Tradition
Riedlhütte feiert mit dem „Glosafleisch“

Der bekannte Glasmacherort im Bayerischen Wald feiert am Sonntag sein Glosafest.

22.07.2010 | Stand 16.09.2023, 21:07 Uhr
Harry Sochor

Riedlhütte.Die Glasindustrie hat eine lange Tradition in Riedlhütte. Sogar seine Entstehung verdankt der Ort der Ansiedlung einer Glashütte im ausgehenden Mittelalter. Erst nach und nach siedelten sich die Arbeiter in der Umgebung ihres Brotgebers an, Riedl-hütte wurde zu einer stattlichen Ortschaft.

Da ist es nur logisch, dass der Höhepunkt des jährlichen Veranstaltungskalenders dem Glas gewidmet wurde: das Glosafest. Nachdem die Nachtmann-Bleikristallwerke Anfang des Jahres endgültig die Pforten geschlossen haben, hält man unter dem Motto „Jetzt erst recht!“ natürlich weiterhin an der Tradition fest – heuer am Sonntag, 25. Juli. Vereins- und Werbegemeinschaft haben sich wieder ein kurzweiliges Programm für die Besucher einfallen lassen. Zudem bietet der Nachtmann-Werksverkauf viele gläserne Schnäppchen an, erstmals findet auch eine Gewerbeschau mitten in Riedlhütte statt. Ein gern und viel frequentiertes Highlight ist einer der schönsten Flohmärkte des Bayerischen Waldes: Ab 9 Uhr gibt es entlang der Geheimrat-Frank-Straße Krims-Krams, Kunst und Krempel.

Auch das alte Handwerk wird wieder belebt: Die Besucher können beim Rechenmachen, Spinnen, Klöppeln, Korbflechten und Schnupftabakreiben zuschauen. Präsentiert wird beim diesjährigen Glosafest außerdem eine kulinarische Weltneuheit: das Glosa-fleisch, das bislang nicht die Tore der Glashütten verlassen hat. Entstanden ist die Idee im Zuge der Glaskrise. Die Unternehmer Stephan Zettl und Fritz Baumann wollen damit nach dem Aus der Glashütte den Glasmachern ein Denkmal setzen. Es sind aber nicht nur wirtschaftliche, sondern auch ideelle Gründe, welche den Fahrschulinhaber und den Metzgermeister dazu bewogen haben, dieses Projekt anzugreifen. Schließlich sind in der Region allein durch die Schließung der Firma Nachtmann 260 Arbeitsplätze vernichtet worden und eine große Zahl von Zulieferern und etwa 40 Subunternehmer in ihrer Existenz gefährdet.

Riedlhütte.Das Glosafleisch, dessen Zubereitung von den Glasmachern regelrecht zelebriert wird, entstand irgendwann während der 550-jährigen Glasmachergeschichte. Bei Festlichkeiten in den Hütten wurde es nur den so genannten Hüttenherren serviert. Der Ursprung dieser Tradition, so weiß Glasexperte Willi Steger, liegt in der um 1420 gegründeten Riedlhütte. In einer durch die Glasmasse erhitzten Schöpfkelle wurde geschnetzeltes Fleisch, gewürzt mit einer bis heute geheimen Mischung, innerhalb von kürzester Zeit gegart und kurz vor dem Servieren mit einem Schuss Bier abgeschmeckt. Meistens wurde Brot dazu gereicht, in jüngerer Vergangenheit auch Bratkartoffeln. Der ursprüngliche Name lautete wegen der Art der Zubereitung Schöpfkellenfleisch, in den vergangenen Jahrzehnten wurde daraus das Glosafleisch.

Der würzige und urbayerische Geschmack prägt dieses Gericht bis heute. In den renommierten Gasthäusern und Restaurants mit bayerischer Küche entlang der Glasstraße wird dieses Gericht entweder als deftige Brotzeit oder als vollwertiges Gericht mit Bratkartoffeln oder Folienkartoffeln serviert.

Das „Neue Produkt an der Glasstraße“ ist übrigens beim Deutschen Patent- und Markenamt in München registriert und geschützt, was ein zusätzliches Alleinstellungsmerkmal bedeutet. Selbstverständlich bleibt die verwendete Gewürzmischung bis heute geheim und wurde nur ausgewählten Personen im Glasmachervertrauen weitergegeben.

Wer dabei zuschauen möchte, wie die Zubereitung von den Glasmachern auch heute noch zelebriert wird, hat in der Schauglashütte bei Glasscherben Köck Gelegenheit dazu. In der Hauptsaison gibt es dort jeden zweiten Donnerstag ab 18 Uhr Glosafleisch und Glaskunst zu erleben. Offiziell vorgestellt wird das neue Produkt am Sonntag im Rahmen des Glosafestes.