Kultur
Roter Teppich für die Königin

Ein Gespräch mit Lisa Maria Potthoff, der gefeierten Darstellerin der „Susi“ in „Leberkäsjunkie“ im Regina-Kino.

11.08.2019 | Stand 12.10.2023, 10:20 Uhr
Helmut Hein

Lisa Maria Potthoff spielt in „Leberkäsjunkie“ die „Susi“. Foto: Bastian Gerling

Im Regina-Kino ist alles für den Staatsbesuch vorbereitet. Der rote Teppich reicht bis fast an die Frankenstraße, Absperrungen sollen den Ansturm der Fans zumindest notdürftig in halbwegs geregelte Bahnen lenken – und dann ist sie plötzlich da: Lisa Maria Potthoff. Wer meint, sie spiele in den mittlerweile einem halben Dutzend Rita-Falk-Verfilmungen als „Halb-Ex-Freundin“ des Provinz-Polizisten Franz Eberhofer (Sebastian Bezzel) nur eine größere Nebenrolle, der weiß nicht, wie subjektiv und parteiisch Wahrnehmungen sind, auch und gerade vor der Leinwand. Für die meisten Gefühls-Cinéasten ist sie „die Königin der bayerischen Provinz“. Ich habe diese hochuntertänigsten Huldigungen mit eigenen Ohren gehört und Lisa Maria Potthoff bestätigt auf Nachfrage ihre Erhebung in den Volks-Adelsstand.

Was ist der Grund der allgemeinen Begeisterung? Auch Lisa Maria Potthoff kann da nur Vermutungen anstellen. Vielleicht, meint sie, liege es daran, dass sie die Figur und ihre Fans so gut kenne, weil sie selbst „vom Land“ komme. Tatsächlich? Naja, präzisiert sie, sie sei im Münchner Umland aufgewachsen, in schönster Äquidistanz von urbanem und ländlichem Lebensgefühl. Und dann, als Jugendliche, habe es sie eine Zeitlang richtig in die „Provinz“ verschlagen. In eine Landkommune, so die freche Vermutung. Sie bestätigt das, fügt aber hinzu: „Evangelische Landjugend“.

Was den professionellen Betrachter am meisten verblüfft: dass sie die „Susi“ über die Jahre so stabil halten und sogar konsequent entwickeln kann, obwohl sie doch zwischendurch in einer Fülle anderer Rolle zu sehen ist, in denen sie ganz anders agiert. Man kennt ja selbst große Stars, die immer nur sie selbst sind, wen sie auch gerade darstellen mögen. Lisa Maria Potthoff: „Ja, es gibt Kollegen, die vor allem Wert darauf legen, dass sie eine wiedererkennbare Marke sind.“

„Vollblut“ vor der Kamera

Bei ihr ist das anders. Sie will in verschiedene Rollen-Leben hineinschlüpfen, sich ihnen anverwandeln. Und wie geht das? Lisa Maria Potthoff: „Da helfen schon Äußerlichkeiten. Ich ziehe die High Heels an, trage den roten Lippenstift auf, ruhig ein wenig fetter als sonst. Und schon spüre ich, wie die Susi in mir entsteht und sich weiterentwickelt.“ Und welche Rolle spielt da der Regisseur Ed Herzog, mit dem sie seit Jahren zusammenarbeitet? Eine gute, schöne und wichtige. „Vor allem, weil er mir und den anderen viel Raum lässt. Man kann zuerst einmal selbst anbieten.“ Das macht die Rolle authentischer, „natürlicher“.

Lisa Maria Potthoff ist ein „Vollblut“ vor der Kamera. Ein Profi zudem. Und, man glaubt es kaum, seit mehr als zwanzig Jahren im Geschäft. Wie fing es an? Bei Schauspiel München. Da war sie noch ein Teenager und verehrte ihren Chef, der ein wenig nach der Methode von Lee Straberg und seinem „Actor’s Studio“ unterrichtete. Sie mussten sich aber nicht vorstellen, wie sie sich als Stuhlbein fühlen und das dann möglichst expressiv darstellen? Sie lacht. „Das nicht. Aber es war schon herausfordernd. Die Strasberg-Methode gibt einem viel. Aber sie ist nicht ohne Risiken.“ Weil sie ja mit Erfahrungen, Empfindungen, auch den heikelsten, und den Konflikten arbeitet, die jede(r) mitbringt.

Film:Start:
„Leberkäsjunkie“ ist eine deutsche Kriminalkomödie aus dem Jahr 2019 von Ed Herzog mit Sebastian Bezzel (links, mit Autorin Rita Falk und Lisa Maria Potthoff) und Simon Schwarz in den Hauptrollen. Es ist der sechste Teil der Heimatkrimi-Filmreihe um den Polizisten Franz Eberhofer, nach den Romanen von Rita Falk. Kinostart in Deutschland war am 1. August.Am 23. Juli fand die Bayern 1-Kinopremiere als Voraufführung im Filmtheater Zwiesel statt. „Richtige“ Premiere war am 29. Juli im Mathäser-Filmpalast in München. Im neuesten Teil der Provinz-Krimi-Reihe wird Polizist Eberhofer, der sich vorwiegend von Leberkässemmeln ernährt, auf Diät gesetzt. Der Film läuft aktuell in Kinos in Regensburg, Wörth, Nittenau, Kelheim und Burglengenfeld.Weitere Nachrichten aus Bayern und der Weltfinden Sie hier!Aktuelles aus der Region und der Welt gibt es über WhatsApp direkt auf das Smartphone:www.mittelbayerische.de/whatsapp

Fast zwangsläufig kommt die Rede auf die große Zeit von New Hollywood und die wichtigen Strasberg-Schüler, die sie prägten. Wäre sie auch – weil man ja seine Figur nicht mehr nur darstellen, sondern „sein“ soll – bereit, für eine Rolle sich zehn, zwanzig, dreißig Kilo anzufressen, wie das einst Robert De Niro tat, um glaubwürdig den alternden Boxer Jake La Motta darstellen zu können (in „Raging Bull“)? Durchaus, meint Potthoff, wenn es ihr einleuchte. Als sie den skeptischen Blick bemerkt. Gerade sei sie für eine Rolle den umgekehrten Weg gegangen, habe drastisch abgenommen. Und schließlich hat auch ein „Beauty“ wie Charlize Theron, ohne Rücksicht auf ihre „Schönheit“ in den Augen der anderen, einst viel Speck angesetzt – bis sie nicht mehr so recht wiederzuerkennen war, dafür aber mit ihrer Rolle verschmolz. Überhaupt ist Lisa Maria Potthoff Schauspielerin aus Passion – und zu vielem bereit.

Für die Rollen erst mal lernen

Eben hat sie für eine Rolle, weil es sonst nur blöd aussähe, einige Kampfsportarten erlernt. Sie kann auch – noch einmal De Niro – verstehen, dass man Saxophon-Spielen lernt (damals für „New York, New York“), weil es der Zuschauer merkt, wenn der Schauspieler nur so tut, als beherrsche er das Instrument. Und auch mit Nacktheit – im Kino oder auf dem Theater – habe sie keinerlei Probleme, wenn sie nicht spekulativ sei, sondern sich aus der Rolle ergebe.

Noch eine letzte Frage, bevor die schon ungeduldig wartenden Fans zu ihrem Recht kommen: ein Selfie mit dem Star, als Erinnerung für die (halbe) Ewigkeit. Gilt immer noch, was sie einst Harald Schmidt erzählte, dass sie ein Nachrichten-Junkie sei und den „Spiegel“ von der ersten bis zur letzten Zeile verschlinge? Nicht mehr ganz, räumt sie. „Andere Dinge sind in meinem Leben wichtiger geworden.“ Welche, wenn die Frage nicht zu indiskret sei. „Viel Zeit mit der Familie verbringen, vor allem mit den beiden Kindern. Oder den Garten umgraben.“ Das klingt dann schon wieder halb nach „Actor’s Studio“: Vorbereitung für ein Leben als „Königin der bayerischen Provinz“ – mit allem, was dazugehört.

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