Fundstücke
Besuch im Waffenarsenal der Bürger

Was Otto Normalbürger auf seinem Autorücksitz spazieren fährt: Polizei und Landratsamt sorgen für die Vernichtung „unerlaubter Gegenstände“.

23.11.2012 | Stand 16.09.2023, 21:04 Uhr

Konrad Freimuth, Leiter der Schleierfahndung in der Inspektion Furth im Wald, zeigt einen verbotenen Teleskop-Schlagstock, der ausfährt, wenn er nach vorne geschwungen wird sowie beschlagnahmte Gegenstände aus der Asservatenkammer.Fotos: Schiedermeier

Die Beamten der Fahndungsgruppe Furth im Wald haben ein Auge für das, was im Gesetz als „unerlaubter Gegenstand“ bezeichnet wird. Aber auch ihnen gehen ab und zu die Augen über, wenn sie sehen, was der Bürger alles so bevorzugt aus den Vietnamesenmärkten in den Landkreis Cham einführt. Konrad Freimuth ist Leiter der Gruppe, die im Volksmund als „Schleierfahnder“ bezeichnet wird, weil sie im Raum hinter der deutsch-tschechischen Grenze Fahrzeuge aufhält und kontrolliert.

Aus der Asservatenkammer

Was sie dabei beschlagnahmen, füllt eine Asservatenkammer, obwohl die Gegenstände immer wieder über die Staatsanwaltschaft der geordneten Vernichtung zugeführt werden. Vielen Bürgern ist nicht klar, dass manches illegal ist, obwohl man es kaufen kann. Andere wissen aber auch, dass sie sich gerade ungesetzlich bewaffnen. Was die Beamten finden, reicht vom gemeinen Teleskop-Schlagstock über den Elektroschocker, der fies als Handy getarnt daherkommt, bis hin zum Schießkugelschreiber, der einem James Bond auch gut stehen würde.

Es gab auch schon Schusswaffen, die rein äußerlich als Zündkerzenschlüssel durchgingen. Für fünf Euro erhält der geneigte Käufer auf den Vietnamesenmärkten einen Wurfstern. 50 Meter weiter wird das als Verstoß gegen das Waffengesetz verfolgt. Gern genommen wird auch immer wieder das Softairgewehr. Das geht zwar unter den Augen der Polizei als Spielzeug durch, doch der Spaß endet sofort, wenn eines der beliebten Laserzielgeräte aufgebaut ist. Die machen daraus einen verbotenen Gegenstand.

Brisant: Drogen und Waffen

Dabei ist es eine Legende, dass sich bevorzugt Drogensüchtige und Dealer bewaffnen. Der Chef der Schleierfahnder hat dafür eine einfache Erklärung: „Drogen in Verbindung mit unerlaubten Gegenständen wirken extrem strafverschärfend.“

Die Beamten erleben ganz andere Dinge. Den Zwölfjährigen zum Beispiel, der sich ein Nunchaku zugelegt hatte, ein sogenanntes Würgeholz, das aus zwei unterarmlangen Stäben besteht, die durch einen Strick verbunden sind. Seine Begründung: Er müsse sich in der Schule verteidigen. Oder den Lkw-Fahrer, der sich zu seinem Schutz einen Teleskop-Schlagstock ins Handschuhfach gelegt hatte.

Auch auf dem Feld der Waffen schützt Unwissenheit nicht vor Strafe. So wird auf den Vietnamesenmärkten auch gerne die gute alte Steinschleuder verhökert. Durch das einfache Hinzufügen einer Unterarmstütze wird sie – geladen mit einer Stahlkugel – zu einer durchaus tödlichen Waffe. Ihr Besitz ist deshalb unter Strafe gestellt.

Die Liste der Verbote verlängert sich jedes Jahr. Immer wieder schicken Polizei und Landratsamt beschlagnahme Gegenstände zur Begutachtung an das Landeskriminalamt. Denn immer wieder lassen sich findige Köpfe etwas einfallen, das bisher noch nicht auf dem Markt war. Zum Beispiel Elektroschocker als Taschenlampen. Und schon erweitert sich die Verbotsliste. Abteilungsleiter Norbert Wittmann und Sachgebietsleiter Robert Schinabeck vom Amt für Öffentliche Sicherheit und Ordnung im Landratsamt schicken die verbotenen Gegenstände nach Ablauf der Ordnungswidrigkeiten-Verfahren zum Landeskriminalamt, wo sie im Schmelzofen ordnungsgemäß vernichtet werden.

Dabei sind die Polizeibeamten in Furth im Wald gar nicht so unzufrieden, wenn ein „alter Bekannter“ einmal wieder ins Netz der Fahnder gerät und einen Elektroschocker ohne CE-Prüfzeichen bei sich trägt. Das ist nämlich eine Ordnungswidrigkeit, die vom Landratsamt geahndet wird. Konrad Freimuths Erfahrung: „Da sind die Geldbußen oft empfindlicher als beim Staatsanwalt.“

Und kurz vor der Hochsaison der Aufgriffe – kurz vor Weihnachten – hat er noch einen Tipp: Finger weg von der Pyrotechnik aus Tschechien. Sie trägt nicht das Zeichen des Bundesamtes für Materialprüfung („BAM“). Sie ist nicht nur verboten, sondern auch brandgefährlich.

Die Wucht der legendären Kugelbomben entsteht zum Beispiel nicht durch die Menge des Schießpulvers, sondern weil der brisante Inhalt durch ungezählte Lagen Papier extrem gedämmt wird. „Manche von diesen Knallkörpern werden lediglich durch Reiben an einer Zündfläche hochgejagt – das ist was für Lebensmüde“, sagt Freimuth.