Nürnberg
Das Pilatushaus findet einen Retter

Das Trauerspiel um das historische Bürgerhaus hat ein Ende. Die „Altstadtfreunde“ dürfen sich um das Fachwerkgebäude kümmern.

21.03.2022 | Stand 15.09.2023, 6:35 Uhr
Das Pilatushaus gehört als herausragendes Fachwerkhaus zu den meistfotografierten Motiven am wohl schönsten Nürnberger Altstadtplatz. Jetzt wollen die Altstadtfreunde das leere Gebäude wieder mit Leben füllen. −Foto: Nikolas Pelke

Eines der schönsten Altstadthäuser soll nach jahrelangem Stillstand endlich gerettet werden. Jetzt hat die Stadt einem Verein das prächtige Pilatushaus mit dem geharnischten Drachentöter als Eckfigur zur Sanierung übergeben. Ab April wollen die Altstadtfreunde rund vier Millionen Euro in das historische Denkmal beim weltberühmten Dürer-Haus investieren, um die statischen Probleme in den Griff zu bekommen. Neben einem Café im Erdgeschoss sollen auch Konferenzräume und Wohnungen entstehen. Für den Umbau hat der bekannte Verein zum Erhalt der Altstadt fünf Jahre Zeit. Doch der Reihe nach.

Das Trauerspiel rund um das Pilatushaus hat bereits vor zehn Jahren begonnen. Damals hatte die Stadt als Eigentümerin statische Probleme festgestellt und deswegen die Mieter vor die Tür gesetzt, um Sicherungsmaßnahmen für das marode Deckengebälk durchführen zu können. Die Stützbalken sind heute noch zu sehen. Danach ist das im Jahr 1489 von einem Harnischmacher errichtete Fachwerk-Traumhaus auf der Prioritätenliste der Stadt offensichtlich immer mehr in den Hintergrund gerutscht.

Laut dem für die kommunalen Liegenschaften zuständigen Wirtschaftsreferenten hätte der lange Leerstand vor allen Dingen drei Gründe gehabt: „Unsere Baudienststellen waren in den letzten Jahren mit dem Bau von Schulen, Kindergärten und Wohnungen mehr als ausgelastet“, betont Michael Fraas (CSU) auf Anfrage. Außerdem habe die Stadt auf die Finanzen schauen müssen und mit dem knappen Geld für den Wohnungsbau haushalten müssen. Nutzungen für Kultur oder Tourismus seien laut Fraas „trotz mehrfacher Abfrage“ aus der Stadtverwaltung nicht gemeldet worden. In der Folge ist das Anwesen immer mehr in den Dornröschenschlaf verfallen und zur entkernten Kulisse verkommen.

Kontroverse Diskussionen im Hintergrund

Nun konnte man sich im Rathaus unter Oberbürgermeister Marcus König (CSU) dazu durchringen, das Pilatushaus im Wege der Erbpacht für 60 Jahre an die Altstadtfreunde abzutreten. Aus dem sprichwörtlichen Häuschen ist der mitgliederstarke Verein allerdings nicht gewesen. Kontroverse Diskussionen sollen im Hintergrund über die Frage stattgefunden haben, ob der Verein mit Millionen Euros die städtischen Kohlen aus dem Feuer holen will. Karl-Heinz Enderle, Vorsitzender der Altstadtfreunde, habe sich von Anfang an für das Wagnis ausgesprochen, auch wenn die Instandsetzung laut einer 2020 veranlassten Kostenermittlung mindestens knapp vier Millionen Euro verschlingen dürfte.

Fünf Jahre habe der Verein nun Zeit, das Haus zu sanieren und das nötige Kleingeld aufzutreiben. Die Sanierung des Pilatushauses sei laut Enderle eine „Herausforderung“ für die Altstadtfreunde. „Um bald beginnen zu können, ist der Verein auf Unterstützung angewiesen.“ Auf dem frisch eingerichteten Spendenkonto seien bereits zwei Großspenden in Höhe von jeweils 100.000 Euro eingegangen. In seiner fast 50-jährigen Geschichte habe der Verein schon über 20 Altstadthäuser restauriert.

Gastronomie im Erdgerschoss des Pilatushauses

Aus einem Handwerkerhaus in der Kühnertsgasse hat der Verein ein Museum gemacht, eine der ältesten Scheunen in der Zirkelschmiedsgasse betreibt der Verein heute als Kulturhalle. Auch vor Großprojekten wie dem Wiederaufbau des prunkvollen Innenhofes im Pellerhaus am Egidienberg sind die Mitglieder in der Vergangenheit ebenfalls nicht zurückgeschreckt.

Historie:Rettung:
1489 wurde das Pilatushaus vom Plattner Hans Grünewald errichtet. In der Dürer-Zeit lebte der bekannte Bildhauer Veit Wirsberger bis 1530 dort.Ab dem 1. April übernehmen die Altstadtfreunde nun das Pilatushaus in Erbpacht für 60 Jahre von der Stadt. Die Sanierung soll mindestens knapp vier Millionen Euro kosten. Der Verein hat ein Spendenkonto eingerichtet.

„Das Pilatushaus ist bei den Altstadtfreunden in guten Händen“, hat Oberbürgermeister König die gefundene Lösung zur Rettung des Pilatushauses dementsprechend begrüßt. „Die Altstadtfreunde sind einmalig für Nürnberg und haben viel für unser Stadtbild getan.“ Das Pilatushaus sei ebenfalls einmalig und bei Einheimischen und Touristen gleichermaßen beliebt.

Im Erdgeschoss sieht das Sanierungskonzept eine Gastronomienutzung vor. In den oberen Etagen sollen drei größere Wohnungen oder Büros entstehen. Das Dachgeschoss mit dem Blick auf das bunte Treiben auf dem quirligen Platz wollen die Altstadtfreunde selbst nutzten.