Geschichte
„Russenfriedhof“ am Oxenweg

Das kleine Dorf Bachl arbeitet im Leaderprojekt „Oxenhaus“ viele Aspekte seiner Vergangenheit auf. Einer ist sagenhaft.

30.10.2014 | Stand 16.09.2023, 7:13 Uhr

Einst lag Bachl an der historischen Ochsenstraße. Foto: Bayernatlas

Bachls Geschichte vereint viele unterschiedliche Aspekte: die Lage am Europäischen Oxenweg, eine alte Sage und eine verschwundene Ruhestätte zählen auch dazu.

Ein Aspekt, der im neuen Oxenhaus dokumentiert werden soll, ist die Lage Bachls an der sogenannten europäischen Ochsenstraße. Die Schreibweise mit X geht auf alte Urkunden zurück. Laut Klaus Amann vom VöF geht eine Deutung auf die römische „Augustenstraße“ zurück. Die soll über Eining nach Straubing geführt haben. Andere Historiker gehen davon aus, dass es zwischen dem 14. und 18. Jahrhundert einen florierenden Ochsenhandel zwischen Ungarn und bevölkerungsreichen Städten wie Augsburg gegeben haben soll. Als Quelle verweist Amann u.a. auf eine wissenschaftliche Arbeit aus Augsburg von 1991. Das Fleisch der großwüchsigen, ungarischen Grau-Ochsen soll trotz der 600 Kilometer langen Strecke billiger gewesen sein, als das hiesige. Herden mit bis zu 400 Tieren sollen über Österreich nach Bayern getrieben worden sein. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts soll das Ochsenfleisch zu den beliebtesten Nahrungsmitteln der reichen Bürgerschaft gezählt haben. Allein von 1572 bis 1583 seien rund 6800 Ochsen pro Jahr nach Augsburg gelangt, heißt es. Erst der 30-jährige Krieg brachte große Einschnitte. Laut Amann gibt es heute ein transnationales Projekt „Europäischer Oxenweg“. An ausgewählten Punkten entlang der Strecke soll mit Infotafeln und Wegsteinen auf den historischen Pfad aufmerksam gemacht werden. So auch in Bachl.

Die Hopfenbach-Lena

Die Heimatforscher Konrad Spreider und Johann Lankes kennen sie noch vom Schulunterricht. Die Sage von der „Hopfenbach-Lena“. Um diese rankt sich die bekannteste Sage der Region. Schulrat Hanns Haller hat sie einst in den Kelheimer Leseheften veröffentlicht. Hintergrund der Sage: In der Landschaft im Nordwesten Bachls gibt eine geologische Besonderheit. Den Hopfenbach-Einfall. Der kleine Flusslauf, der erst oberirdisch verläuft, fällt plötzlich in tiefere Gesteinsschichten ab und bahnt sich den weiteren Weg unterirdisch. Die Geschichte, die man sich erzählt, geht laut Johann Lankes folgendermaßen: An der Stelle an der der Hopfenbach einfällt, stand gemäß der Sage einmal ein großer Bauernhof. Die Lena und ihre zwei Töchter bewirtschafteten diesen. Obwohl sie sehr reich waren, stahlen sie vor der Ernte die Ährenbüschel von den Feldern der benachbarten Bauern. Als sie dies wieder einmal während eines schweren Gewitters taten, schlug der Blitz in den Hof ein und versenkte diesen im Boden. Seitdem müssen die Lena und ihre Töchter „weizen“, sprich als Geister in der Gegend umherwandern. Beim Treffen der MZ mit Konrad Spreider und Johann Lankes zeigen diese der Reporterin auch einen der Einfälle. Laut Spreider muss es mehrere geben. Im Forst zwischen Scheuern und Schambach findet sich einer. Nahe dem Marterl, das der Hopfenbach-Lena gewidmet ist

15 tote junge Männer

Im Laufe des II. Weltkriegs kamen französische, polnische, sowjetische, ukrainische und weißrussische Gefangene nach Bachl. Etwa 50 Meter nordöstlich hinter dem Lager fand sich einst der so genannte „Russenfriedhof“. Heute zeugt laut Spreider und Lankes nichts mehr davon. Alois Zwerger war in der Zeit von 1940 bis 1945 Bachls Bürgermeister. Deshalb musste er sich laut dem Buch von Johann Lankes um die letzte Ruhestätte von 15 toten russischen Kriegsgefangenen kümmern. Eine Fotografie aus der Dokumentation der Geschichte des Lagers Bachl zeigt, wie sich eine Gruppe von Flüchtlingen 1944 für ein Foto vor einem großen Kreuz aus Birkenholz postiert. Dieses war am Friedhof aufgestellt worden. Immerhin sind die Namen der Verstorbenen dokumentiert. Sie stammen alle aus der Sowjetunion. Zwischen Mai und August 1942 waren sie gestorben. Die Jüngsten erst 21 Jahre alt, der Älteste 37. Als Todesursache ist meist Tbc oder Herzschwäche angegeben. Die Sterbefälle wurden im Sterbebuch der Gemeinde hinten als Beilagen eingelegt. Nachdem 1953 eine russische Delegation den Friedhof inspizierte, wurden die sterblichen Überreste auf einen Sammelfriedhof in Neumarkt umgebettet, so Lankes. Aus anderen Lagern wisse man, dass es von jedem Gefangenen eine „Personalkarte“ gab. Wohin die aus Bachl verschwunden sind, ist unklar.