Tradition
Sterben Besenbinden und Körblflechten aus?

Röttlstöcke verschwinden ebenso wie das Handwerk. Aber Richard Groitl beherrscht es noch.

04.04.2022 | Stand 15.09.2023, 6:18 Uhr
Jakob Moro
Richard Groitl aus Katzbach ist einer der Letzten, der das Korbflechten beherrscht. −Foto: Jakob Moro

Kopfweiden sind ein Teil der oberpfälzischen Heimat. Sie sind ebenso rar geworden wie die Korbflechter und Besenbinder. Man sieht die Bäume nur noch gelegentlich, wenn man durch die Landschaft geht und die Natur genießt. Sie gehören zum charakteristischen Landschaftsbild in unserer Gegend seit Jahrhunderten. Mit den Leuten, die die jungen Zweige ernten und verarbeiten, verschwinden auch die Kopfweiden. Früher konnte kein Bauer auf die Weidenzweige verzichten. Vor den Plastikkörben waren die Weidenkörbe zu fast jeder Arbeit unentbehrlich.

Kopfweiden stellen hohe Ansprüche an die Wasserversorgung. Sie lieben es, in der vollen Sonne zu stehen. Durch das Absinken des Wasserstandes bei Flurbereinigungsmaßnahmen und Trockenlegungen, Ausweisung von Baugebieten und Straßenbauten ist die Landschaft um vieles ärmer geworden. Kopfweiden sind im zeitigen Frühjahr die ersten Farbtupfer in der Landschaft. Damit kräftige Stöcke entstehen, müssen alte Kopfbäume regelmäßig im Frühjahr geschnitten werden. Die Weidenruten wurden vor allem zum Binden und Flechten genutzt.

Mit dem Verschwinden der Kopfweiden, verschwinden auch die Steinkäuze, die auf die Kombination von Kopfweide und Grünland angewiesen sind. Andere Höhlenbrüter wie Bachstelzen, Gartenrotschwänze und Feldsperlinge, Hohltauben und Meisen verlieren mit den alten „Erlkönigen“ ihre Heimat. Kopfweiden bedürfen wie alle Bäume der Pflege. Alte Bäume gehören zurückgestutzt. Danach sind die ein- oder mehrjährigen Austriebe regelmäßig zu schneiden. Ohne großen Aufwand können diese Kleinstrukturen wieder die Landschaft und den Siedlungsraum bereichern. Werden Kopfweiden jährlich geschnitten, erhalten sie eine Form, die als „Röttl-Stöcke“ im Volksmund bekannt sind.

Auf der Suche nach einem Körbl-flechter musste die Abteilung Gartenbau im Landratsamt Cham bemüht werden. Dort kannte man noch jemand, der Körbe bindet. Richard Groitl aus Katzbach-Loibling hat das alte Handwerk von seinem Vater übernommen. Groitl war früher Berufssoldat in Cham. Heute, bald 80 Jahrealt, freut er sich, dieses Handwerk noch ausüben zu können. Richard Groitl ist passionierter Jäger, aktiver Sportschütze und Ehrenschützenmeister bei der Talschütz Katzbach-Loibling.

Die Weidenruten holt sich Groitl von den Anpflanzungen bei seinem eigenen Weiher. Sie gewährleisten aufgrund der guten Qualität eine lange Haltbarkeit seiner Korbwaren. Gerne gibt Groitl sein Wissen weiter. Er ist bei Gartenschauen vertreten und freut sich über die Resonanz der Besucher. Der Jahreslauf bestimmt die Arbeiten eines Körblflechters. Es beginnt mit dem Schneiden der Weiden. Diese dürfen nämlich nur von Ende November bis Ende Februar geschnitten werden. In der Werkstatt ist damit im Winter und Frühjahr Hochbetrieb.

Korbwaren und andere geflochtene Gefäße gehören zu den ältesten Gebrauchsgegenständen der Menschheit. In ihrer historischen Entwicklung stehen sie neben den Tongefäßen oder gehen deren Nutzung sogar zeitlich voraus. Form und Material von Geflechten sind ebenso zahlreich wie ihre Verwendungsmöglichkeiten. Neben dem Körblflechten und seinen zahlreichen Hobbys bindet Groitl auch Besen aus Birkenreisig. Ein gefragter und mittlerweile seltener Artikel. Einige Körbe und Besen aus Birkenreisig sind noch erhältlich, sagte Richard Groitl und nannte auf Nachfrage auch seine Telefonnummer (09971) 5541, unter der sich Interessenten melden können.