Rechtsserie
Jobangebote: Diese Fettnäpfchen lauern

Klar, Stellenanzeigen sollten originell sein. Doch viele Formulierungen können ungewollt kränkend sein – und teuer werden.

19.03.2021 | Stand 16.09.2023, 3:40 Uhr
Georg Kuchenreuter
Wenn es um Diskriminierung in Stellenanzeigen geht, kennt das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) kein Pardon, weiß unser Experte. Eine falsche Formulierung – und schon droht eine Klage. −Foto: Martina Rathke/picture alliance/dpa

Zeitungsanzeigen mit Stellenangeboten begegnen uns fast tagtäglich, häufig in den Wochenendausgaben. Die Firmen, die Stellen anbieten, sind sich oft nicht der Gefahr bewusst, die fehlerhafte Stellenangebote zur Folge haben können.

Die nach § 1 AGG festgelegten Benachteiligungsverbote wegen der Rasse oder der ethischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität sind gemäß § 6 Abs. 1 AGG vom Arbeitgeber bereits im Bewerbungsverfahren zu beachten. Nach § 11 AGG darf ein Arbeitsplatz nicht unter Verstoß gegen § 7 Abs. 1 AGG ausgeschrieben werden. § 7 Abs. 1 AGG regelt, dass eine Benachteiligung nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes erfolgen darf und dass dies auch dann gilt, wenn der potenzielle Arbeitgeber nur annimmt, dass eine solche Benachteiligung vorliegen könnte. Verletzt der potenzielle Arbeitgeber solche Benachteiligungsverbote, kann der potenzielle Arbeitnehmer Schadenersatz fordern, wenn er bei der Stellenbesetzung nicht berücksichtigt wird und eine Benachteiligung gegeben war.

Altersspezifische oder nicht-genderneutrale Formulierungen können viel Geld kosten

Von Bedeutung sind hier die geschlechterneutrale Stellenausschreibung und die altersunabhängige Stellenausschreibung. Gerade hier entstehen häufig Fehler, die der Arbeitgeber im Nachhinein nur noch durch Schadensersatzzahlungen ausgleichen kann.

Das LAG Nürnberg hat in einer aktuellen Entscheidung vom 27. Mai 2020, Az. 2 Sa 1/2020, dem potenziellen Stellenbewerber Schadenersatz in Höhe von zwei Monatsgehältern, insgesamt rund 6700 Euro, zugesprochen. Der potenzielle Arbeitgeber hatte in seiner Stellenanzeige eine „zukunftsorientierte, kreative Mitarbeit in einem jungen, hochmotivierten Team“ beschrieben. Der Kläger, ein 61-jähriger Bewerber auf diese Stelle, wurde nicht genommen. Er sah sich durch die Formulierung „junges, hochmotiviertes Team“ wegen seines Alters diskriminiert.

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Georg Kuchenreuter ist Anwalt in der Chamer Kanzlei am Steinmarkt, Kuchenreuter, Dr. Stangl, Alt PartGmbB.Kuchenreuter ist Fachanwalt für Familienrecht und Arbeitsrecht sowie Mediator. Vertiefende Informationen finden sich auf der Homepage der Kanzlei.Kanzlei am Steinmarkt, 93413 Cham, Telefon (0 99 71)8 54 00, E-Mail info@kanzlei-am-steinmarkt.de, Internetadresse www.kanzlei-am-steinmarkt.de

Vorsicht, Falle: Schon Begriffe wie „junges, motiviertes Team“ oder „dynamisch“ sind problematisch

Das Gericht ging davon aus, dass die Formulierung in der Stellenanzeige vermuten lässt, dass der Kläger wegen seines Alters nicht eingestellt wurde. Die Formulierung, wonach Bewerbern ein „junges hochmotiviertes Team“ geboten wird, bewirkt eine unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters, § 3 Abs. 1 AGG. Die Begriffe „jung“ und „hochmotiviert“ beschreiben Eigenschaften, die im Allgemeinen eher jüngeren als älteren Menschen zugeschrieben werden. Der Begriff „hochmotiviert“ ist zudem vergleichbar mit dem Begriff „dynamisch“. Dadurch wird die Botschaft vermittelt, dass die Mitglieder des Teams jung und deshalb hochmotiviert sind. Zudem kann die Formulierung nur so verstanden werden, dass der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer sucht, der in das Team passt, weil er ebenfalls jung und hochmotiviert ist wie die Mitglieder des vorhandenen Teams.

Arbeitgeber ist in der Beweispflicht

Nach § 22 AGG muss im Streitfall der Arbeitgeber beweisen, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligungen vorgelegen hat. Dieser Beweis ist kaum zu führen und konnte im vorliegenden Fall auch nicht geführt werden. Deshalb würde der potenzielle Arbeitgeber zum Schadenersatz verurteilt. Allerdings konnte der Kläger im vorliegenden Fall nicht darlegen, dass er ohne diese Benachteiligung die Stelle bekommen hätte; deshalb hat er nicht drei, sondern nur zwei Monatsgehälter als Entschädigung erhalten.

Dieses Urteil zeigt, dass Arbeitgeber gut beraten sind, den Text ihrer Stellenanzeige zwar durchaus originell und ausgefallen zu formulieren, um potenzielle Bewerber zu einer Bewerbung zu animieren, dabei aber den rechtlichen Rahmen einhalten, den das Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vorgibt.