Kultur
Toni Schallers Kunst wird bunt

Der Künstler aus Neustadt an der Donau geht neue Wege. Der 65-Jährige ist der Faszination der Natur erlegen.

22.08.2021 | Stand 16.09.2023, 1:10 Uhr
Toni Schaller hat die Farben entdeckt. Die Ideen für seine neuen Arbeiten hat er aus der Welt unter Wasser. −Foto: Jochen Dannenberg

Zugegeben, es ist eine abgedroschene Formulierung, wenn es über jemanden heißt: Er erfindet sich neu. Aber die Formulierung beschreibt genau das, was aktuell bei Toni Schaller aus Eining zu beobachten ist. Es werden auch keine Lkw mehr benötigt, um seine Kunstwerke aus der Werkstatt an der Donau zu ihren Standorten zu bringen.

Der Wandel in den Arbeiten könnte nicht größer sein. Präsentierte sich Toni Schaller zuletzt vor allem mit Arbeiten in der Größe von Gartenlauben, für deren Transport regelmäßig ein Autokran und ein Lastwagen benötigt wurde, so genügt jetzt ein Lieferwagen. Toni Schaller hat die Kleinheit des Lebens entdeckt, sofern man Kunstwerke in der Größe von ein mal zwei Metern für klein halten mag. Und mit einem Mal geht es bei dem gebürtigen Eininger, der in dem kleinen Dorf an der Donau sein Atelier hat, bunt zu.

Die Natur fasziniert ihn

Schaller, der einst mit LandArt-Ausstellungen bekannt wurde, an denen immer wieder namhafte deutsche Künstler teilnahmen, hat was Neues gewagt. Dass die aktuellen Arbeiten ihre Anleihen in der Natur haben, ist kein Zufall. „Der beste Künstler ist die die Natur. Das hat mich fasziniert“, sagt Schaller, „und wie einen Sog erfasst.“ Besonders hat ihn die Welt unter Wasser beeindruckt. Korallen, Tiere, das Wasser selbst und damit verbunden die Farben, die man unter Wasser erleben kann. Bunt wollte Schaller deshalb in seinen Arbeiten werden. Weg vom Einheitsweiß, die seine Arbeiten in den letzten Jahren kennzeichneten, lautete die Devise.

Möglicherweise hat dieser Wandel auch mit der Zeit zu tun, in der wir gerade leben. Die Corona-Pandemie hat das Leben gleichförmiger gemacht. Auch Künstler haben das erlebt. Mit einem Mal fanden keine Ausstellungen mehr statt, waren Galerien geschlossen und die Kunst als Meinungsträger und Ort des Austauschs war in geschlossene Räume verbannt. „Corona war eine Depression“, stellt Toni Schaller fest. „Nicht für mich, aber für viele.“

Schaller zog sich in sein Anwesen in Eining zurück und tat, was er gerne tut: eine Schallplatte hören, in Büchern blättern. Immer einen Block und ein paar Stifte griffbereit. So stieß er auf die farbenfrohen Unterwasserwelten. Die ersten Ideen für neue Arbeiten entstanden.

Es handelte sich vor allem um zweidimensionale Arbeiten. Unterwassergetier, Korallen, Algen, aber auch Wellen. Alles knallbunt. Sattes Rot wechselt mit kräftigem Gelb und Blau. Von der Arbeit „Warte-Raum“ übernahm er die Idee, die Bullaugen ausrangierter Waschmaschinen in seine Werke zu integrieren. Hinter den Bullaugen verbergen sich weitere Arbeiten und Spiegelungen.

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Schaller sieht seine neue Arbeiten auch als eine Erinnerung an das Informel. Er fixiert den Malakt selbst im Moment höchster Konzentration als Bewegungsspur im Bild oder thematisiert Farbe als Material, um sie dabei aus allen form- und gegenstandsgebundenen Bezügen freizusetzen.

19 Arbeiten sind entstanden, sie tragen einfache Namen wie „Welle in gelb“, „Welle in blau“ oder „Strukturen“. Wie immer hat Schaller vor allem mit Holz gearbeitet. Zwei Arbeiten - „La Mer“ und „Blaue Welle“ sind noch bis 31. August in der Galerie „Kunstwerk“ in Landshut zu sehen. Eine große Schau soll ab 2. Oktober in Neustadt an der Donau folgen.

Kunst zur Werkstatt

Auch hier wagt der Eininger Neues. Er stellt nicht im Krebsturm oder dem neuen Kulturhaus „Storchenwirt“ aus, sondern bei der Schreinerei Schlund an der Raffineriestraße. Das sind nicht die geheiligten Hallen der Kunst, aber es handelt sich um einen Ort, der zum Nachdenken anregen kann. Der Kontrast zwischen Werkstatt und Kunst macht‘s.

Nur einmal zuvor gab es ähnliches in Neustadt. 2014 wurde die Bayernoil-Erdölraffinerie zur Galerie. Elf Künstler aus den USA, den Niederlanden, Frankreich und Deutschland beschäftigten sich mit dem Thema Erdöl. Für „Ölspur“ wurden Materialien des Industriebetriebs zu poetischen Bäumen, Brunnen, Schlingpflanzen, absurden Industrieanlagen oder einem Wohlfühl-Tank umfunktioniert.

Vita: Ausstellungen:
Toni Schaller wurde 1956 in Eining geboren. Er lebt und arbeitet dort. Seit 1986 fertigt er Arbeiten in Holz, seit 1992 konzipiert und organisiert er Ausstellungen im Freiraum mit in- und ausländischen Künstlern.u.a. 1991 „Kunst und Natur“, Villa Augustiner München; 1992 „Restaur-Aktion“, Bildhauer Symposion, Römerkastell Eining; 1994 „Skulpturen in Legno“, Recoaro Terme (Italien); 1995 „Kunstfrühling“, Bad Wörishofen; „Art Topographie“ 95, Eining; 1998 „Art Autobahn“, Mainburg-Oberempfenbach; 2000 „Gipfelkunst“ auf dem Monte Kaolino, Hirschau; 2001 „Stadt im Fluss“, Kelheim; 2003 „check point art“, Römerkastell Eining; 2006 „Überlebensformen I und II“, Flughafen München; 2008 „Parlament der Bäume“, Arte Sella, Italien; „Pre Biennale“, Südkorea; 2010 „Peace-Tank“, Geumgang, Südkorea; 2012 „Space for gambling addict“, Ruhrbiennale Dortmund, Hohensyburg; 2013 „Beach House“, Ausstellung Sculpture by the sea, Aarhus (Dänemark).