Landwirtschaft
Die Runkelrübe als Marktlücke

Was früher allgegenwärtig war, ist heute eine Rarität: Heinrich Wittmanns Kunden kommen teils von weit her.

12.10.2010 | Stand 16.09.2023, 21:06 Uhr
Georg Fleischmann

Neuthierling.Es ist ein sonniger Herbsttag, viele Menschen nutzen die Gelegenheit zu einem erholsamen Spaziergang. Doch für Bauer Heinrich Wittmann und seine Familie ist an Erholung nicht zu denken: Auf ihrem Feld in Neuthierling bei Schorndorf, auf der Sonnenseite des Rauchenbergs, herrscht Hochbetrieb. Ständig kommen Autos an, und die Kennzeichen zeigen, dass die Kunden nicht nur aus der Umgebung, sondern auch aus den Nachbarlandkreisen wie Regensburg, Schwandorf und Regen kommen. Was sie hier zusammenführt ist die rotgelbe Runkelrübe, die Wittmann hier auf einem 2,4Hektar großen Acker anbaut.

„Heit’ geht’s bei uns wieder dick ei“, sagt Wittmann vom tuckernden Traktor herunter, als wir zu ihm kommen, um bei dieser selten gewordenen Ernte zuzusehen. Früher gab es Runkeln überall auf den Äckern. Ob kleiner Häusler oder großer Bauer, Runkelrüben waren zur gesunden Ergänzung des Winterfutters für das Vieh unentbehrlich. Das ist längst nicht mehr so. Vor allem, weil der Anbau zeitaufwendig ist und sich auf einem zeitgemäßen bäuerlichen Betrieb im großen Stil nicht mehr lohnt.

Deswegen sei er auch der einzige Landwirt zwischen dem Donautal, Schwandorf, Cham und dem Landkreis Regen, der Runkelrüben in diesen Mengen anbaue, sagt Wittmann. Er nutzt die Nische, um sich ein zusätzliches Standbein für seinen vielseitigen Betrieb zu schaffen.

Die Idee sei durch eine länger zurückliegende Geschichte entstanden: Da habe einmal ein Waldler einen Gäubodenbauern gefragt, warum er auf seinen fruchtbaren Feldern ausgerechnet Runkelrüben anbaue. Dieser habe geantwortet: „Solange die Waldler kommen und uns die Runkeln abkaufen, bauen wir sie an.“ Und so dachte man sich damals beim Bauern Wittmann in Neuthierling: „Das können wir auch.“

Neuthierling.Das bedeutet harte Arbeitstage für die Familie Wittmann, die ganz oben, nahe am Waldrand, ihr landwirtschaftliches Anwesen besitzt und insgesamt 80Hektar bewirtschaftet, davon 25 Hektar eigenen Grund. Das gute Oktober-Wetter muss genutzt werden, um die unzähligen Runkeln trocken zu ernten. Ein Teil wandert in einen 2000 Zentner fassenden, speziellen Keller. Ein kleiner Teil kommt auf einen großen Haufen auf einer Wiese nahe am Hof: Er ist für Selbstabholer in kleinen Mengen gedacht, die sich die Runkeln einzeln aus dem Haufen klauben.

Der Großteil der Rüben wird aber ab Feld verkauft, und dort gibt es in diesen Tagen oft ein Gedränge. Damit die Abholer, die oft weite Anfahrtsstrecken in Kauf nehmen, nicht auch noch lange warten müssen, gibt es für jeden Erntetag einen Zeitplan, nachdem Bauer Wittmann die Kunden ans Feld bestellt.

Zu den Kunden gehören in erster Linie Jäger, die die Rüben für die Winterfütterung nutzen, sowie Hobby-Tierhalter, die Wert auf ein gesundes Saftfutter für ihre Tiere legen. Viele kommen mit ihren Fahrzeugen mit Anhängern an das Feld. Eine Vollerntemaschine aus dem Jahr 1967 sammelt die Rüben ein, befreit sie von den Blättern und sammelt sie in einem Trichter. Ist der Trichter voll, werden die Rüben direkt auf das bereitstehende Fahrzeug des Kunden transportiert. Auch ein besonderer Service wird angeboten: Sollen die Rüben weitgehend frei von Schmutz sein, so kommen diese noch in den sogenannten „Gunklputzer“. Hier laufen sie durch rotierende Bürsten und werden von Ackerbodenresten befreit. Ein Laufband befördert die gereinigten Rüben dann gleich auf den Anhänger des Kunden.