Zug und Bahn in Cham
Warum Pösing einen Bahnhof hat

Der Anschluss an den Zugverkehr war für den kleinen Ort eine enorme Chance. Ein Blick in die Geschichtsbücher...

25.01.2022 | Stand 15.09.2023, 21:50 Uhr
Jakob Moro
Seit 160 Jahren ist Pösing an den überregionalen Bahnverkehr angeschlossen. Alles ist auf dem neuesten Stand der Technik. −Foto: Jakob Moro

Mit dem Bau der Eisenbahn haben sich die Lebensverhältnisse der Menschen radikal verändert, auch in Pösing. Mit sechs Kilometern Gleisen zwischen Nürnberg und Fürth begann im Jahr 1835 die Geschichte der Bahn in Deutschland. Knappe 80 Jahre später verfügte Deutschland über 62.000 Kilometer Gleise. Eine immense Bauleistung. Tausende Tonnen Eisen, Holz und Steine waren bewegt worden, unzählige Arbeiter kamen zum Einsatz, viel Geld wurde aufgewendet.

Gleichzeitig bedeutete die Einführung der Eisenbahn gewaltige Einschnitte in die Landschaft. Die Bayerische Ostbahn begann im Herbst 1858 mit dem Bau der Strecke Schwandorf-Furth im Wald. Anlass war ein bayerisch-österreichischer Staatsvertrag vom 21.4.1856 über den Bau einer Eisenbahnstrecke von Schwandorf nach Prag, die bis 1862 fertig sein sollte. (Böhmen gehörte damals noch zu Österreich). Der Bau wurde unter Termindruck in Eile geplant und durchgeführt. Für Pösing war keine Bahnstation vorgesehen, nur eine Haltestelle, falls dies notwendig würde.

Misstrauen gegenüber der Bahn

Die Bevölkerung erkannte die große Bedeutung, die die Eisenbahn auch für sie brachte, noch nicht. Die landwirtschaftlich ausgerichtete Bevölkerung brachte auch wegen des Grundbedarfs für die Bahnstrecke Misstrauen und Ablehnung entgegen. Man behinderte schon die Markierungsarbeiten für die Strecke. Man fürchtete mit Recht Hindernisse bei der Bewirtschaftung vorher zusammenhängender Wiesen und Felder. Bahnübergänge wurden nur sehr begrenzt angelegt. Der Regen bei Pösing war bautechnisch schwierig. Die Bahn musste in den Fluss gebaut werden.

Die Ostbahn setzte sich aber durch und gab der lokalen Wirtschaft Impulse. Baustoffe wie Erde, Schotter, Steine und Holz wurden in großen Mengen benötigt und aus der nächsten Umgebung bezogen. In Pösing entstand ein schmucker Bahnhof mit Nebengebäuden, Güterhalle und Abstellgleis für Güterwagen. Zwischen Roding und Cham sorgten vier Bahnwärterhäuschen, die jeweils von einer Familie bewohnt waren, für die nötige Sicherheit an der Bahnstrecke.

Im Januar 1861 wurde die Eisenbahnstrecke Schwandorf-Cham eröffnet. Ein halbes Jahr später das Teilstück Cham-Furth im Wald. Ein Jahr später, 1862, war die Gesamtstrecke von Schwandorf nach Prag nach relativ kurzer Bauzeit von rund vier bis fünf Jahren fertig. Der Güterumschlag nahm zu, vor allem an den Bahnhöfen in Cham und Roding. 1880 wurden 3669 Tonnen von Pösing aus transportiert. Neue, bisher unbekannte Arbeitsplätze entstanden. Eine neue gesellschaftliche Gruppe bildete sich, die „Eisenbahner“. Neue Berufe waren Stationsmeister, Bahnmeister, Bahnexpeditor, Eisenbahnadjunkt, Eisenbahn-Aspirant, Stationsaufseher, Bahnwärter, Schrankenwärter, Streckengeher, Gleisarbeiter, Weichenwärter, Signalwärter und viele mehr.

Heute unvorstellbar: Die Gemeinde Pösing stritt über die Zuständigkeit für die Instandsetzung und den Unterhalt des Zufahrtsweges zum Bahnhof, der zeitweise unpassierbar war. Die Gemeinde war der Ansicht, dies sei Aufgabe der Bahn. Das Bezirksamt Roding sprach 1923 ein Machtwort und verpflichtete die Gemeinde, die Zufahrtsstraße zum Bahnhof zu übernehmen und zu unterhalten. Ein weiterer Streitpunkt war die Absperrung Pösings vom Regen durch die Bahntrasse. Auf dem Rechts- bzw. Klageweg suchte die Gemeinde zu erreichen, dass der Durchlass zum Regen „zum Behufe freier und bequemer Benützung des Regenwassers für den Viehtrieb und dem möglichen Fall einer Feuersgefahr von 3 auf wenigstens 10 Schuh (etwa 3 Meter) erweitert und ein weiterer Durchlass von 2 Schuh (etwa 60 Zentimeter) als Abführkanal für die Dorfjauche hergestellt werde.

Holz fürs Ruhrgebiet

Die Holzwirtschaft der Umgebung erfuhr eine erhebliche Belebung. Die Bahngesellschaft pachtete am Bahnhof Grundstücke, um das reichlich vorhandene Föhrenholz zu verwerten. Grubenholz: An der Ruhr brauchte man für die Kohlengruben viel Holz zum Abstützen der Stollen. Da war der hiesige Holzreichtum gerade recht. Die Baumstämme wurden von den Bauern zu den Bahnhöfen gefahren. ‚Auf jedem Bahnhof gab es Holzlagerplätze, dort wurde es zu zwei bis drei Meter langen Stämmen mit der Handsäge zugeschnitten und waggonweise ins Ruhrgebiet zu den Bergwerksstollen versandt.

Konkurrenz: Nahverkehr: Aus:
Die Bahn hat keinen großen Aufschwung für Pösing gebracht. Sie war zu teuer. Der nach dem Krieg aufkommende Verkehr mit Lastautos war billiger und bequemer. Vereinsausflüge, Schulfahrten wurden lieber mit dem Auto als mit der Bahn gemacht.Auf der Strecke nach Roding hat die Bahn ohnehin nie eine Rolle gespielt, da dort der Bahnhof zu abgelegen war.So ging es im Laufe der Zeit bergab mit dem Bahnhof Pösing, bis das bittere Ende kam und der Bahnhof beseitigt wurde.

Die erste Poststelle in Pösing wurde bereits im Jahre 1876 mit einer Postexpedition errichtet. Der Postexpeditionsdienst (Annahme und Versand von Postsachen) übernahm die Frau des Bahnmeisters Kleemann. Vorher gehörte Pösing zum Post-Bestellbereich Roding. Zur damaligen Zeit waren Bahn und Post eng verbunden.

Mit der Erschließung der Eisenbahn hat die jahrhundertalte Wasserstraße, der Regen, an Bedeutung verloren. Das neue Verkehrsmittel „Eisenbahn“ brachte die Erschließung und Öffnung der Heimat. Der Fremdenverkehr nahm rasant zu. Auch die B 85 und die Bahnstrecke nach Furth wurden bald besser ausgebaut, dienten sie doch als Aufmarsch-Gebiet Hitlers zum Einmarsch ins Sudetenland – Protektorat Böhmen und Mähren.

Der Aufstieg Pösings zur Bahnstation war für die damalige Zeit nicht nur eine Auszeichnung, sondern gab den Pösingern auch eine bequeme Möglichkeit zu Fahrten, etwa nach Cham, beruflich, zur Ausbildung oder zum Einkaufen. Der größte Betrieb in Pösing war einst die Ziegelfabrik. Es herrschte reger Betrieb. Schon 1864 entstand die Ziegelfabrik Bergbauer und versandte ihre Produkte mit der Bahn. 1864 wurden die ersten Ziegel im Handbetrieb hergestellt, aber 1922 wurde die Fertigung auf Maschinen umgestellt. Mit Rollwägen auf Schmalspurgleis wurden die Ziegel zum Bahnhof gefahren und Kohle abgeholt, die man zum Brennen der Ziegel dringend benötigte. (rjm)