Geschichte
Im Mittelalter wurde grausam gefoltert

Neustädter Schüler besichtigten die einzige original erhaltene Fragstatt Deutschlands unter dem alten Regensburger Rathaus.

26.07.2012 | Stand 16.09.2023, 21:01 Uhr

Stadtführer Robert Ebner erklärt die Funktion des Prangers und der Halsgeigen. Foto: Kühnl-Ashta

Die Mühlen der Justiz mahlen langsam, und ohne den Leser auf die Folter spannen oder vielleicht die Daumenschrauben anlegen zu wollen, sei zu Beginn dieses Berichtes darauf hingewiesen, dass viele heute noch gebräuchlichen Redewendungen ihren Ursprung auch in der Rechtsprechung des Mittelalters haben.

Es gab auch Ehrenstrafen

Mit diesem Wissen ließ sich die Klasse 9a der Anton-Balster-Mittelschule Neustadt von Stadtführer Robert Ebner in Regensburg informieren. Er führte die Gruppe durch ein Seitentor des alten Rathauses zunächst in die Wachkammern und den Vorplatz zur einzigen original erhaltenen Fragstatt Deutschlands. Grundsätzlich unterschied man im Mittelalter zwischen Ehrenstrafen und Strafen für Kapitalverbrechen. Zu den Ehrenstrafen zählten unter anderem der Pranger und die Halsgeige. Solche Strafen wurden beispielsweise für eine Beschimpfung, Verleumdung, Streit- und Trunksucht, kleinere Diebstähle, Falschspiel, Betrug oder Verstoß gegen eine Kleiderordnung verhängt. Eine Person, die bis zu drei Tagen am Pranger stehen oder eine Halsgeige tragen musste, konnte durch Passanten ausgelacht, verprügelt und misshandelt werden, ohne dass diese eine Strafverfolgung zu befürchten hatten. Redewendungen wie jemanden an den Pranger stellen, jemandem etwas anhängen (Zettel mit den Missetaten) oder mit Haut und Haaren (Prügel, Scheren der Haare) gehen auf Ehrenstrafen zurück.

Im Gegensatz zu heute, wo auch ein Indizienbeweis für eine Verurteilung genügt, benötigte im Mittelalter der Richter für Kapitalverbrechen wie Raub, Brandstiftung, Vergewaltigung, Hexerei oder Mord mindestens zwei Zeugen oder ein Geständnis vom Beschuldigten, das auch durch die Folter erzwungen werden konnte.

Die Schüler waren betroffen, mit wie viel Einfallsreichtum und Grausamkeit Foltermethoden und -instrumente entwickelt wurden. Ausführlich beschrieb Robert Ebner Methoden des „peinlichen Verhörs“, zu denen die Streckleiter, die Streckbank und der Streckgalgen gehörten. Beispielsweise zog der Folterknecht den Delinquenten auf der vier Meter langen Streckleiter mit dem Rücken über vier bewegliche Dreikanthölzer auf und ab. Diese Tortur konnte durch Brennen unter den Achselhöhlen noch verschärft werden. Bei einer oft angewendeten Methode befestigte man den Gefangenen mit auf dem Rücken zusammengebundenen Händen am Streckgalgen und zog ihn mit Hilfe von Winden nach oben. Oft wurden auch noch Steingewichte an seine Füße gehängt.

Lochgefängnisse 3,10 Meter tief

Besonders beeindruckte die Schüler der „spanische Esel“. Auf einem aufgerichteten Holzbrett mit scharfer Oberkante musste der Beklagte rittlings sitzen. Steingewichte an den Füßen zogen seinen Körper nach unten, was zu erheblichen Verletzungen des Unterleibes führte. Die Fragherren saßen zu ihrem Schutz hinter einem Holzgitter und protokollierten das Verhör.

Die Schwerverbrecher (Malefizpersonen) konnten bis zu zwei Wochen eingesperrt und mehrmals gefoltert werden. In Regensburg sind die sogenannten Lochgefängnisse 3,10 Meter tief und durch schwere Eisengitter und drei Schlösser gesichert. Wer zum Tode verurteilt worden war, verbrachte seine letzten Stunden im Richtstübel, auch Armesünderstube genannt. Der spärlich eingerichtete Raum bot eine Milderung der Haft durch die Möglichkeit zum Sitzen und einer Laufschiene für die Kette, die ein bescheidenes Maß an Bewegung ermöglichte. Hier bekam der Verurteilte auch seine Henkersmahlzeit und konnte noch einmal Besuch von Verwandten oder Freunden empfangen. Öffentliche Hinrichtungen mit dem Schwert oder das Rädern erfolgten öffentlich. Redensarten wie jemanden über die Klinge springen lassen oder sich wie gerädert fühlen erinnern daran.