Gesundheit
Den Duft der Bienen atmen

Josef und Rosemarie Segerer aus Litzlohe sind überzeugt von der heilsamen Wirkung der Bienenstockluft auf die Atemwege.

22.06.2018 | Stand 16.09.2023, 6:04 Uhr
Christine Riel-Sommer

Der achtjährige Florian Pösl atmet regelmäßig die Luft aus dem Bienenstock ein. Seine Mama ist überzeugt, dass dies die Symptome seines Infekt-Asthmas lindert. Foto: Riel-Sommer

Zwar ist die Bienenlufttherapie medizinisch nicht anerkannt, dennoch legten sich Rosemarie und Josef Segerer aus Litzlohe nach einem Imkerkongress in Bühl im Breisgau vor mehr als zehn Jahren Inhalationsgeräte zu. „Ich hatte immer Stirnhöhlenentzündung und musste häufig Antibiotika nehmen. Als diese Bienenluft-Atemtherapie auf dem Kongress vorgestellt wurde, wollte ich sie testen“ erklärt Rosemarie Segerer. Sie ist nicht allein im Bienenhaus: Gerade inhaliert Florian Pösl aus Lengenfeld durch eine Atemmaske für 20 Minuten die Luft eines Bienenstocks, denn er leidet unter Infekt-Asthma.

Zur Freude des Achtjährigen darf er dabei mit dem Handy seiner Mutter spielen, um sich die Zeit zu verkürzen. Seit April 2017 atmet Florian zwei bis drei mal wöchentlich im Litzloher Bienenhaus Stockluft und wird dabei von seiner Mutter Christine begleitet.

In Absprache mit den Ärzten

„Wir begannen diese ergänzende Therapie natürlich in Absprache mit den behandelten Ärzten und sind wirklich sehr zufrieden mit dem Ergebnis“, erklärt sie. „Während der Flugzeit der Bienen von April bis September ist das Stockatmen möglich“, erläutert Josef Segerer. Inhaltsstoffe wie ätherische Öle, sekundäre Pflanzenstoffe mit antioxidativen Eigenschaften aus Honig, Pollen, Wachs und Propolis würden durch die Wärme im Bienenstock sowie die Ventilation, die die Bienen mit ihren Flügeln erzeugen, an die Luft abgegeben. Das Atemgerät Api-Air saugt Bienenstockluft an und leitet es mit einem Schlauch zur Inhalationsmaske. Florian Pösl kann dabei den Luftstrom individuell einstellen und hat keinen direkten Kontakt zu den Bienen. Ganz relaxed sitzt er in einem Gartenstuhl.

Das Ergebnis der Atemsitzungen fasst Christine Pösl so zusammen: „Wir konnten in der Bienenflugzeit Florians Kortison-Astmasprays kontinuierlich reduzieren und letztendlich sogar absetzen. Im ganzen Jahr 2017 benötigte er kein Antibiotika – das gab’s noch nie“, so die 40-Jährige zu den Erfahrungen aus dem Vorjahr. Auch die Lungenfunktionswerte seien jetzt wieder ganz normal. Daher könne ihr Junge auch seine Hobbys Leichtathletik und Fußball voll ausleben. „Und da muss ich jetzt auch hin“, erklärt er mit einem Lachen und ist schon wieder weg.

Es ist ein wohltuender Duft

Seit 38 Jahren imkert Josef Segerer und die Aussagen von Christine Pösl wundern ihn nicht. „Ich hatte schon immer den Eindruck, dass es ein wohltuender Duft ist, wenn ich einen Bienenstock öffne“, betont der 61-Jährige. Das Wissen um die Heilkraft, die antioxidative und antibakterielle Wirkung der Bienenprodukte, sei aber leider in Vergessenheit geraten.

Die Zertifizierung zum Ökoimker habe er 1999 erhalten. Vor 14 Tagen war die letzte Kontrolle seiner ca. 40 bis 45 Völker. „Jetzt bin ich in der Rente und habe ein bisschen mehr Zeit für meinen Bienen“, lacht der gebürtige Lauterhofener. Zum Imkern sei er wie die Jungfrau zu Kinde gekommen: „Der Onkel meiner Frau verstarb 1980 überraschend und es musste sich jemand um die Bienen kümmern“. In kurzer Zeit sei die zunächst „lästige Pflicht“ zur Leidenschaft geworden. Inzwischen stehen seine Völker in Litzlohe, Wünn und Pettenhofen sowie im naturbelassenen Lengenbachtal, was er besonders schätzt.

Auch der sechsjährige Sohn von Segerers Nichte profitiert vom Bienenstockatmen. „Luis hat eine chronische Bronchitis seit er zwei Jahre alt ist“, erklärt dessen Mutter Stefanie Schimmelmann und fährt fort: „Wir haben viele Krankenhausaufenthalte und Kortisonbehandlungen hinter uns. Der Lungenfacharzt im Amberger Klinikum hatte keine Einwände gegen die begleitende Inhalation zur Diagnose.“ Stefanie Schimmelmann hat den Eindruck, dass ihm die Bienenstocklufttherapie helfe. Es gehe ihm deutlich besser, berichtet seine Mutter.

Den Bienen schade die Atemtherapie nicht. Um das Auskühlen der Bienenstöcke zu vermeiden, werden drei Stöcke im Rotationsverfahren maximal zweimal am Tag bei Bedarf beatmet. Obwohl die Therapie nicht wissenschaftlich anerkannt ist, kommt ein junger Mann aus dem Raum Nürnberg nahezu wöchentlich angereist. Manche atmen bei den Segerers schon mehrere Jahre.

Denn Josef Segerer beschloss mit seiner Frau, das Bienenhaus kostenlos für Interessenten – nach Abschluss eines Vertrages – zur Verfügung zu stellen. Erkrankungen wie Asthma, Bronchitis, Allergien, Pseudokrupp, häufige Infekte oder chronische Kopfschmerzen könnten wohl gelindert werden. Rosemarie Segerer erklärt das Engagement ganz lapidar: „Wenn wir die Geräte schon haben und vielleicht helfen können, dann machen wir das gerne“.Die Bienenstocklufttherapie ist ein Teilbereich der Apitherapie, welche Bienenprodukte – wie z. B. Propolis, Bienengift, Pollen, Honig oder Bienenluft – zur Behandlung von Atemwegserkrankungen und Allergien einsetzt. 1989 machte der österreichische Imker die Bienenluftkur einer breiten Öffentlichkeit zugänglich. •Das Api-Air-Inhalationsgerät entwickelte der deutsche Imker Hans Musch. Die Apitherapie steht heute verstärkt im Fokus der Forschung. Der wissenschaftliche Beweis für die Wirksamkeit der Therapie ist bislang noch nicht erbracht.

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