Politik
Die Schüler am Kötztinger Gymnasium wissen, warum die Europäische Union so wichtig ist

23.05.2023 | Stand 14.09.2023, 23:57 Uhr
Die Kommunalpolitiker Markus Hofmann und Sandro Bauer stellten sich als erste den Fragen der Moderatorinnen Theresa Wagerer und Hannah Meindl und der Schüler der zehnten Klassen. −Foto: Fotos: S. Weber

Was wissen die Schüler der zehnten Klassen am Benedikt-Stattler-Gymnasium eigentlich über die Europäische Union und was halten sie davon? Das war die große Frage, die sich am Montag beim Europatag an der Schule stellte.

Vertreter aus kommunaler, Landes- und Europapolitik trafen sich an der Einrichtung, um an die Gründung der Staatengemeinschaft und „über 70 Jahre Frieden im westlichen Europa“, wie Schulleiterin Birgit Maier es ausdrückte, zu erinnern und das Verständnis zur Bedeutung der Union zu stärken. Organisiert hatte die Veranstaltung Lehrer Stephan Wecker.

Eher unbekannt, gibt es zum Beginn die Hymne der Europäischen Union – Friedrich Schillers „Freude schöner Götterfunke“ in der Vertonung von Ludwig von Beethoven. Theresa Wagerer und Hannah Meindl als Moderatorinnen der Veranstaltung begrüßen die ersten Gäste: Furth im Walds Bürgermeister Sandro Bauer und Bad Kötztings Bürgermeister Markus Hofmann.

Erster erzählte von seiner Zeit bei der Bundeswehr, die in die Zeit der Wende um 1989 gefallen sei, als sich die Grenzen Europas verschoben. Letzterer befand sich da noch an der Realschule in Bad Kötzting und habe seinen ersten Kontakt mit der Partnerstadt Susice schon 1991 bei einer Musikveranstaltung gehabt.

5000 Pendler jeden Tag, die aus Tschechien in den Landkreis Cham pendeln, um hier zu arbeiten – eine Entwicklung, an der die beiden Bürgermeister als ehemalige Mitarbeiter der Firma Zollner auch in den 1990er-Jahren schon mit Messeständen im Nachbarland beteiligt gewesen waren. Zeitlich naheliegend kommt natürlich auch die Corona-Pandemie und die monatelange Schließung der Grenze zur Sprache.

Offene Grenzen heute normal

Geschlossene Grenzen, das sei etwas, das keiner der Schüler heute mehr kenne, sagt Sandro Bauer. „Da haben wir erst erkannt, wie normal und wie schön das war“, sagt er. Heute sei die Welt so vernetzt, dass im Landkreis Cham sogar bei der Müllentsorgung Probleme bekomme, wenn Lkw-Fahrer aus Tschechien nicht mehr zur Arbeit über die Grenze kommen dürften.

Neben dem wirtschaftlichen Aspekt interessierte die Schüler auch der Zweck der Städtepartnerschaften. Sandro Bauer verweist hier vor allem auf den Aspekt von Fördermitteln, für die es im besten Fall Partner auf beiden Seiten einer Grenze brauche. „Das sind schon lukrative Förderungen“, sagt er, „von 80 bis zu 90 Prozent“. Wo die Grenzlage für die Region früher ein Nachteil gewesen sei, werde sie durch die EU nun zum Vorteil. Ein Vorteil, den die Menschen der Region noch viel zu wenig auch privat nutzen würden, meint Markus Hofmann. Tschechen kämen heute in größerer Zahl in die Region, etwa auch in das AQACUR, als umgekehrt. Der Kontakt mit anderen Kulturen mache darüber hinaus auch jeden einzelnen offener, was er vor Ort auch mit der 28 Mitglieder umfassenden Städtepartnerschaft Douzelage immer wieder erfahre – einer deutschlandweit einzigartigen Organisation, bei der die Stadt Mitglied und damit auch die Bevölkerung, nicht politische Institutionen Mitglied seien.

Ein wichtiger Aspekt, wie Sandro Bauer einwirft, der die politische Tragfähigkeit mit Blick auf den Austritt Großbritanniens aktuelle eher kritisch sieht – Wenn die Kompromissbereitschaft verloren gehe, sei das, was die EU geschaffen habe, in Gefahr. „Oben die Politik, das sei das eine, aber der Zusammenhalt unter den Menschen, das sei etwas anderes“ und gehe viel weiter, als es politische Vorgaben könnten, zeigt sich Bad Kötztings Bürgermeister überzeugt.

Umgekehrt sei es wichtig, sich mit den Aussagen extremer Parteien, die auch den Austritt Deutschlands aus der EU forderten, zu beschäftigen, sagt Markus Hofmann. Die Politische Mitarbeit sei da nicht vorhanden, Stimmungsmache mit „banalen Themen ohne Lösungsvorschläge“ dafür die Regel. Populismus sorge hier leider oft für mehr Schlagzeilen als die Argumente dagegen, zeigt er sich überzeugt. Das gelte aktuelle auch für die Themen Klimawandel und Energiekrise. Aus seinem Alltag berichtet anschließen der Europa-Abgeordnete Christian Doleschal, bevor Landrat Franz Löffler und Renke Deckarm, Leiter der Regionalvertretung der Europäischen Kommission in München, auf dem Podium Platz nehmen. Letzterer ist Beamter, kein Politiker.

Was Schüler interessiert

Deckarm will erst einmal wissen, was die Schüler interessiert – wenig überraschend sind das natürlich Themen wie Klima und Ukraine-Krieg. Tage wie diese gehörten – neben dem Kontakt zur EU-Kommission – zu seinem Beruf. Er zeigt auch die vielen verschiedenen Wege auf, die in die Verwaltung der Union führen können. Wichtig sei vor allem, sich früh und viel nicht nur mit dem eigenen Land, sondern auch mit anderen zu beschäftigen. Er zeigt aber auch, dass die EU mehr mit den Menschen vor Ort zu tun hat als viele denken, besonders bei aktuellen Themen wie Klimaschutz oder regenerativen Energien.

Landrat Franz Löffler und Landtagsabgeordneter Gerhard Hopp zeigen sich als letzte Gäste davon überzeugt, dass die EU ein Verständnis-Problem habe. Zu verstehen, wie die Union funktioniere und wie sie in den Alltag der Menschen einwirke, das sei grundlegend. Es brauche Richtlinien von der EU, doch vor Ort müssten die auch umsetzbar sein, wie etwa die Frage des Heizens. Alle Vorgaben einfach nur zu akzeptieren, das sei für die Politik vor Ort natürlich auch nicht die Lösung. Wenn ein Land wie Großbritannien aus der EU austrete, dann mache sich das aber auch im Ausländeramt am Landratsamt bemerkbar.

Fazit: Das Friedensprojekt Europäische Union ist wichtiger, als es sich viele Bürger heute immer noch vorstellen und mit Blick auf anstehende Probleme der Zukunft, die weltweite Bedeutung haben, wichtiger als jemals zuvor. Jetzt müssen sich nur noch auch die Bürger der EU damit noch mehr auseinandersetzen, nicht nur zum Europatag an der Schule oder wenn Wahlen sind.