Eishockey
Und am Ende gewinnt immer Russland

Legenden-WM in Straubing: Fetisow, Kasatonow und Larionow machten es wie früher. Ein paar Sonderwünsche waren zu erfüllen.

09.04.2017 | Stand 16.09.2023, 6:38 Uhr

Wie früher: Wjatscheslaw Fetisow und Pavel Bure halten den Siegerpokal. Foto: Schindler

Es dauert keine 20 Sekunden, dann schreien sie am Pulverturm auf den Rängen, was Russen beim Eishockey immer schreien, wenn sie anfeuern und begeistert sind. „Scheibu, scheibu.“ Für ein Wochenende liegt Straubing nicht nur in Niederbayern, sondern ist irgendwie ein Teil von Russland – St. Straubingsburg sozusagen. TV-Bilder gehen live nach Moskau, Legenden sind zu Gast: Das Verteidiger-Duo Wjatscheslaw Fetisow und Alexei Kasatonow sowie Stürmer Igor Larionow sind drei Spieler des vielleicht legendärsten Eishockey-Blocks aller Zeiten.

Fetisow (59) selbst hatte die Idee zu dieser neuen Legenden-Liga, die in Straubing zum zweiten Mal ihren Meister kürte.„Wir haben sechs Jahre gebraucht, um sie umzusetzen.“ Pavel Bure (46) – eine Legenden-Generation später geboren – hilft und ist der Präsident. Mit NHL-Boss Gary Bettmann liefen Gespräche, ob Kanada und die USA Interesse haben, den bisherigen Kreis von sieben Nationen zu erweitern. „Wir haben uns im vergangenen September eine Stunde unterhalten“, sagt Bure. Erst einmal aber soll die Liga europäisch bleiben und die Schweiz als nächstes dazukommen.

„Außenseiter“ Eichenmann

Schon so sah Ostbayern nie zuvor eine größere Ansammlung von großen Eishockey-Namen. Auch bei Tschechen, Schweden und Slowaken galt: Wer nicht Olympiasieger, Weltmeister oder Stanley-Cup-Gewinner war – oder wenigstens eine Medaille holte – war im Kreis der Superstars Außenseiter. Wie Zdenek Eichenmann, gerade 50 geworden. Jiri Ehrenberger hatte den Tschechen einst nach Regensburg geholt, wo er mit dem EVR in die zweite Liga aufstieg. „Ich war zwei Jahre lang in Regensburg sehr zufrieden“, sagt Eichenmann, der nun zuhause in Kladno mit Immobilien sein Geld verdient und im österreichischen Virgen („30 Kilometer von Lienz entfernt“) als Trainer „auch im Nachwuchs“ dem Eishockey verbunden ist.

„Das steckt einfach in dir drin“Willy Lindström spielte einst mit Wayne Gretzky: Lesen Sie hier ein Interview mit dem ältesten Spieler der Legenden-WM.

„Das hier ist eine sehr gute Aktion für die Zuschauer. Sie haben die Möglichkeit, Legenden zu sehen. Christian Helber ist mein Freund und ein guter Organisator“, sagt Eichenmann, der selbst im Sommer nur über den Gartenzaun schauen muss, um einem der promentesten Eishockeyspieler der Welt zu begegnen. „Jaromir Jagrs Haus steht 40 Meter entfernt. Wir trainieren zusammen“, sagt Eichenmann, dem der Schalk wie früher aus den Augen blitzt. „Aber er ist jünger als ich.“ Zum spielberechtigten Jahrgang 1972 hätte Jagr schon gehört.

Übrigens: Der russische Eishockey-Bazillus ist vererbbar. Julia, Arthur und Maximilian, die allesamt in der U 10 des EV Regensburg spielen, sind 50 Jahre später geboren als Fetisow, Kasatonow oder Larionow. Aber sie tragen von Pavel Bure signierte Mützen, kennen die Stars von Videos und wissen vor allem genau um die Ansprüche früherer Tage. „Dass Russland gewinnt – auch das Finale“, formuliert Julia Kislyakov die Erwartungen.

Eigengenuss hält sich in Grenzen

Leicht geht das nicht. „Tricky“ fand es Fetisow beim 5:1 nach langem 0:1-Rückstand gegen die Slowaken. „Es ist nicht so einfach, wenn hier Jungs mit um die 50 spielen und dort Leute nahe an 60.“ Bei Pavel Bure hielt sich der Eigengenuss in Grenzen. Trotz knapperem Ergebnis ging es beim 6:4 gegen die Tschechen besser. „Du machst halt alles viel langsamer. Es ist ein anderer Level als früher.“

Aufregend war es auch für die Organisatoren beim EHC Straubing, die mit den rund 6700 Zuschauern in den vier Partien – davon 2800 im Finale – zufrieden sein konnten. Wenn Superstars kommen, gilt es den einen oder anderen Extrawunsch zu erfüllen. Dann muss der Bus fünf Minuten rangieren, um direkt vor der Kabine zum Stehen kommen zu können. Dann muss Wasser aus den Ein-Liter-Flaschen umgefüllt werden, weil Eineinhalb-Liter-Flaschen vereinbart waren. Und dann müssen die ungewohnt kleinen Kabinen getauscht werden, damit ein Bure in der Drittelpause rauchen kann. Und die Aufwärmphase fiel mit sechs Minütchen ähnlich kurz aus wie einst bei Fußballgenie Maradona im Münchner Olympiastadion. Am Ende aber steht Ehrgeiz. „Jeder will gewinnen. Immer noch“, sagt Fetisov, der trotz seines Engagements in der Politik noch viermal die Woche aufs Eis geht mit Legenden und Präsidenten. „Eishockey ist ein sehr philosophisches Spiel. Da gibt es keinen Weg raus – egal, wie alt du bist.“