Abschied
Trauerakt der Stadt: Regensburg verneigt sich vor Benedikt XVI.

11.01.2023 | Stand 15.09.2023, 2:07 Uhr
Pastorentochter Gertrud Maltz-Schwarzfischer sprach in ihrer Rede Ehrenbürger Benedikt XVI. den größten Respekt aus. Die Debatte über die Aberkennung der Ehrenbürgerschaft, die im Februar 2022 entbrannte, spielt heute keine Rolle mehr. −Foto: Fotos: altrofoto.de

Am Dienstagabend lud die Oberbürgermeisterin zum Trauerakt für Benedikt XVI.: Pastorentochter Gertrud Maltz-Schwarzfischer sprach in ihrer Rede Ehrenbürger Benedikt XVI. den größten Respekt aus.

Dass Joseph Ratzinger Geschichte schreiben würde, war früh klar: Mit 31 Jahren als jüngster Theologie-Professor berufen, wurde er maßgeblicher Berater von Kardinal Josef Frings beim Zweiten Vatikanischen Konzil. Welche Bedeutung er als späterer Papst Benedikt XVI. für Regensburg bekommen sollte, das war indes noch nicht klar, als er seinen Lebensmittelpunkt 1969 nach Pentling und an die Universität Regensburg verlegte. Weil er in der Domstadt Ehrenbürger war, richtete die Pastorentochter Gertrud Maltz-Schwarzfischer im Historischen Reichssaal unter dem Baldachin, mit dem einst Kaiser Matthias 1613 in die Reichsstadt einzog, einen Trauerempfang aus.

1542 traf der Rat der Stadt die Entscheidung, die Reformation einzuführen. 480 Jahre später steht der katholische Bischof Rudolf Voderholzer am Pult und vergleicht die beiden Stadtschlüssel des Regensburger Wappens mit den beiden Päpstlichen, der eine in Gold, der andere in Silber, der für die Liebe und die Lehre stehe, wie einst Joseph Ratzinger in einer Predigt erläuterte.

OB zitiert den Papst-Segen

„Urbi et orbi“, „Der Stadt und dem Erdkreis“: Mit dem Segen, den ein Papst nach seiner Wahl und immer zu Weihnachten spendet, begann Maltz-Schwarzfischer ihre Rede. Sie würdigte darin, wie begeistert viele in der Domstadt angesichts Benedikts Besuch 2006 waren: „Die Regensburger strömten an die Straßen“, sagte das Stadtoberhaupt, „sie wollten ihren Papst sehen“. Auch die vergangenen Tage in Rom beim Requiem, zu dem sie Bischof Rudolf begleitete, haben bei ihr nachhaltige Erinnerungen hinterlassen: „Die gemeinsamen Tage in Rom bleiben mir unvergesslich“, sagte die Pastorentochter im Reichssaal.

Die historische Dimension des Wirkens von Joseph Ratzinger stellte auch Uni-Präsident Udo Hebel in den Mittelpunkt seiner Rede. „Die Lehre von Gott, dem Einen und Dreieinen“ lautet der Titel der ersten Vorlesung Joseph Ratzingers. Die Uni sei immer seine „Alma Mater“ geblieben, auch anlässlich des 50. Jubiläums schrieb Ratzinger im Kloster Mater Ecclesia ein Grußwort.

„Mit Joseph Ratzinger starb der Letzte der maßgeblichen Konzilstheologen“, sagte Regensburgs Diözesanbischof Rudolf Voderholzer. Der Bischof thematisierte die berühmte Regensburger Rede Benedikts: „Sie thematisierte das große Lebensthema Benedikts“, so Voderholzer. „Die Vernunft braucht den Glauben, sonst wird sie blind. Und der Glaube braucht die Vernunft, sonst wird er fanatisch“, brachte Bischof Rudolf auch die Intention auf den Punkt, die Benedikt ohne Zweifel in seiner berühmten Rede hatte. Es war, so der Bischof weiter, „sein großes Verdienst, eine Debatte über die Vernunft in der Religion anzustoßen“. Keinen Zweifel ließ Voderholzer daran, wer das Erbe des verstorbenen Papstes verwalten wird. In der Weltpresse gab es kritische Stimmen von solchen, die dies für sich beanspruchten. „Regensburg ist das internationale Forschungszentrum für das Werk von Joseph Ratzinger – und das wird auch so bleiben“, so Voderholzer in seiner Ansprache.

„Protestanten verletzt“

Kritischere Worte für den Verstorbenen im Hinblick auf sein Verhältnis zur Evangelischen Kirche fand der evangelische Regionalbischof Klaus Stiegler. Zwar spüre man angesichts des vorangegangenen Requiems und dem Trauerakt, „welche Wirkung der emeritierte Papst in Regensburg entfaltet hat - und das war beeindruckend“. Stiegler würdigte Benedikt gegenüber der MZ auch als „großen Intellektuellen“. Doch: „Bei der Ökumene sind Chancen vertan worden.“ Besonders das Papier „Dominus Iesus“ 2000, in dem Joseph Ratzinger meinte, die Protestanten seien nicht Kirche im eigentlichen Sinn, „das hat uns auch sehr verletzt“, so Stiegler.

Unter den Trauergästen beim Requiem und im Reichssaal befanden sich zahlreiche Wegbegleiter der Brüder Ratzinger. Herbert und Monika Schmalhofer beispielsweise, unter deren Ägide im Bischofshof die Ratzingers häufig speisten, wenn der Kardinal in Regensburg war. Peter Kittel kam, der einst den Papstbesuch in Regensburg und 2011 im Eichsfeld organisierte. Der Journalist Karl Birkenseer war da, der mit zwei Büchern im Pustet-Verlag den Regensburg-Bezug dokumentierte und auch Verleger Friedrich Pustet. „Hier bin ich wirklich daheim“ heißt ein Buch Birkenseers im Pustet-Verlag. Die Oberbürgermeisterin zitierte dieses Benedikt-Wort: Sein „Daheim“, das waren Regensburg und Pentling.