Leidenschaft
„Man muss sich Nischen suchen“

Die 130 Kühe vom Almenhof bekommen Pflege mit Auszeichnung: Andreas Graf ist der beste Landwirtschaftsmeister in ganz Bayern.

30.01.2016 | Stand 16.09.2023, 6:49 Uhr
Andreas Graf vom Almenhof in Maxhütte-Haidhof ist aus Überzeugung Landwirt geworden. Seine Meisterprüfung legte der 28-Jährige im vergangen Jahr als Bester in ganz Bayern ab. −Foto: Baumgarten

Ein kleiner Klaps und immer wieder „Geh‘ ma, komm“. Als das Licht im großen Laufstall angeht, erheben sich die Kühe langsam. Es ist Freitagmorgen, kurz nach 5 Uhr – es kehrt Leben ein auf dem Almenhof im Maxhütter Ortsteil Pirkensee. Der Arbeitstag von Andreas Graf beginnt. Das Geräusch des Schiebers, mit dem der 28-Jährige die Hinterlassenschaften seiner 130 Milchkühe beseitigt, bewegt auch die letzten Tiere zum Aufstehen. Sie wissen, was zu tun ist: Es geht erst zum Melken, danach gibt es frisches Futter …

Dann wird es kurz stiller. Während Andreas Graf in den Boxen Strohmehl verteilt, „zapft“ Schwiegervater Erhard Zimmermann im Stall nebenan das wertvollste Produkt – frische Milch von den 130 Kühen, die auf dem Almenhof leben. Die Routine bei beiden ist nicht zu übersehen, jeder Handgriff sitzt. Schließlich stehen diese Aufgaben jeden Tag zweimal an. Frühmorgens, ab 5 Uhr, und am Nachmittag, um 16.45 Uhr. Bis die Tiere vom Melken zurück sind, bereitet Andreas Graf das Futter vor. Als er mit dem roten „Siloking“ in den Stall fährt, stehen die Kühe längst bereit – auch für sie alles Routine.

Der beste Absolvent in ganz Bayern

Und doch ist etwas ganz besonders: Denn der 28-Jährige ist der beste Landwirtschaftsmeister in ganz Bayern – mit einem Notenschnitt von 1,08 hat Andreas Graf seine Meisterschule abgeschlossen. Dafür erhielt der gebürtige Bubacher (am Forst) bei der Berufsbildungsmesse in Nürnberg Anfang Dezember nicht nur eine Staatsmedaille, sondern auch die Dr.-Hans-Eisenmann-Urkunde vom VLM Bayern, dem Verband landwirtschaftlicher Meister und Ausbilder. Als bester von 350 Landwirtschaftsmeistern, die im vergangenen Jahr ihre Prüfung machten.

„Landwirtschaft macht nur jemand, der überzeugt und mit Leidenschaft dabei ist“, erzählt Graf der MZ im Gespräch. Ihm ist das sozusagen in die Wiege gelegt: Mit zwei Brüdern und einer Schwester wuchs er in Bubach am Forst auf dem Bauernhof auf. „Ich wollte schon was mit Landwirtschaft machen“, sagt Graf. Nach der Schule folgt die Lehre als Landmaschinenmechaniker bei der Firma Rester in Höchensee. Zu den Kunden zählt auch Erhard Zimmermann, dessen Tochter Kristina öfters dabei ist.

Die MZ hat Andreas Graf am Freitagmorgen bei seiner täglichen Arbeit begleitet:

2007 kommen die beiden zusammen, ein Jahr später zieht der damals 21-Jährige zu seiner noch 17 Jahre jungen Freundin auf den Almenhof. „Es hat einfach gepasst“, sagen beide wie aus einem Mund. Es steht fest, dass sie die Landwirtschaft übernehmen. Für die heute 25-Jährige ist nichts dabei. „Zu schnell gegangen“, fragt Erhard Zimmermann und lacht. „Die haben lange gebraucht.“ Er hat seine Ingeborg (geborene Gröninger) nach sechs Monaten und so in den Hof geheiratet. Der 51-Jährige bildet Schwiegersohn Andreas zum Landwirt aus – mit Lehrzeitverkürzung in zwei Jahren. 2011 macht er seinen Abschluss (und wie Kristina ein Jahr vor ihm) schon unter den Besten des Jahrganges.

Dazwischen heiraten die beiden am 10. Oktober 2010. Ein Jahr darauf wird investiert: Ein neuer, größerer Laufstall soll her. Wieder ein Jahr später beginnt Andreas Graf die Meisterschule in Nabburg. Jetzt zählen neben dem Grundwissen über Böden, Tierhaltung, Recht, Pflanzenbau und Naturschutz viel tiefere Details wie Buchführung, Fütterung, Sozialkunde oder Zukunftsplanung. Andreas Graf rechnet mit „noch größerem Auf und Ab“ als bisher, hat aber sein Rezept: „Man muss sich Nischen suchen, mit denen man besser fährt.“

Almenhof-Milch gibt es bei Lidl

Eine ist das Premiumprogramm „Ein gutes Stück Heimat“. Seit 2009 kann manMilch, Butter, Joghurt, Quark und Käse vom Almenhof bei Lidl zu kaufen. Rund 55 Betriebe in der Region werden in einer eigenen Tour angefahren; abgefüllt wird in Schwarzenfeld. „Denn das ist echte Regionalität“, sagt Andreas Graf. Die Auflagen für die Betriebe werden Jahr für Jahr verschärft. Aus dem Verkauf erhaltendie beteiligten Milchbauernneben dem normalen Literpreis einen Zuschlag – abhängig vom Absatz der nur in Bayern erhältlichen Produkte.

Angst vor der Zukunft haben die Grafs keine. Mit ihren Töchtern Franziska (zweieinhalb Jahre) und Theresa (vier Monate) wohnt bereits die vierte Generation mit auf dem Almenhof – sofern sie später (dem Vorbild von Mutter und Großmutter folgend) einen guten Nachfolger finden. Einen wie Andreas Graf – der eben aus Überzeugung Landwirt geworden ist. Weil ihm die Arbeit mit den Tieren viel Spaß macht, weil er sehen kann, „was man geschafft hat“ und dem die Natur am Herzen liegt. Und weil man „sein eigener Chef ist“, betont der Familienmensch. „Und das an 365 Tagen im Jahr.“

„Nicht nur arbeiten, sondern auch leben ist meine Devise.“Landwirtschaftsmeister Andreas Graf

Der Almenhof hat mit 130 Milchkühen (der Durschnitt in Bayern liegt aktuell bei 35 Tieren) eine Größe, die „ausreicht, um davon leben zu können“. Spezialisiert auf Milchviehhaltung und eigene weibliche Nachzucht sind die richtigen Schritte getan. So bleibt ihm auch immer noch Zeit für Ehefrau Kristina und seine Kinder. „Nicht nur arbeiten, sondern auch leben ist meine Devise.“ Nur einen Wunsch hat der 28-Jährige: „Dass die Landwirtschaft wieder mehr Wertschätzung erfährt – und die Verbraucher erkennen, dass man regionale Produkte nicht nur loben, sondern auch kaufen muss.“