Gespräche führt, die schöne Aria mit ihrem Freund Emmanuel oder die distinguierte Dame vom Jugendamt.

Lars Müller las aus „Mordshunger“

Lars Müller, Musiker und Musikpädagoge, las in der St.-Lorenz-Straße aus „Mordshunger“ von Frank Schätzing. Das Publikum hörte Auszüge aus einem spannenden und geistreichen Krimi, der immer dazu verleitete, sich auf eine falsche Fährte locken zu lassen. Die Charaktere der Geschichte sind sowohl lebensnahe als auch skurril, was Müller sehr gut interpretierte. Ihm bereitete es sichtlich Vergnügen, für sein Publikum die verschiedenen Personen aus „Mordshunger“ darzustellen. Auch die Umgebung war besonders: Der Leseort auf der Baustelle im ehemaligen Reindl-Haus ließ nichts mehr von dem erahnen, was sich vorher hier befunden hatte.

Klaus Gruber las aus „Gedrängte Wochenübersicht – Ein Vademecum der guten Laune“

Im ehemaligen Kuhstall der Familie Schäfer wartete Kaplan Klaus Gruber auf sein Publikum. Viele Gäste zeigten sich sehr angetan vom Ort der Lesung, der normalerweise für die Öffentlichkeit nicht zugänglich ist. Mit „Gedrängte Wochenübersicht – Ein Vademecum der guten Laune“ hatte Gruber ein wortgewaltiges modernes Buch gewählt, das die Lachmuskulatur der Leser arg strapazierte. Dass Gruber den Text voller Inbrunst wiedergab, sorgte für zusätzliches Vergnügen beim Publikum. Eine Szene handelte beispielsweise von einem banalen Wurstbrot und was die Menschheit daraus macht – überzeugend vorgetragen in Schnellsprache von Gruber.

Ute Kissling las aus „Als ich ein kleiner Junge war“

Wer kennt Erich Kästner nicht? Er schrieb viele Kinderbücher, unter anderem „Das doppelte Lottchen“ oder „Das fliegende Klassenzimmer“. Ute Kissling, Leiterin der Staatlichen Bibliothek Ansbach, wählte an diesem Abend allerdings ein Buch, das Kästner für Erwachseneverfasst hatte: „Als ich ein kleiner Junge war“. Zuerst berichtete Kissling aus der Biografie des Autors, der seine Kinderbücher in Berlin schrieb. Die Erwachsene, die nie an die Erfolge der Kinderbücher anknüpfen konnten, entstanden dagegen in München. Zuerst las Kissling eine Ansprache eines Schulleiters zu Schulbeginn vor. Anwesende Lehrer mussten bei diesem Text sehr schmunzeln.

Alois Eberl las aus dem „Nibelungenlied“

Auch der Sitzungssaal im Rathaus wurde zum Leseort umfunktioniert. Alois Eberl, ehemaliger Regisseur und Schauspieler des Hofbergtheaters Schiltberg, trug aus dem Nibelungenlied vor. Alexander Delacroix berichtete den Gästen, dass die Weinhändler-Familie Pettenkofer das Rathaus 1739 erbaut hatte. Eberl erklärte die Bedeutung des Nibelungenlieds als mittelalterliches Heldenepos. Der heute bekannte Text wurde laut Forschern gegen Anfang des 13. Jahrhunderts auf Mittelhochdeutsch niedergeschrieben. Im ersten Teil stehen Kriemhilds Ehe mit Siegfried und Siegfrieds Tod im Mittelpunkt, im zweiten Teil Kriemhilds Rache.

Jutta Frank las aus „Das Buch von allen Dingen“

Die ehemalige Bäckerei Geiler ist längst ausgeräumt – es ist nur noch ein leerer Raum geblieben, der sich allerdings zur Literaturnacht nach langer Zeit einmal wieder gefüllt hat. Jutta Frank trug hier aus dem traurigen Kinderbuch „Das Buch von allen Dingen“ vor. Es handelt von der Suche nach dem persönlichen Glück. Jutta Frank sagte, dem Autor sei ein anrührendes Buch gelungen. Im Mittelpunkt steht Thomas, der Dinge sehen kann, die andere nicht sehen können, etwa tropische Fische oder die Magie einer Nachbarin. Doch er lebt in keiner heilen Welt: Unter anderem ist da der gewalttätige Vater, der Thomas und seine Mutter regelmäßig verprügelt.

Engelbert Huber las aus „Der Weihnachtsstern am Roten Kliff“

Engelbert Huber fungierte als Autor und Leser im Repair-Cafe. Das Interieur des Hauses stammt noch aus der Zeit der früheren Besitzer. Heute wird es für unterschiedliche Zwecke genutzt – und die Gäste fanden Gefallen darin. Huber las aus dem Buch „Der Weihnachtsstern am Roten Kliff“. Es ist humoristisches aber auch nachdenkliches Werk darüber, wie in unserer heutigen Welt Weihnachten gefeiert wird. Im Mittelpunkt stehen die drei Geschwister Carmen, Markus und Sarah, die sich ein Erbe teilen. Weil sie sich nicht einigen können, verbringt Sarah erstmals das Weihnachtsfest ohne ihre Geschwister, Nichten und Neffen.

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