Geburtstag
„Ich will noch was angreifen!“

Josef Rädlinger, Seniorchef des gleichnamigen Chamer Unternehmens, feiert seinen 80. – so recht glauben mag man das nicht.

17.05.2018 | Stand 16.09.2023, 6:13 Uhr

So als gäbe es kein Altern: Josef Rädlinger, der am Freitag 80 wird, steht am Dienstag vor neuen Baumaschinen, deren Kauf er immer noch betreut. Das Bild hätte auch vor zehn oder 15 Jahren so aufgenommen werden können. Er fühle sich nicht wie 80, sagt er – man glaubt es ihm. Fotos: Klöckner

Arbeiten hält jung und fit. Das muss in mancher Familie ein genetisch verankertes Gesetz sein – etwa in der von Josef Rädlinger. Der wird am Freitag seinen 80. Geburtstag feiern – aber augenscheinlich nur auf dem Papier. Biologisch muss der Mann, der da hemdsärmelig mit einem breiten Lächeln aus dem Aufzug steigt, jünger sein. „Ich fühle mich nicht wie 80!“, bestätigt er gleich, er sei gesund und munter – und reicht dem Gast zur Begrüßung die Rechte.

Die kann als weiterer Beweis für die Arbeit herhalten – breit und gegerbt von manchem Schaufelstiel greift sie zu. Kaum im Aufzug auf dem Weg in sein Eckbüro mit dem Weitblick auf sein Lebenswerk und auf die Heimat, rechnet Rädlinger vor, was für ihn Arbeit in Hochphasen bedeutete. Er habe mal durchkalkuliert für sein Leben, versichert er – und sei auf 15 Stunden Arbeit fürs Unternehmen gekommen, tagtäglich – „gerechnet auf eine Siebentagewoche.“

Wie früher geschaltet wurde ...

Das heißt nicht, dass Josef Rädlinger heute im Sessel sitzt und Däumchen dreht. Noch immer engagiert er sich für seine Firma, betreut das, was ihm immer besonders Spaß gemacht hat: den Fuhrpark. Dass es ihm vor allem aufs Bewegen der Baugiganten ankommt, zeigt er anschaulich, als die Rede auf seinen ersten Lastwagen kommt. Er rollt einen Meter vom Schreibtisch zurück, nimmt in Gedanken das große Lenkrad in die Hand und zeigt, wie damals mit Wucht die Gänge gefunden wurden – „geschaltet wurde immer mit Zwischengas“, sagt er, drückt dabei die imaginäre Kupplung und mit rechts das Gaspedal des Magirus Saturn. „Ich weiß noch immer alles, was in der Firma passiert“, betont er – aber er mische sich nicht mehr ins operative Geschäft des Bauunternehmens ein, seit er die Firma 2011 an seinen Sohn übergeben habe. Er wolle die Nachfolger nicht bremsen, auch wenn er seine Meinung in den Gesprächen sage: „Die Jugend hat andere Ideen, die schaukeln das schon!“

Auch wenn das Kürzel JR in orange auf blauem Grund an den Bösewicht aus Dallas erinnert – der Firmenchef weist Vorwürfe vehement zurück, ein Rädlinger dürfe sich in Cham alles erlauben. Zuletzt hörte man solche Bemerkungen etwa bei der Diskussion um den Neubau am Kloster oder bei der Pferdekoppel am Friedhof. Ärgern tut ihn das Gerede heute nicht mehr: „Das ist so überhaupt nicht wahr! Irgendwann muss man aber darüber hinwegsehen und es den Leuten nicht krumm nehmen“, sagt er.

Dass er die Bodenhaftung nicht verloren hat, lässt sich aus seiner Vereinsbilanz ablesen: 14 Mal war Rädlinger Schirmherr bei großen Festen, unterstützt die örtlichen Vereine, wo möglich. Sein Unternehmen sieht er weiter als Familienunternehmen, auch wenn die Firmengruppe Rädlinger mittlerweile 1800 Mitarbeiter zählt und den Jahresumsatz aktuell auf über 300 Millionen Euro geschraubt hat. Sparsam seien er und seine Frau Monika trotz aller Möglichkeiten bis heute, bekräftigt der 79-Jährige.

Von Beginn an, 1963, war es seine Frau, die die Buchhaltung der Firma im Griff gehabt habe. Das sei auch weiter so gewesen, als nach und nach die vier Kinder dazu kamen. Auch die wurden sparsam erzogen, schildert der Seniorchef – „für die Brezen in der Schulpause gab es morgens von meiner Frau für jeden zwei Groschen, abgezählt auf den Küchentisch“ – die Kinder hätten oft gemurrt. Andere hätten Scheine dabei – doch die Mutter sei hart geblieben. Nur bei Schulausflügen, etwa zum Lamberg gegenüber, habe es mal „weißes Geld“ gegeben, wie es bei Rädlingers hieß, etwa ein Zwei-Mark-Stück.

Keine Jacht und kein Flugzeug

„Ich habe keine Jacht, wie andere, oder ein Flugzeug – das brauche ich nicht!“ Auch keine Kreuzfahrten im Luxus oder Weltreisen. Er sei glücklich und zufrieden, erfreue sich an dem, was er aus dem Fenster sehe – „hier habe ich vor, auch einmal abzuleben!“

Und auch sein jahrzehntelanger Einsatz in der Kommunalpolitik, als Chamer Stadtrat, hat ihn am Boden gehalten. Dass er bei den Architektenentwurf bevorzugte, daraus macht er keinen Hehl. Einen, bei dem die Halle seiner Meinung nach funktionaler gewesen wäre, als der jetzt verwirklichte. Er empfindet die neue Halle als zu großen Kasten. Und auch an die einmal vereinbarte finanzielle Höchstgrenze erinnert er: „Damals sollten 15 Millionen das Maximum sein!“ Doch in der Abstimmung habe er dafür gestimmt, damit Cham endlich eine Halle kommt. Dennoch ist er mit der Stadtpolitik und der Bürgermeisterin hochzufrieden: „Die macht ihre Sache gut!“

Gefeiert wird auch an diesem Freitag – im „Stammlokal“ der Familie Rädlinger, im Restorante da Salvatore in Cham – im „kleinen Kreis“ mit 100 Gästen. Und die Wünsche? „Ich will noch was angreifen ...!“, so die Antwort. Wo, will er für sich behalten – und lacht verschmitzt.

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