Gesundheit
War Aus der Parsberger Klinik geplant?

Ein Mediziner wirft dem Landkreis Neumarkt Absicht vor und führt Argumente an. Landrat Willibald Gailler widerspricht.

17.01.2020 | Stand 16.09.2023, 5:18 Uhr

Mit sinkenden Patientenzahlen hatte die Führung der Kliniken des Landkreises Neumarkt begründet, dass das Haus in Parsberg geschlossen werden muss. Themenfoto: Soeren Stache/dpa

Die Schließung des Parsberger Krankenhauses sei klares Kalkül gewesen – diese Kritik war in den vergangenen Monaten immer wieder zu hören. Nun spricht sie ein Mann aus, der sich selbst als „berufsbedingt profunder Kenner der Parsberger Interna“ bezeichnet: Dr. med. Peter Pommer, der ärztliche Direktor des Bezirkskrankenhauses Parsberg I.

Er wirft den Vertretern des Landkreises vor, mit Halbwahrheiten zu argumentieren, „um die eigentlichen Wahrheiten ins Gegenteil zu kehren“. Angebote seien ausgeschlagen, eine Kooperation verzögert, Patienten nicht mehr aufgenommen worden. Landrat Willibald Gailler weist diese Vorwürfe vehement zurück.

Debatte um die Notaufnahme

Dem Rettungsdienst sei vor mehreren Wochen schon untersagt worden das KKH Parsberg überhaupt noch anzufahren, auch nicht, wenn vom Notarzt eine lebensbedrohliche Erkrankung sicher ausgeschlossen werden konnte, führt Dr. Pommer an. Auch Überweisungen von niedergelassenen Ärzten seien angeblich unter fadenscheinigen Begründungen verhindert worden. Somit habe die Führung der Kliniken des Landkreises Neumarkt die Belegung des KKH Parsberg willkürlich verhindert, um scheinbar einen guten Grund zur vorzeitigen Schließung zu haben.

Die Notaufnahme habe nicht mehr betrieben werden können, weil der Gesetzgeber eine chirurgische Abteilung und Intensivmedizin für die Versorgung vorgeschrieben habe, erwidert dazu der Landrat. Das sei aber nicht zu erfüllen gewesen. „Dafür kann niemand was.“ Dass Patienten bewusst abgewiesen worden seien, kann sich Gailler nicht vorstellen. Denn nach einer Untersuchung werde im Einzelfall entschieden, wo der Patient am besten behandelt werden könne. Der Landrat verweist in diesem Zusammenhang erneut auf die rapide sinkenden Patientenzahlen. Niemand könne Menschen zwingen, sich in Parsberg behandeln zu lassen.

„Die Neumarkter Klinikführung erhoffte sich aber von der Schließung des KKH Parsberg eine bessere Belegung des Klinikums Neumarkt und damit eine bessere Wirtschaftlichkeit.“Dr. med Peter Pommer

Und das ist für Willibald Gailler der wichtigste Punkt: „Es geht um die Qualität der Versorgung. Und es geht nur um die Gesundheit des Patienten.“ Dafür trage der Landkreis die Verantwortung. Und die Akutgeriatrie nach Neumarkt zu verlegen, sei sinnvoll gewesen, da sie nur dort auf höchstem Niveau zu bieten sei. Die vorzeitige Schließung auf den Weg zu bringen, sei niemandem leicht gefallen, „aber die Entwicklung hat uns eingeholt“. Rein um die Finanzen sei es dabei nicht gegangen.

Die Kündigung der sieben Ärzte kam für Dr. Pommer nicht überraschend. Das Personal habe die Entwicklungen hautnah erlebt und sich deshalb andere berufliche Perspektiven gesucht. Und was die Finanzen angeht, verweist Pommer auf den früheren Chefarzt und seinen Verwaltungsleiter. Sie hätten das Krankenhaus in Parsberg „wirtschaftlich hervorragend geführt“, was gerade bei so kleinen Kliniken besonders schwierig sei. Es habe – anders als im Klinikum Neumarkt – sogar Jahre mit ausgeglichener Bilanz gegeben.

Und noch einen Kritikpunkt führt Dr. Pommer an: „Als Ärztlicher Direktor des BKH I in Parsberg bin ich Mitglied in einigen Leitungsgremien der medbo und weiß aus erster Hand, dass der Vertragsabschluss über die Kooperation der neu im KKH Parsberg einzurichtenden Akut-Psychosomatik mit der Internistischen Akutklinik im KKH Parsberg von Seiten der Führung der Kliniken des Landkreises Neumarkt seit über zwei Jahren immer wieder unter schwer nachvollziehbaren Begründungen und unerfüllbaren Vertragsbedingungen verzögert und behindert wurde.“ Daraus sei schon früher erkennbar geworden, dass vermutlich eine Schließung des KKH Parsberg beabsichtigt sei, „aber natürlich so lange wie möglich bestritten wurde“. Die medbo wäre bereit gewesen, das finanzielle Betreiber-Risiko mit zu tragen. Voraussetzung dafür wäre aber der Fortbestand der Internistischen Akutabteilung des KKH Parsberg gewesen, da die Psychosomatik sich immer absichern müsse, keine organischen Diagnosen zu übersehen.

Erst im Herbst habe der Bezirkstag die Kooperation durch einen Beschluss auf den Weg gebracht, sagt der Landrat dazu. Bis dahin seien alles nur Absichtserklärungen gewesen. Erst jetzt könne man in Vertragsverhandlungen einsteigen.

Dr. Pommer erklärt außerdem, dass er als Lungenfacharzt angeboten habe, bei der Einrichtung einer Station für langzeitbeatmete Patienten mitzuwirken. Für maschinell beatmete Patienten gebe es hohe Erlöse, die eine gute Finanzierungslage selbst dann garantierten, wenn man mit gut qualifiziertem und zahlenmäßig ausreichendem Personal arbeitet, führt Dr. Pommer weiter aus. Doch zu dieser Zusammenarbeit sei es nicht gekommen.

„Aus diesen Informationen wird klar, dass der Fortbestand des KKH Parsberg bei entsprechendem Willen der Führung auch wirtschaftlich sinnvoll möglich gewesen wäre. Die Neumarkter Klinikführung erhoffte sich aber von der Schließung des KKH Parsberg eine bessere Belegung des Klinikums Neumarkt und damit eine bessere Wirtschaftlichkeit.

Ich könnte mir aber vorstellen, dass die zu Recht verärgerten Parsberger Bürger nun die Spitzenmedizin der kaum weiter entfernten Regensburger Kliniken oder das dem KKH Parsberg ähnliche, familiäre Krankenhaus Burglengenfeld vorziehen.“

Die Redaktion hat am Freitag versucht, eine Stellungnahme des Klinikum-Vorstands zu erhalten, jedoch niemanden mehr erreicht.

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