Wirtschaft
Ein Generationswechsel bei der Bäckerei

Abensberg: Florian Gabelsberger ist seit 1. Januar der Besitzer – er setzt auf Tradition, verschließt sich Innovation nicht.

24.01.2016 | Stand 16.09.2023, 6:51 Uhr
Walter Dennstedt
Zwei Generationen: Franz und Juniorchef Florian Gabelsberger −Foto: Dennstedt

Zwar lebt der Mensch nicht nur vom Brot allein, aber ohne wär’s halt auch nichts: Bäckermeister Florian Gabelsberger ist seit dem 1. Januar neuer Chef der Traditionsbäckerei in Abensberg und tritt damit in große Fußstapfen. Die seines Vaters Franz Gabelsberger. Der, wie er sagt, sehr froh ist, dass der Sohn nun antritt. Da wisse er den Betrieb in guten Händen.

Florian hat im elterlichen Betrieb das Handwerk von der Pike auf gelernt. Dann war er zehn Jahre, mit Unterbrechungen, auf der Walz, unter anderem in Australien und Nicaragua. Jetzt will er dafür sorgen, dass die Kunden weiterhin mit dem Angebot vom Gabelsberger zufrieden sind. Diesen guten Ruf hat Papa Franz (65) erarbeitet. Im Jahr 1979 hatte Franz wiederum von seinem Vater die Bäckerei übernommen und behutsam zu dem aufgebaut, was er seinem Sohn nun übergeben hat: Eine Firma mit 50 Mitarbeitern, davon 25 Festangestellte, die im Hauptgeschäft und in fünf Filialen in Regensburg, Neustadt, Siegenburg und Kelheim Backwaren verkaufen.

Damals 1979, hatte Franz Gabelsberger 20 Mitarbeiter und überhaupt war damals einiges noch ganz anders als heute. Das „schnelle Geschäft“, quasi im Vorzimmer eines Supermarkts, war ihm schon immer suspekt, und so hat er zwar expandiert, aber nur in Randlagen und nie als Untermieter von Supermärkten, die sehr viel Miete und dann auch noch Umsatzbeteiligung verlangen. Die Backstube war sein Ding, und das hat er augenscheinlich seinem Sohn Florian vererbt. Der 32-Jährige ist Bäckermeister und Konditormeister, staatlich geprüfter Lebensmitteltechniker, Betriebswirt des Handwerk und, so fügt er grinsend hinzu, Berufskraftfahrer, weil er den Lkw-Führerschein hat.

Florian hat ein mehr als 100 Jahre altes Erbe angetreten. Gut vorbereitet. Nach der Lehre im elterlichen Betrieb machte er im Jahr 2006 in München, im Alter von 22 Jahren, die Meisterprüfung. Im Jahr 2010 folgte der Konditormeister in Stuttgart. Zehn Jahre lang war er unterwegs. Zum Beispiel in Passau bei einem Café und Konditor. In Hannover absolvierte er die Fachschule für Lebensmitteltechnologie. Er arbeitete in Australien und zuletzt in Nicaragua.

Bäckerei seit 1904

Im Jahr 1904 ist die Bäckerei gegründete worden, unter dem Namen Asen. Als Florians Urgroßvater, aus dem Offenstettener Spargelhof Gabelsberger stammend, die Witwe Asen heiratete, hieß die Bäckerei Gabelsberger. So richtig als Bäckerei (vorher war es eine Landwirtschaft mit Mehlhandel, und das Backen lief halt mehr oder minder nebenher) sieht Florian beim Blick in die Firmengeschichte den Betrieb erst seit der Nachkriegszeit.

Nein, er will keinesfalls zu einem Industriebetrieb wachsen. Die Qualität der Ware sei für ihn das Wichtigste. Hier setzt Florian auf seine positiven wie negativen Erfahrungen. Teils regelrecht hartnäckig, wenn er sich für etwas entschied: So campierte er beispielsweise vorm Haus eines renommierten Konditors in Wien so lange, bis der ihm sagte, er dürfe ein paar Tage Praktikum bei ihm machen. Die wuchsen sich zu Monaten aus. Heute sind die beiden beste Freunde.

Wenn er erzählt, ist das wie das Aufgehen eines Hefeteigs, wo eins zum andern kommt: Dass er zum Beispiel in Australien derjenige war, der in Cairns (Queensland) das Abensberger Brot einführte. Dort war er nach dem Scheitern zweier ebenfalls deutscher Berufskollegen die letzte Hoffnung für die dort lebende, deutschstämmige Konditorin, deutsches Brot zu backen. Auch Gabelsberger brauchte eine Zeit lang, bis ihm unter der Dusche die Erleuchtung kam, dass das Wasser zu stark gechlort war, weshalb das „Lebewesen“ Sauerteig eben nicht leben konnte.

Die Erfahrungen, die Gabelsberger im In- und Ausland sammelte, sind mehr als Schnurren. Sie alle wird er in den Betrieb einbringen, auch wenn man (noch?) weder Kiwi-Brot noch einen Sandinisten-Taler im Angebot findet. Über 450 verschiedenen Arten von Backwaren sind eh ausreichend. Florian wird von heute auf morgen auch nichts ändern und weiter kleine Brötchen backen. Es läuft ja bestens.

Aber selbst die Bäckerei so zu halten, wie sie ist, wird wohl nicht einfach. Noch immer sind Discounter aggressiv auf dem Markt um Brot und Semmel unterwegs. In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Zahl der handwerklichen Bäckereien in Deutschland halbiert, Prognosen sagen eine nochmalige Halbierung der Betriebe in den kommenden zehn Jahren voraus. Aber Florian Gabelsberger bleibt gelassen: Über 90 Prozent der Kunden seien Stammkunden, die bewusst an den Backautomaten in Supermärkten vorbeigehen und zu ihm kommen. Auch die hat er von seinem Vater geerbt. Und das, was der Vater bislang gemacht hat, war ja bei weitem nicht altbacken.

Pro Jahr bildet die Bäckerei Gabelsberger einen Lehrling aus, manchmal habe man auch Glück und bekomme einen zweiten, sagt der neue Chef. Und der Senior berichtet, dass er in Zeiten, als das Wachstum mit dem Fall des Eisernen Vorhangs kurzzeitig unbegrenzt schien, so manche gute, oftmals aber auch ernüchternde Erfahrung mit Arbeitskräften gemacht habe. Es sei halt nicht so einfach wie man sich das vorstellt, einen Backofen zu bedienen und die Semmel genauso resch zu backen, wie sie sein soll und weder zu dunkel noch zu bleich.

Mädchen für alles

In diesem Jahr wird der neue Chef wohl zwei Lehrlinge einstellen. Die werden dann auch in die Geheimnisse der Rezepturen der Bäckerei eingeführt. Fertigbackmischungen lehnt Gabelsberger junior ebenso strikt ab wie der Senior. In der Backstube in der Ulrichstraße wird alles aufs Gramm abgewogen. Das war schon beim Großvater so und das wird bei eventuellen Nachkommen so bleiben, sagt der neue Firmenchef.

Vater Franz Gabelberger steht weiterhin mit Rat und Tat zur Seite, auch wenn er ein wenig kürzertreten möchte. Das quittiert sein Sohn mit breitem Grinsen. Franz will „Mädchen für alles“ sein und einfach da sein, wenn Not am Mann ist. Und wann ist es das nicht – gerade in einer Bäckerei?

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