Schlösser
Das schwere Erbe alter Adelsfamilien

Ein Schloss sein Zuhause zu nennen, klingt nach Märchen. Doch der Erhalt fordert heraus – auch Gloria von Thurn und Taxis.

15.10.2015 | Stand 16.09.2023, 6:56 Uhr
Schloss St. Emmeram ist größer als der Buckingham Palace. Gloria von Thurn und Taxis sorgt mit kreativen Ideen für den Unterhalt. −Foto: altrofoto.de

Als kleines Mädchen huschte Anna durch die zugerümpelten, unrenovierten Zimmer in der alten Burg. Sie waren vollgestellt mit Habseligkeiten aus vergangenen Jahrhunderten: verschnörkelten Möbeln, düsteren Adelsgemälden und Jagdtrophäen. Das war Annas Abenteuerspielwiese. Bis heute ist der Ort ein Abenteuer geblieben.

8000 Euro monatliche Fixkosten

Nun trägt die 32 Jahre alte Anna Prinzessin von Hohenzollern zusammen mit Mutter Heide (72) die Verantwortung für das Gemäuer aus dem 14. Jahrhundert: Schloss Burg Namedy im rheinland-pfälzischen Andernach bei Koblenz. Beide müssen monatliche Fixkosten für Wasser, Heizung und Strom von 8000 Euro erwirtschaften – hinzu kommen auch Instandhaltungs- und Renovierungskosten.

„Es ist ein hartes Geschäft, dafür muss man sich entscheiden“, sagt Anna von Hohenzollern. Das Traditionsbewusstsein allein sei nicht der Grund für den Einstieg in den Betrieb vor fast sechs Jahren gewesen. „Ich hatte das Glück, dass mich keiner aus der Familie gezwungen hat, das zu machen.“ Schloss Burg Namedy dient als Veranstaltungsort für kulturelle Events, aber auch für Hochzeiten oder Tagungen.

Häufig gelingt ein Generationswechsel bei Burgen und Schlössern, die sich in Privatbesitz ehemaliger Adelsfamilien befinden, nicht so fließend wie in diesem Fall. Der hohe finanzielle Aufwand, Denkmalschutzauflagen und ein Leben in der Provinz schrecken den Nachwuchs ab.

Schloss Emmeram wurde zur Marke

„Das ist eine massive Gefahr für das kulturelle Erbe, wenn es nicht gelingt, den Familiennachwuchs zu überzeugen“, sagt der Generaldirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, Hartmut Dorgerloh. Wenn sich kein Investor findet und das Land nicht einspringt, verfallen die Anwesen, von denen es in Deutschland Tausende gibt. „Die öffentliche Hand tut schon viel, und dafür sind wir sehr dankbar. Doch bleibt sie eben auch weiter in der Pflicht und sollte Anreize setzen, damit privates, aber auch öffentliches Gut erhalten bleibt“, sagt Dorgerloh.

Seit dem Tod ihres Mannes Fürst Johannes muss Gloria von Thurn und Taxis in Regensburgdas Schloss, das größer als der Buckingham Palace in London ist, erhalten. Der schillernden Schlossherrin ist es gelungen, nicht nur sich selbst, sondern auch Schloss Emmeram als Marke zu etablieren.Vor allem der Romantische Weihnachtsmarkt im Schlosspark wird mittlerweile als einer der schönsten in ganz Deutschland betiteltund lockt alljährlich zehntausende Besucher an.Im Sommer ziehen die Schlossfestspiele musikinteressiertes Publikum an.Auch für Hochzeiten und Geburtstagsfeiern ist das Schloss buchbar. Weitere Teile des Schlosses sind vermietet. Von der Anwaltskanzlei bis zur Seniorenresidenz haben sich ganz unterschiedliche Firmen auf dem Gelände niedergelassen. Ein Hotelprojekt scheiterte allerdings. Gloria von Thurn und Taxis hat selbst nur einen kleinen privaten Bereich, auch Fürst Albert hat eine Wohnung.Prinzessin Maria Theresia ist in London verheiratet, Prinzessin Elisabeth lebt in New York.

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Anna von Hohenzollern ließ sich von der Aufgabe „Burgenerbin“ nicht abschrecken. Doch: „Ein Familienunternehmen zu führen ist nie einfach“, sagt Heide von Hohenzollern. Am Anfang sei man schon häufig aneinandergeraten. Anna hatte gerade frisch ihr Diplom in Medienwirtschaft in der Tasche und wollte eigentlich zum Film, als sie vor fast sechs Jahren einstieg. Mit im Gepäck: eine Menge Ideen. „Bis ich allein die neue Homepage durchgesetzt habe“, scherzt sie heute.

Mit großem Stolz führen die beiden Prinzessinnen durch das Haus. Die Baustellen, die immer wieder auftauchen, sind kaum zu entdecken. „Ich sage immer, es ist eine alte Dame“, erklärt Heide von Hohenzollern. Sie berichtet von Wassereinbrüchen und der falsch konstruierten Dachterrasse, die immer mal wieder Sorgen macht. „Aber zu 99 Prozent ist es eine große Freude.“

In unserer Serie „Schlösser und ihre Bewohner“ stellen wir Schlösser und ihre Eigentümer vor.