Vorermittlungen
Grünthal: Polizisten bleiben im Dienst

Die Staatsanwaltschaft sieht nach dem Tod eines 31-Jährigen noch immer keinen Grund, gegen die Beamten zu ermitteln.

04.04.2022 | Stand 15.09.2023, 6:11 Uhr
Nach wie vor ungeklärt ist, warum ein Regensburger während eines Polizeieinsatzes starb. −Foto: Vifogra

Die Staatsanwaltschaft sieht nach dem Tod von Daniel S. weiterhin keinen Grund, Ermittlungen gegen Polizeibeamte einzuleiten. Auch das Ergebnis der zweiten Obduktion änderte daran nichts. Das Polizeipräsidium Oberpfalz ließ über die Staatsanwaltschaft mitteilen, dass auch „bislang keine disziplinarischen Maßnahmen getroffen wurden“. Die beteiligten Beamten - die Staatsanwaltschaft spricht von insgesamt vier - sind also weiter im Dienst.

Wie berichtet, nahm die Polizei den 31-jährigen Daniel S., der an Schizophrenie litt, am 20. März fest. Ein Passant hatte ihn am frühen Abend bei Grünthal (Landkreis Regensburg) angesprochen, weil er gezündelt haben soll. Daraufhin soll Daniel S. den Passanten am Kopf verletzt haben. Polizisten, die daraufhin verständigt wurden, versuchten, S. festzunehmen. Dabei starb er. Woran, das ist bis heute unklar.

Spender ermöglichte zweite Obduktion

Eine von der Staatsanwaltschaft veranlasste Obduktion des Leichnams durch die Rechtsmedizin Erlangen führte bisher zu keinem abschließenden Ergebnis. Die Staatsanwaltschaft teilte lediglich mit, dass an dem Leichnam „keine Anzeichen intensiver Gewaltanwendung“ feststellbar gewesen seien - mit Ausnahme von Haltespuren an den Armen. Die Familie des Toten hatte über ihren Rechtsanwalt Philipp Pruy daraufhin eine zweite Obduktion beantragt, die von der Staatsanwaltschaft aber abgelehnt wurde. Erst ein Spender, der anonym bleiben möchte, machte eine zweite Untersuchung des Leichnams möglich.

Der 52-Jährige aus Nordrhein-Westfalen beglich einen Teil der 1800 Euro an Kosten für die neuerliche Obduktion plus Transport der Leiche und Computertomographie. Die insgesamt 3000 Euro hätte sich die in einfachen Verhältnissen lebende Familie nicht leisten können.

Am Freitag war der Leichnam ein zweites Mal, diesmal an der Rechtsmedizin der Ludwig-Maximilian-Universität München, obduziert worden. Dort teilte man mit, die Leiche weise Spuren auf, die auf Stauungsblutungen zurückzuführen seien. „Laut Aussage des Obduzenten ist es nahezu ausgeschlossen, dass diese Einblutungen im Rahmen der Reanimationsversuche entstanden seien“, schrieb Anwalt Pruy an die Staatsanwaltschaft.

Der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Thomas Rauscher, sieht aber keine Widersprüche der beiden Obduktionsergebnisse. Auch die Erlanger Rechtsmediziner hätten schließlich Einblutungen festgestellt. „Hierbei handelt es sich um einen von insgesamt 15 in der Zusammenfassung des Gutachtens festgestellten Befunde, wobei einige dieser Befunde möglicherweise, zusammen mit den bereits beauftragten weiteren Untersuchungen, Rückschlüsse auf die Todesursache zulassen könnten“, sagte Rauscher. Die Rechtsmedizin Erlangen konnte nämlich bislang „aus keinem der festgestellten Teilbefunde sicher auf die Todesursache schließen. Zu diesem Ergebnis soll auch die Rechtsmedizin München gelangt sein“, so der Oberstaatsanwalt.

Laut Rauscher wird man sich das schriftliche Gutachten aus München allerdings genauer ansehen. „Da es sich hierbei um ein potenzielles Beweismittel handelt, wird es selbstredend beigezogen.“ Erst wenn das Protokoll vorliege, könne abgeglichen werden, „ob überhaupt Abweichungen zur Obduktion durch die Rechtsmedizin Erlangen vorliegen und ob hieraus Folgen zu ziehen sind“.

Dass sich die Staatsanwaltschaft öffentlich auf einen Zeugen der Festnahme berief, noch bevor die beteiligten Polizeibeamten vernommen wurden, findet Rauscher nicht ungewöhnlich. „Mir ist keine Stellungnahme meinerseits erinnerlich, wonach die Festnahme des Verstorbenen ohne Gewalt erfolgt sei. Selbstredend wurde, auch nach der Aussage der eingesetzten Beamten selbst, unmittelbarer Zwang angewandt“, sagte der Oberstaatsanwalt.

Rauscher zitierte den Zeugen. Dieser habe angegeben, dass die Festnahme etwa drei Minuten gedauert habe. Keiner der Polizeibeamten habe auf dem Festgenommenen gekniet. Der Zeuge habe die Festnahme als „professionell“ bezeichnet, „wobei nicht bekannt ist, welchen Beruf der Zeuge früher ausgeübt hat“, räumte Rauscher ein.