Kalender
Sie sind Heldinnen der Landwirtschaft

Sechs Kalendergirls posieren für Bayerns Jungbauern in Stall und Hof. Die Botschaft: „Wir sind jung, dynamisch und sexy.“

20.06.2018 | Stand 16.09.2023, 6:05 Uhr
Barbara (21) aus dem Oberallgäu posiert mit Heugabel auf dem Salzmann-Hof: Sie ist eines der Pin-up-Girls im Jungbauernkalender 2019. −Foto: Fotos: Sperb

Andreas Ganal gestaltet den Auftritt der Models, um die sich an diesem Mittwoch alles dreht, dramaturgisch geschickt und fast ein bisschen glamourös. „Und hier sind sie!“, ruft er mit weit ausholender Geste, als das gewaltige Scheunentor am Salzmann-Hof langsam aufrollt. Sechs junge Frauen treten in all ihrer kernigen Pracht ins volle Sonnenlicht, legen in weißen Blüschen und knappen Shorts ein Bein über das andere, stemmen die Hand in die Hüfte, schütteln ein bisschen das Haar. Sie strahlen aus jeder Pore. Einige Journalisten klatschen.

Ganal ist ein erprobter Agrar-Showmaster. Der Geschäftsführer der Bayerischen Jungbauernschaft kennt die Kniffe, mit denen der Verband jedes Jahr seinen neuen Kalender präsentiert. Die Fotosammlung entstaubt in der nunmehr 14. Auflage sehr erfolgreich das Image von Viehzucht und Ackerbau. „Unsere Landwirte leisten Tag für Tag großartige Arbeit. Sie sind unsere Helden des Alltags“, ruft Georg Rabl in die Runde, Vorsitzender des Verbands mit 20 000 Mitgliedern. „Unsere zauberhaften Kalendergirls transportieren das. Sie zeigen: Wir sind jung, dynamisch, sexy und zukunftsfähig.“

Mit einem Ochs zum Star in den sozialen Netzwerken

Helden, so heißt das Stichwort für den Kalender 2019. Comic-Figuren wie Superman, Wonderwomen, Thor und Wesp liefern die Inspiration für die Kalendermotive. Christian Maislinger aus Salzburg hat die Jungbäuerinnen in Hof und Stall, auf Feld und Wiese zwei Tage lang als zupackende Protagonistinnen bäuerlichen Lebens fotografiert: vor bulligen Baggern, treuherzigen Kühen, im Dämmer einer Scheune. Die Frauen wurden aus 150 Kandidatinnen gekürt. Weitere sechs Jungbäuerinnen werden in Österreich fotografiert. Der Kalender ist nämlich eine bilaterale Koproduktion.

Making-of: Eindrücke vom Shooting und der Präsentation des neuen Jungbauernkalenders sehen Sie hier.

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Man könnte sich leicht lustig machen über die Kampagne oder auf einer frauenfeindlichen Grundierung des PR-Coups herumreiten, aber das wäre nicht gerecht. Die Kalendergirls sind alle gepolstert mit Selbstbewusstsein – lauter selbstbestimmte moderne Frauen, die Motorrad fahren, Tattoos tragen oder bei der Feuerwehr engagiert sind. Und sie haben einiges auf dem Kasten.

Stefanie (27) aus der Oberpfalz zum Beispiel: Die Physiotherapeutin packte schon als Kind auf dem Hof von Oma und Opa an und steht heute ihrem Liebsten zur Seite´, einem Landwirt. Oder Erika (28) aus Unterfranken: Die Vermessungstechnikerin, die sich mit Crossfit und Mountainbike auspowert, wird den 40-Hektar-Hof der Eltern übernehmen. Oder Sina (25) aus Schwaben: Sie macht ihren Master in Agrarmanagement, praktizierte in diversen Betrieben und ist mit ihrem heiß geliebten Kumpel, einem dressierten Ochsen, ein social-media-Star. Oder Julia (20), ebenfalls Oberpfälzerin und offizielles „Kirwamoidl“ in ihrem Heimatdorf: Einen respektablen Mastrindbetrieb mit 55 Hektar Ackerbau und zwei Karpfenweihern hat sie zu ihrer Lebensaufgabe erklärt.

Den handfesten Hintergrund der Image-Kampagne erklärt Georg Fischer, der Senior-Bauer des 200 Jahre alten Salzmann-Hofs. Niedrige Erträge und hohe Auflagen machten Landwirten zu schaffen. In den Stall mit Melkroboter investierte er 2014 1,1 Millionen Euro. Die Milch der 88 Kühe aber bringt pro Liter zur Zeit 34 Cent. „Es braucht Herzblut, um Bauer zu sein. Aber es ist eine schöne Arbeit. Und du bist dein eigener Herr.“ Diese Botschaft soll der Kalender in die Welt tragen.

Pin-up für Jungbauern: Ist das nicht heikel? „Gar nicht!“, sagt Julia. „Das lief alles sehr angenehm ab. Man hat sich überhaupt nicht unbehaglich gefühlt.“ Ähnlich äußern sich andere Models. „Wir haben versucht, das Motto Superheld subtil umzusetzen“, sagt Verena Luchner von der Wiener Agentur spreitzerdrei. „Sexy Fotos, da hat jeder Fotograf etwas Bauchweh, denke ich“, sagt Christian Maislinger. „Natürliche Ausstrahlung ist wichtig. Und die Bilder sollen keinesfalls in die Playboy-Schiene abgleiten.“

Sabine Ortlieb ist zuständig für den Dress am Set. „Gar nicht so einfach: Haut zeigen und trotzdem angezogen wirken“, sagt sie. „Wir wollen auf keinen Fall diese Unterwäschegeschichte abziehen. Die Mädchen sollen sich wohlfühlen, nicht bloßgestellt, und nur so viel zeigen, wie sie möchten.

Im Oktober wird der Kalender im Münchner Hofbräuhaus präsentiert. Die Models werden Tracht tragen. In einem schönen Dirndl besteht mehr oder weniger ihr Honorar. Und in der Gaudi: „Hat Spaß gemacht“, sagt Barbara. „War total schön.“

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