Wirtschaft
Die Firma Rädlinger wächst und wächst

Seit fünf Jahren führt Josef Rädlinger junior das Chamer Bauunternehmen. Der Umsatz ist auf 250 Millionen Euro angewachsen.

13.04.2016 | Stand 16.09.2023, 6:47 Uhr
Firmenchef Josef Rädlinger junior, 52, (re.) mit Rüdiger Altmann, seiner „rechten Hand“ im Unternehmen, wie er es selbst beschreibt. −Foto: Klöckner

In fünf Jahren hat sich viel getan – doch Konstanten hat Josef Rädlinger junior über die Zeit gerettet. Der große Schreibtisch ist geräumt bis auf den Laptop, ein kleines Häufchen Papiere zu seiner Rechten und links von ihm sitzt seine „rechte Hand“, Rüdiger Altmann. Rädlinger sitzt entspannt auf seinem Platz im hellen Eckbüro mit Blick über Windischbergerdorf und dorthin, wo alles in den 60er Jahren begann, dem Rädlinger See.

Der 52-Jährige wirkt lockerer als 2011, als er kurz zuvor die Unternehmensleitung aus der Hand des Seniorchefs übernommen hatte. Und doch macht ihn gleich die erste Frage aus dem Block erst einmal sprachlos. „Darauf war ich nicht gefasst!“. Er legt die Fingerspitzen im Fächer aneinander, lehnt sich zurück und sucht die passenden Worte. Eigentlich kann er nur das Falsche antworten auf die Frage „Fünf Jahre Ehe und fünf Jahre Firmenleitung – was war eigentlich schwieriger?“

Neben der Übernahme des Chefsessels war er 2011 auch noch frisch verheiratet. Doch er findet den Ausweg: „Beides hat sich positiv entwickelt in den fünf Jahren.“ Das Engagement seiner Frau, etwa beim Grünen Klassenzimmer am Satzdorfer See, findet er gut – auch dass sie ihn oft begleitet auf Öffentlichkeitstermine. „Wir sind ein Familienunternehmen“, so Rädlinger – da sei das Geschäft auch privat am Küchentisch ein Thema.

Baumaschinen als Hobby

Die zweite Frage nach seinem Vater beantwortet er aus dem Stegreif. „Dem geht es gut. Der geht seinem Hobby nach“, sagt der Unternehmenschef und meint das Interesse für Baumaschinen jeder Art, das seinen Vater Josef Rädlinger bereits ein Leben lang begleitet. Ab und an ist der Firmengründer auch zu hören – er hat sein Büro nebenan. 2011 kam er dazu, erläuterte das ein oder andere rund um die Firmenübergabe und beschrieb sich selbst wie den Junior als „dominante Persönlichkeiten“.

Heute schaut er nicht rein. „Aus dem operativen Geschäft hat er sich ausgeklinkt“, sagt der Sohn über den Vater. Er sei immer über alles informiert, über vieles tausche man sich aus. Zeit für Kommunalpolitik wie der Senior, der als Chamer Stadtrat dabei war, sieht der Junior noch nicht. Zu sehr binde ihn die Firmenleitung. Doch so konsequent wie 2011 lehnt er solche Gedanken nicht ab. Die Ergebnisse der „großen“ Politik begegnen ihm derweil auf seinen Reisen. Etwa bei Kontrollen an der Grenze zu Österreich: „Das ist ein komisches Gefühl, was man dabei hat – wie eine Zeitreise zurück!“

Innerhalb der fünf Jahre ist dasUnternehmen Rädlingerheftig gewachsen. Gleich an fünf Standorten – Cham, Leipzig, Selbitz, Windorf und Hochdorf – gibt es Jobangebote in Hülle und Fülle, vom Baggerfahrer bis zum Bauingenieur. Über 100 Arbeitsplätze lobt das Unternehmen aus – könnte demnach statt 1400 Mitarbeitern 1500 oder mehr haben. Tobt hier der Fachkräftemangel? „Nein“ – antworten beide hinterm Schreibtisch. Unter Fachkräftemangel leide die Firma nicht, es gebe keine Lücken in der Mitarbeiterstruktur. Das gute Image des Unternehmens wirke und bringe immer wieder neue, gute Mitarbeiter zu Rädlinger.

Das Unternehmen wächst

Geändert hat sich in den fünf Jahren die Blickrichtung des Unternehmens. War man 2011 noch in gewisser Erwartung, was das Baugeschäft in Osteuropa anbetrifft, so konzentriert sich das Unternehmen heute ganz auf Deutschland, speziell vor allem Süddeutschland. Wo genau JR-Bautrupps unterwegs sind, zeigt eine interaktive Karte. Im Kopf könne er die vielen Baustellen nicht haben, lacht Rädlinger. Ein breites Feld an Bautätigkeiten deckt der Betrieb bereits ab.

Alles zu machen sei nicht Ziel – doch wenn sich vom Personal her etwas anbiete – etwa ein Fachmann für etwas Besonderes zu haben sei – greife man zu und baue das Angebot des Unternehmen aus: „Wir sind immer aktiv!“ So sei es beim Ingenieurbau gewesen, den Rädlinger vom insolventen Baukonzern Holzmann übernommen habe. Ebenso beim Aufbau einer Abteilung für Rohrleitungsbau, den man ab 2013 startete, der Hochbau, der 2015 dazu kam oder beim Breitbandausbau, der Anfang 2016 begann. Ab Juni 2016 beginnt das Windischbergerdorfer Bauunternehmen mit einer Spezialmannschaft das Spülbohren als neuestes JR-Angebot – dem Verlegungen von Leitung unter Straßen ohne Aufgraben.

Josef Rädlinger macht keine Unterschiede, wo eine Baustelle ist – ob in Cham, München oder sonst wo. Überall versuche die Firma, termingerechte und hochwertige Arbeit abzuliefern. Kritik, wie etwa bei den Arbeiten am Hochwasserschutz in Cham, gebe es immer wieder – auch wenn man wie hier der falsche Ansprechpartner dafür sei: „Wir versuchen, so weit es geht, Rücksicht zu nehmen.“

„Wir versuchen, so weit es geht, Rücksicht zu nehmen.“Josef Rädlinger

Auch beim Blauberg gelte das, den man von der Bayerischen Granit übernommen hat.Sicher gebe es immer Belastungen bei „Gewinnungsbetrieben“, erklärt Rädlinger. „Unser Ziel ist es, mit den Nachbarn einen guten Draht zu haben. Auch, weil wir von hier sind!“, beschreibt der Unternehmenschef. In Runding seien die Nachbarn froh, dass nun die Firma Rädlinger dort das Sagen habe.

„Wir sehen sehr positiv in die Zukunft“, sagt Josef Rädlinger beim Blick auf 2016 und die Folgejahre. Seit 2011 habe es jedes Jahr Steigerungen beim Umsatz gegeben, fügt Rüdiger Altmann an. Somit sei 2015 ein Rekordjahr gewesen, wie 2014 und jeweils die Jahre davor. Beide sehen die Basis in der Vielfalt, die die Firma bietet – und, das Wichtigste: in der engagierten Mannschaft.

Die versucht die Führung emotional zu binden durch ein gutes Klima. Die Mitarbeiter sollen sich mit der Firma Rädlinger identifizieren, sich wohlfühlen und Vertrauen zu ihr haben. Von der Führung im dritten Stock des Rädlingerfirmensitzes bis zum Mitarbeiter auf der Baustelle solle das tagtäglich gelebt werden – dann sei das Ergebnis gut.

„Jeder soll zufrieden sein“, beschreibt Rädlinger in Kurzform die Basis des Miteinanders für den Erfolg des Ganzen. „Wenn man etwas mit Begeisterung macht, werden die Tage eher zu kurz als zu lang“, so Rädlinger zur Firmenstrategie. Das sei sicher ein Ideal, aber etwas, dem man folge. Er sehe immer alles positiv. Und Enttäuschungen? „Die verdränge ich!“

„Wenn man etwas mit Begeisterung macht, werden die Tage eher zu kurz als zu lang.“Josef Rädlinger

„Ein guter Umgang“

Das Unternehmen sei heute für alle transparent – „wir haben nichts zu verbergen!“ Dass die fünf Jahre einiges in Bewegung gebracht haben und das Credo der Zufriedenheit aller im Betrieb das Fundament sein soll, gipfelt in einer Beschreibung, die so früher nicht hervorgehoben worden wäre. Zumal das Unternehmen Rädlinger neben anderen großen Arbeitgebern im Landkreis lange bei Gewerkschaftern eher als betriebsratsfeindlich fungierte. Befragt, wie es um eine Mitarbeiterbeteiligung stehe, weisen Altmann wie Rädlinger auf Vilshofen, wo sie einen Betriebsrat von Holzmann „geerbt“ haben. Das Miteinander sei gut, die Anregungen würden umgesetzt und seien sinnvoll, sagt Josef Rädlinger junior.

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