Wir leben in einer Zeit, in der scheinbar alles möglich ist – das gilt auch auf dem Lebensmittelsektor. Technische Hilfsmittel erleichtern die Küchenarbeit und in den Regalen der Discounter stapeln sich unüberschaubar Fertiggerichte. Mit Wasser angerührt, in der Mikrowelle erhitzt und vor laufendem Fernseher konsumiert – das erspart auch noch die Sinnfrage und gegebenenfalls lästige Tischgespräche. Um es mit Loriot zu sagen: „Man ist begeistert.“
Was würde wohl heute Veronika Bauer dazu sagen? Wir können sie leider nicht mehr befragen. Die Bauer Vroni, Jahrgang 1886, wuchs auf ihrem elterlichen Anwesen, dem Königsbauer-Hof im oberbayerischen Fletzen auf. Nach der Ausbildung zur Hauswirtschafterin im Kloster Lenggries war sie zehn Jahre Köchin und Haushälterin beim Bezirksamtmann Henning in Oberviechtach. Ab 1926 versorgte sie als Pfarrersköchin 46 Jahre lang ihren Bruder, Pfarrer Alois Bauer. Bayerische Tradition, das jahreszeitliche Angebot und das Brauchtum des Kirchenjahres prägten den Speiseplan im ehrwürdigen Pfarrhaus.
Akribisch und mit gestochener Handschrift hielt sie ab 1901 ihre Rezepte in einem kleinen Hauswirtschaftsbuch fest. So entstand im Laufe von über 70 Jahren eine wunderbare Sammlung: Passauer Osterzopf, Jakobibrot, Moare Zelten, Versoffene Äpfel, … Salbei-Mäuserl, g’schnittene Hasen, knuspriges Martiniganserl oder Suppenwuchteln… – allein die Namen klingen nach Verheißung und machen Lust auf’s Entdecken. Die Bauer Vroni – das legt die erste Sichtung nahe – liebte die schlichte Natürlichkeit der bürgerlichen Kochkunst.
Ein glücklicher Zufall hat mir dieses Rezeptbüchlein in die Hände gespielt. Und da jedes wahre Glück am Teilen hängt, gebe ich schon mal eine erste Kostprobe an die MZ-Leserinnen und -Leser weiter: Strauben.
Und so lauten die Anweisungen im Originaltext der Bauer Vroni: „Man lässt die Milch (oder Wasser) mit der Butter kochend werden. Sobald die Mischung zu kochen beginnt, den Topf vom Herd nehmen und Mehl unterrühren. Zurück auf den Herd stellen und bei schwacher Hitze mit einem Kochlöffel so lange rühren, bis sich der Teig vom Topfrand löst. Abkühlen lassen. Jetzt Zucker und Eier nach und nach geduldig unterrühren. In einer tiefen Pfanne Schmalz heiß werden lassen. Nun den Teig in eine Straubenform (Spritzform/Lochtülle 1 cm) füllen und ihn langsam in das heiße Schmalz drücken. Die Strauben müssen solange backen, bis sie auf allen Seiten hellbraun sind. Dann legt man sie auf einen Teller und überstreut sie mit Zucker (Puderzucker).“
Viel Freude beim Nachkochen!
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