Interview zum Saisonstart
Eisbären-Trainer Max Kaltenhauser und der „blanke Realismus“

12.09.2023 | Stand 12.09.2023, 14:16 Uhr

Eisbären-Trainer Max Kaltenhauser Foto: Andreas Nickl

Eisbären-Trainer Max Kaltenhauser spricht vor dem Saisonstart am Freitag in Freiburg in die DEL 2 über die Liga, die Einheimischen und außergewöhnliche vier Jahre.



Laut Prognose des Fachblatts „Eishockey News“ sind die Eisbären ein „Playoff-Aspirant“. Wie sehen Sie das?
Max Kaltenhauser: Aspirant bedeutet ja nicht viel. Letztes Jahr haben uns alle auf den letzten Platz getippt, heuer sollen wir Playoff-Aspirant sein. Das beeinflusst unsere Arbeit aber nicht, wie andere etwas einschätzen. Fakt ist, dass uns keiner mehr unterschätzt, was vorige Saison ein Bonus und heuer folglich ein Malus ist. Aber egal, was wo drinsteht, und auch, wenn‘s langweilig klingt: Für mich ist einfach die beste Vorgehensweise und Maßgabe, dass wir uns voll aufs nächste Spiel konzentrieren und dann schauen, was rauskommt. Die Marschroute hat uns immer stark gemacht und die behalten wir auch bei.

Wobei das natürlich jeder gerne täte, aber nicht jeder schafft.
Kaltenhauser: Klar sagen wir nicht, dass wir nicht in die Playoffs wollen. Wenn wir das schaffen würden, wäre das für uns wieder wie eine Meisterschaft anzusehen. Und es zeigt sich halt wieder: Die Mannschaften, die in der Tabelle um uns herumlagen, sind einfach stark. Deswegen sage ich gebetsmühlenartig, dass das kein Understatement ist, sondern nur blanker Realismus.

Zur Vorbereitung: Die verlief ohne Baustelle, oder?
Kaltenhauser: Klar müssen wir uns in allen Teilen noch verbessern und dürfen uns nicht in trügerischer Sicherheit wiegen. Wir müssen alles voll parat haben, wenn es losgeht. Es ist zwar nur Vorbereitung, aber logisch ist es mir lieber, als hätten wir dies und jenes überhaupt noch nicht gezeigt. Das war nicht der Fall, deshalb bin ich zufrieden. Aber wenn man denkt, das klappt jetzt dann schon ab Freitag, dann klappt es nicht. Wir müssen Vollgas bereit sein.

Wie es aussieht, ist die zweite Liga noch stärker geworden?
Kaltenhauser: Vor allem ist sie wohl noch enger zusammengerückt. So genau befasse ich mich damit nicht, aber die Spitzenteams haben sich meiner Meinung nach nicht so signifikant verstärkt, wie das Mannschaften getan haben, die unten waren. Ich könnte vorsichtig prognostizieren, dass es eben enger zusammengerückt ist. Zumindest, wenn man aufs Papier schaut oder die Ergebnisse der Vorbereitung heranzieht. Aber auch das wird sich erst noch zeigen. Und wir haben letzte Saison ja sowas von alles rausgeholt, dass wir die Verstärkungen gebraucht haben, weil es auf Dauer so sicher nicht gutgegangen wäre.

Welche Rolle spielt, dass im Kader mit Jakob Weber, Korbinian Schütz oder Christoph Schmidt gebürtige Regensburger sind?
Kaltenhauser: Deswegen betreiben wir Nachwuchsarbeit. Deswegen schauen wir uns U-20-Spiele an, deswegen trainieren immer wieder U-20-Spieler mit. Klar war es bei einem Schmidt oder Lukas Wagner in der Oberliga leichter, sie einzubauen, als das jetzt der Fall ist. Aber natürlich schauen wir, wenn einer da ist, der es schaffen kann und er auch keine Flausen im Kopf hat – auch das gibt‘s – weiterhin Leute einzubauen. Bei einer 50:50-Entscheidung wird man den Einheimischen platzieren. Aber wir sind ein Profiteam: Wenn‘s 51:49 ist, muss man sich auch mal gegen jemanden entscheiden. Dass wir versuchen, den Nachwuchs zu forcieren, sieht man ja auch: Die halbe Verteidigung hat den Nachwuchs durchlaufen – und jetzt sind sie gute, gestandene Spieler.

Es steht bald Spiel 200 der Trainer-Ära Kaltenhauser ins Haus.
Kaltenhauser: Ich weiß sowas immer gar nicht. 200 Spiele am Stück bei einem Klub ist sicher nicht wenig und nichts Schlechtes. Auch vier Jahre bei einem Klub sind nicht üblich. Aber viele Gedanken mache ich mir darüber nicht. Es ist toll, so lange da zu sein. Ich habe ja auch noch bissl Vertrag (bis 2026, d. Red.), hoffe, dass es sich so weiterentwickelt und es macht nach wie vor Spaß mit den Jungs. Es ist wieder eine gute Gemeinschaft. Wobei sich das ja erst zeigt, wenn Stürme kommen.

Außergewöhnlicherweise gab es noch keinen einzigen Kaltenhauser-Sturm?
Kaltenhauser: Obwohl das in der heutigen Zeit ja noch schneller geht. Aber wir haben auch wenig Anlass gegeben. Mich hat aber schon als Spieler gestört, dass eine realistische Betrachtungsweise häufig gefehlt hat, dass oft nichts wert ist, was du vorher geleistet hast. Aber auch das haben bei uns die Fans ja gut eingeordnet. Grundsätzlich bin ich keiner, der sich an der Vergangenheit ergötzt. Mich interessiert mehr der Moment. Im Sommer denkt man zwar schon mal, dass es schön ist, was wir erreicht haben. Aber im nächsten Anlauf kommt sofort: Du muss schauen, dass es weitergeht. Ich schaue generell eher nach vorne als zurück.

Bald feiert auch der Trainer Jubiläum

200: Läuft alles wie im DEL-2-Spielplan offiziell angesetzt, dann steht auch dem 42-jährigen Eisbären-Trainer Max Kaltenhauser, der seit November 2019 im Amt ist, bald ein Jubiläum ins Haus. Das Heimduell am 16. Spieltag gegen den DEL-Absteiger Bietigheim (3. November) wird dann Spiel Nummer 200 in Kaltenhausers Verantwortung in Regensburg.

Bilanz: 122 Siege – immer noch eine Zwei-Drittel-Quote (66,3 Prozent) – stehen bei jetzt 62 Niederlagen unter Kaltenhausers Regie in der Statistik. Im Vorjahr gab es in der DEL 2 (naturgemäß) erstmals mehr Niederlagen (29) als Siege (23). Funfact am Rande: 22/23 wurden alle drei Partien, die im Penaltyschießen entschieden wurden, auch gewonnen.