Bauen
Stelzenhaus: Regensburger baute voran

München plant eine Apartmentanlage über einem Parkplatz. In kleinerem Maßstab gibt es so ein Haus schon in der Domstadt.

20.05.2016 | Stand 16.09.2023, 6:46 Uhr
Die Stadt München plant eine größere Wohnanlage auf Stelzen. Dieses Regensburger Stelzenhaus steht schon – am Rennweg. −Foto: Scheuerer

Die Stadt München lässt ihre Wohnungsbaugesellschaft in einem Pilotprojekt eine Apartmentanlage über einem Freibad-Parkplatz errichten und so den Platz für Wohnraum nutzen. Die Idee könnten sich Regensburger Bauherrn zum Vorbild nehmen, fanden Experten, die wir Ende März dazu befragten. Wie der Regensburger Architekt Martin Scheuerer nun unserer Zeitung sagte, war ein Bauherr in Regensburg mit seinem Stelzenhaus ein paar Jahre früher dran: Am Rennweg errichtete er ein Gebäude mit zwei Wohnungen über dem Parkplatz einer dort bestehenden größeren Anlage; 2010 wurde es fertig.

Das kleinere Gebäude mit etwa 250 Quadratmetern Wohnfläche schließt an das größere mit 14 Wohnungen unmittelbar an. Die Anregung kam vom Architekten, ein Regensburger Investor verwirklichte sie in der beliebten Lage im Regensburger Westen. Der Architekt betont jedoch, dass die Umsetzung der unkonventionellen Idee für die Beteiligten nicht besonders teuer war, im Gegenteil: „Der Investor bekam Wohnfläche zum Nulltarif für den Grundstücksankauf und konnte diesen Preisvorteil auch an seine Käufer beziehungsweise Mieter weitergeben.“ Bewohner und Nachbarn seien auch zufrieden, „weil sie nicht mehr den trostlosen Asphalt und den trostlosen Autoparkplatz anschauen müssen“.

„Mich hat schon länger gewundert, dass man nicht auf solche Reserven zurückgreift.“Architekt Martin Scheuerer

In München protestierten inzwischen Anwohner gegen den Plan der Stadt, die mit dem Stelzenhaus Wohnraum für anerkannte Flüchtlinge und Geringverdiener schaffen will: Das Konzept, das mehr als 110 Einzimmerwohnungen zwischen dem Bad und einem Fußballplatz vorsieht, passe nicht in eine so stark verdichtete Gegend. Es stehe der Integration der Bewohner im Weg, so dass die Ecke zum sozialen Brennpunkt werden könnte.

Scheuerer ist der Ansicht, dass eine geschickte Nutzung von Baulücken wie dem Parkplatz am Rennweg Quartiere auch aufwerten kann: „Mich hat schon länger gewundert, dass man nicht auf solche Reserven zurückgreift.“

Bebauung über den Uni-Parkplätzen?

Das hat wohl damit zu tun, dass auf einem angespannten Wohnungsmarkt wie dem Regensburger auch Standardprojekte einträglich sind – und berechenbarer, das sagten im März Scheuerers Kollegen Andreas Eckl, Vorsitzender des Architekturkreises, und Bernd Rohloff, Stadtplaner. Baureferentin Christine Schimpfermann zeigte sich damals offen für das Stelzen-Konzept. Sie sagte auch, die Bauverwaltung bräuchte für solche Vorhaben einen Partner,weil sie derzeit vorrangig Baurecht schaffen müsse. Oberbürgermeister Joachim Wolbergs will die Verwaltung prüfen lassen, ob sich die Uni-Parkplätze für das Überbauen eignen würden.

Für die Umsetzung gäbe es Vorbilder: Henner Hermanns, Architekturprofessor in Koblenz, schlug schon 2015 vor, über Parkplätzen auf dem Koblenzer Campus könnte in vier Ständerbauten auf Holz preiswerter Wohnraum entstehen. Dies mailte er unserer Zeitung. Unigebäude auf Stelzen gibt es bereits seit Jahrzehnten, wie Christoph Beckers, Architekt in Pension, der MZ erzählte. Ihm fielen sie bei einer Reise nach Rennes in der Bretagne in den 60er-Jahren auf. „Ich habe so etwa noch nie gesehen und da habe ich das fotografiert“, sagte er.