Gastronomie
Breitenbrunn: Gasthof zur Post schließt

An Weihnachten ist die Herberge leer – die Pächterfamilie kauft einen eigenen Betrieb und zieht in den Schwarzwald.

11.11.2018 | Stand 16.09.2023, 5:52 Uhr

Dieter und Heike Jüngst verlassen das Gasthaus zur Post in Breitenbrunn und ziehen in den Schwarzwald. Foto: Rath

Seit rund sechs Jahren tischen ein Koch aus Thüringen und seine Frau aus dem Schwabenland im ersten Haus am Marktplatz, dem Gasthof zur Post, den Gästen regionale Gerichte auf. Eine Erfolgsstory, die am 16. Dezember abrupt enden wird: Dieter Jüngst und Ehefrau Heike verlassen Breitenbrunn und die Oberpfalz und siedelt in den Schwarzwald über.

Der Umzug ist für den 20. Dezember geplant. Das Ziel pünktlich zum Weihnachtsfest: Die Mühlenstube in Lauterbach. „Breitenbrunn hat uns nur Gutes gebracht, die Post war für uns ein echter Glückfall“, blickt Heike Jüngst wehmütig zurück auf die vergangenen sechs Jahre.

Stammkunden schätzen Lokal

Aus einem innerörtlichen Problemfall haben sie und ihr Mann ein schmuckes Lokal geschaffen, das von der örtlichen Bevölkerung genauso geschätzt wird wie von den Übernachtungsgästen. Radler, Kurzurlauber, Tillyfestbesucher aber auch Fernfahrer machen hier Station, die Post hat heute einen festen Kundenstamm. Die gemütliche und urig eingerichtete Gaststube hat Platz für 30 Personen, das Nebenzimmer bietet 75 Personen Platz. Besonders beliebt ist die sonnige Terrasse.

In der Küche der Post regiert der gebürtige Plauener Dieter Jüngst, der seinen Gästen frische regionale Produkte und Leidenschaft fürs Kochen verspricht. Der einfallsreiche Küchenmeister kreiert schwäbisch angehauchte, gutbürgerliche Gerichte wie die klassischen Rinderrouladen und den Sauerbraten mit selbst gemachten Soßen sowie schwäbische Spätzle. Aber auch Suppen, deftigen Brotzeiten und regionalen Fischgerichte begeistern die Gäste aus dem gesamten Landkreis.

„Die Menschen haben uns aber sofort gut aufgenommen, waren neugierig, wie es wird und auch froh, dass der Gasthof wieder offen ist und betrieben wird.“Heike Jüngst

Das war nicht immer so: Vor der Familie Jüngst hatte das Lokal sieben Pächter in zehn Jahren und war dann sogar 18 Monate komplett geschlossen. Dementsprechend schwer war vor sechs Jahren auch der Start der neuen Betreiber. „Es war schon was zu tun“, sagte Heike Jüngst zu dieser Zeit. „Die Menschen haben uns aber sofort gut aufgenommen, waren neugierig, wie es wird und auch froh, dass der Gasthof wieder offen ist und betrieben wird.“ Und so bleiben die Wirtsleute in Breitenbrunn hängen, aus dem Problemfall wird ein Glücksfall, sogar die eigene Hochzeit wird hier gefeiert. Man ist in der Marktgemeinde integriert und anerkannt. Die Freizeit dient der Fortbildung: „Wir gehen sehr gerne in der Umgebung essen.“

Die jetzt anstehende Trennung vom erfolgreichen Betrieb und der Umzug haben zum Teil sehr emotionale Gründe: In Villingen-Schwenningen leben der Sohn Marcel und die Tochter Isabelle, letztere hat nun selber Nachwuchs bekommen und die Großeltern zieht es einfach zum Enkelkind. Da kam die Chance, die Mühlenstube in Lauterbach (Landkreis Rottweil) zu kaufen, gerade recht. „Es ist auch die letzte Chance für uns, etwas Eigenes aufzubauen.“ Das Lokal sei zudem ein echter Glücksfall: Kein Sanierungsobjekt sondern ein gut laufender Betrieb, komplett ausgestattet und von der Struktur her genau das, was die Familie Jüngst gesucht hat: „Wie schon in Breitenbrunn können wir den Großteil der Arbeit zu zweit machen, brauchen kein Personal suchen, das eh nur schwer zu finden sei.“ Zudem ist die Entfernung zur Familie bei weitem geringer, als von der Oberpfalz aus.

Stammtischbesucher entsetzt

Zurück bleiben wird Breitenbrunn: Zwei Stammtischbesucher finden am Donnerstag nur wenige Worte zu der anstehenden Schließung: „Das ist entsetzlich und sollte verboten werden.“ Sie könnten noch gar nicht glauben, dass bereits vor dem Weihnachtsfest im Gasthof zur Post die Lichter ausgehen werden. Das sei für die Vereine und Bürger ein schwerer Schlag. Auch der Wunsch von Heike Jüngst, „dann besucht ihr uns halt im Schwarzwald“, tröstet die Gäste nur wenig.

Dem bevorstehenden Abschied wohnt eine gewisse Trauer inne, auch wenn es ein Aufbruch in die Zukunft ist.

„Ich kann nur hoffen, dass es schnell einen Nachfolger für die Familie Jüngst gibt.“Johann Lanzhammer

Auch Bürgermeister Johann Lanzhammer ist betroffen. „Wir haben sowieso nur noch zwei Gasthäuser im Ort. Ich kann nur hoffen, dass es schnell einen Nachfolger für die Familie Jüngst gibt.“ Schließlich kann sich Lanzhammer noch gut an die Zeit vor deren Gastspiel erinnern. Da fehlten schnell die Treffpunkte für die Bevölkerung. Versammlungen und Familienfeiern brauchen Raum, der jetzt schon knapp ist. Verständnis hat er für die Gründe der Wirtsleute. Diese seien nachvollziehbar.

Doch wie geht es nun weiter? Laut Verpächter Karl-Heinz Ferstl gibt es bereits erste Interessenten, einen Nachfolger für das Ehepaar Jüngst hat er noch nicht gefunden. Ein Koch oder Küchenmeister soll es vorzugsweise sein, denn „mit dem Essen und den Zimmern steht und fällt alles. Wer gut kochen kann, wird sich in Breitenbrunn auch behaupten können.“ Außerdem setzt Ferstl auf eine gutbürgerliche Küche: „Eine Pizzeria brauche ich nicht machen, das passt nicht zum Lokal.“

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