Musik
Eine Riedenburger Box aus Italien

Der niederbayerische HiFi-Experte Max Krieger hat einen Lautsprecher entwickelt und in einer Edelmanufaktur bauen lassen.

16.02.2015 | Stand 16.09.2023, 7:02 Uhr
Max Krieger mit „seinem“ Lautsprecher, der Unison Max-1. Die umstehenden Boxen sind nicht günstiger, klingen auf jeden Fall anders. −Foto: Fleischmann

Das Spektakel schleicht sich leise in die Ohren. Diana Kralls Bar-Jazz nimmt mit dezenten Tönen Anlauf. Ein gezupfter Bass, Kralls leicht näselnde, glockenklar „scharf“ aufgenommene Stimme – diese Melange zeigt jeder Musikanlage ihre Grenzen auf. Max Krieger lauscht, hochkonzentriert, die Augen geöffnet. Es ist der 24. Oktober 2014 – der Moment der Wahrheit seines Projekts. Es ist der Moment, in dem er im Studio 2 seines Hifi-GeschäftsAudio Creativin Riedenburg zum ersten Mal den Lautsprecher UnisonMax-1hört.

Max-1 ist sein Lautsprecher, den er an diesem Tag eiligst ausgepackt und an einen Unison-Röhrenverstärker angeschlossen hat. Krieger hat sich den Schallwandler ausgedacht und monatelang entwickelt. Zuvor hat der HiFi-Enthusiast und Händler edler Audio-Geräte nächtelang kaum Schlaf gefunden. Nun feiert er Hörpremiere der in einer italienischen Manufaktur gebauten Box im Serienzustand.

Eine Röhre sollte es sein

Dass es soweit kommt, geht auf einen Besuch Kriegers in Italien zurück. Der bald 59-jährige Niederbayer versteht schon lange nicht, warum die italienischen FirmenOperaundUnisonnicht so richtig zusammenfinden wollen. Genauer gesagt ihre HiFi-Geräte.

Opera baut hochwertige Lautsprecher, Unison ebensolche Elektronik, vor allem Röhrenverstärker. Die klingen wunderbar, haben aber wenig Leistung. Sie brauchen Lautsprecher, die auch mit wenig Strom laut tönen – man spricht von einem hohen Wirkungsgrad. Den haben die Opera-Speaker aber gerade nicht. Sie sind auf starke Transistor-Boliden angewiesen. Diese verblüffende Hürde der beiden Unternehmen lässt Krieger keine Ruhe. Der Fan des warmen Sounds der Röhren und von italienischen Tonmöbeln entwickelte schon seit längerem einen passenden Lautsprecher. Für die höheren Töne verwendet er ein Hornchassis. Dieser Typ Schallwandler braucht wenig Energie und klingt sehr direkt.

Krieger besichtigt die Manufakturen, 20 Kilometer von Venedig entfernt, im Januar 2014. Er sieht keine Fabriken, sondern Handwerksbetriebe, beide unter einem Dach. Die Holzgehäuse für Opera-Boxen liefert ein Möbelbauer. Vier bis sechs Mitarbeiter schrauben in die stattlichen Gehäuse die Lautsprecherchassis, Frequenzweiche und Anschlussfeld. Sie haben Zeit, sorgfältig zu sein. Sobald die Boxen fertiggebaut sind, schiebt sie ein Mitarbeiter ins Testlabor. Dort werden sie über Nacht gemessen. Immer paarweise – sowohl Hölzer als auch elektronische Bauteile sind schon vor dem Zusammenbau miteinander verheiratet, damit sie so gleich wie möglich aussehen und tönen.

Ein Rüffel vom Chef

Auch bei Unison ist Hektik eher unbekannt. Krieger beobachtet, wie eine Mitarbeiterin so liebevoll wie langsam die aus Metall gestanzten Buchstaben „U“ und „R“ auf ein Echtholzplättchen zum Firmenlogo zusammenpuzzelt, um es an die Verstärker (Unison Research) zu kleben. Er regt beim Chef Gianni Sacchetti an, sich das zu sparen. Krieger bereut seinen Auftritt als kostensparender Rationalist noch heute. Er fängt sich eine moralische Zurechtweisung ein: „Die Frau hat zwei Kinder und arbeitet für uns. Das ist gut so.“

Die Italiener sagen Krieger zu, dass Opera eine Box mit seinem Know-how – zunächst versuchsweise – unter dem Unison-Label baut. Denn sie soll den Charakter von Unison treffen, Opera hört sich anders an.

Wenig später schickt der Riedenburger den ersten Prototyp nach Italien zur Begutachtung und hört – nichts. Mehr als einen Monat lang keine Reaktion. Im März der erlösende Anruf: Ja, wir bauen die Box. Sie heißt Unison Max-1. Sehr zu Kriegers Leidwesen. „Simply Musica“ will er sie genannt haben. Die Italiener bescheren ihm augenzwinkernd: Die Box heiße nicht so wie der Schöpfer Max Krieger, der Name stehe vielmehr für „Maximal“, wegen des Wirkungsgrads.

Krieger tüftelt weiter, optimiert, alles nach Gehör. Und er trifft per Zufall einen Regensburger Spezialisten für Frequenzweichenteile, Harald Tschentscher. Gemeinsam finden sie neue technische Lösungen für dieses entscheidende Bauteil, das Krieger so erklärt: Die Bauteile einer Box kauf ich ein, aber das aufeinander Abstimmen ist entscheidend. Wie beim Kochen das Abschmecken.“ Irgendwann im Frühsommer schmeckt es ihm gut.

„Live“ klingen ist schwierig

Zu den Feiern für sein 30-jähriges Firmenbestehen im Oktober 2014 sollen 30 Paare fertig sein. Zum Preis von je knapp unter 4000 Euro. Opera liefert die 30 Paare – einige Tage zu spät für die Eröffnung der Kriegerschen Jubiläumsfeiern. Aber dann: Vier Paare gehen gleich an einem Tag weg, bis heute sind es 16. Das ist viel. Hochwertiges Hifi kaufen Enthusiasten.

Die Max-1 ist als spezieller Schallwandler angelegt, unverblümt, schonungslos. „Klingt wie Live-Musik“ – das behaupten viele Hersteller von ihren Boxen. Den allerwenigsten gelingt es, und die meisten stimmen sie erst gar nicht so ab. Denn „live“ tönende Lautsprecher strengen an. Sie schieben sich in den Vordergrund und können stören, falls sie nur einen dezenten Tonteppich liefern sollen. Doch Hintergrundgedudel ist nicht Kriegers Idee von Musik hören.

Die tonale Freude soll sich auch bei leisem Spielen einstellen. Sehr viele große und teure Tonwandler machen nur laut einen Heidenspaß. „Bei Zimmerlautstärke sind sie wie tot, als hätte man eine Decke über sie gelegt“, sagt der Audio-Experte.

All dieses Wissen hat er in die Max-1 gesteckt. Nach den ersten Takten von Diana Krall die erlösende Erkenntnis: Sie ist noch besser als der Prototyp, hat in Italien klanglich eine zusätzliche Benimmschule erfahren: „Die Instrumente, die Stimme – alles steht blitzblank da.“