Gesundheit
Wenn Kopfschmerzen kein Bauchweh sind

Neurologe und Kopfschmerz-Experte Dr. Pfaffenrath weist in Bad Kötzting darauf hin: Kopfschmerz ist nicht gleich Kopfschmerz.

01.02.2016 | Stand 16.09.2023, 6:49 Uhr
Referent Dr. Pfaffenrath −Foto: kdd

Die Rheuma-Liga hat den Neurologen und Kopfschmerz-Experten Dr. Volker Pfaffenrath für einen Vortrag zum Thema Kopfschmerzen gewonnen. Pfaffenrath hat sich nach eigenen Worten ausschließlich auf Kopfschmerzen spezialisiert.

Er, Jahrgang 1949, war 1978 bis 1986 in der Neurologischen Abteilung des Klinikums Großhadern/München und Nervenklinik der Universität München tätig, 1986 bis 2010 in eigener Praxis als Facharzt für Neurologie in München. Derzeit praktiziert er tageweise in der Gemeinschaftspraxis Dr. Vogl und Kollegen in Cham.

Dr. Pfaffenrath verfasste zahlreiche Publikationen und Bücher zum Thema Kopfschmerz. Er war unter anderem Generalsekretär der International Headache Society, Präsident der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft und zahlreicher anderer nationaler und internationale Organisationen und Fachkongresse. Für das Thema Kopfschmerzen ist Dr. Pfaffenrath ein erfahrener Ansprechpartner.

Dr. Pfaffenrath vermittelte geballte Informationen. Wichtige Erkenntnis: Kopfschmerz ist nicht gleich Kopfschmerz. Sowohl Erscheinungsbild als auch Ursachen und dementsprechend Behandlungsmöglichkeiten sind völlig unterschiedlich. Was in einem Fall angezeigt, ist kann in anderen Fällen völlig nutzlos, ja sogar schädlich sein. Ohne eine gründliche Anamnese (Gespräch von Arzt und Patient) ist eine Behandlung ausgeschlossen. Medikamentengabe einfach für „Kopfschmerzen“ ist falsch zumal Medikamente das Krankheitsbild verändern.

Gibt es Begleitsymptome?

Wichtige Fragen sind unter anderem: Welche Medikamente werden eingenommen, in welchen Mengen, wie oft? Gibt es eine familiäre Kopfschmerz-Belastung? Wie, wann, wie oft treten die Kopfschmerzen auf? Gibt es Begleitsymptome? Haben sich die Kopfschmerzen in letzter Zeit verändert? Werden sonstige Medikamente genommen? Gibt es „Auslöser“?

Verschiedene Kopfschmerzen werden unterschieden. Primärer Kopfschmerz: Der Schmerz selbst ist die Erkrankung, die Ursache ist unbekannt. Sekundärer Kopfschmerz: Begleiterscheinung einer anderen Erkrankung.

Formen von Kopfschmerz sind Migräne, Spannungskopfschmerz, Clusterkopfschmerz, zervikogener Kopfschmerz. Oft wird Migräne mit anderen Kopfschmerzen verwechselt, während Orthopäden dazu neigen, alle Kopfschmerzen als zervikogen anzusehen. Kinder empfinden Kopfschmerzen oft als Bauschmerzen und es kommt vor, dass dann vorschnell nutz- und sinnlos der Blinddarm operiert wird. Dr. Volker Pfaffenrath weist besonders darauf hin, dass mit wenigen seltenen Ausnahmen bildgebende Verfahren in der Ursachensuche keine Berechtigung haben.

Besonders geht Dr. Pfaffenrath auf die Migräne ein, die sich in Erscheinungsform, Auftreten und Behandlungsmöglichkeiten vollständig von anderen Kopfschmerztypen unterscheidet. Migräne betrifft rund zehn Prozent der Bevölkerung. Nach eingehender Abklärung ist die Migräne zwar nicht heilbar, jedoch medikamentös in der Regel gut beherrschbar. Auch eine Prophylaxe ist bei Migräne in vielen Fällen möglich.

Migräne tritt ab dem vierten Lebensjahr auf, sie endet spontan bei 50 Prozent der Betroffenen bis zum 14. Lebensjahr. Typische Migränekennzeichen sind: Pulsieren mit dem Herzschlag, kein Geruchsempfinden, Taubheit von Hand und Mund, Bedürfnis nach Ruhe und Dunkelheit.

Als Medikamente haben sich Triptane bewährt, in 80 Prozent der Fälle sind sie innerhalb zwei Stunden wirksam. Bei Migräne sind die üblichen Schmerzmittel kontraindiziert. Akupunktur wirkt nicht dauerhaft, Botox wirkt nicht; dosierter, regelmäßiger Ausdauersport (Schwimmen, Radfahren, Laufen) sind hingegen wirksam, ebenso Yoga. Migräne bringt Stress, verursacht jedoch keine Schäden am Gehirn.

Fehlmedikation vermeiden

Zervikogener Kopfschmerz wird verursacht durch Halswirbelblockaden und gehört zu den übelsten Kopfschmerzarten. Er ist schwierig behandelbar. Die besten Erfolge sind durch Physiotherapie erreichbar.

Treten Kopfschmerzen schlagartig auf und nehmen zu, handelt es sich um einen Notfall, der unverzüglich ärztlich abgeklärt werden muss. Nicht zuletzt weist Dr. Pfaffenrath auf den durch Medikamente verursachten Kopfschmerz hin. Dieser tritt fast täglich auf, jedenfalls öfter als 15 Tage im Monat. Ursache ist Medikamenten-Fehlgebrauch (15-mal pro Monat, länger als drei Monate). In diesen Fällen ist nur Medikamentenentzug wirksam, das heißt, das Weglassen aller Schmerzmittel.

Alles in allem sind Kopfschmerzen vielfältig, schwierig zu diagnostizieren und zu behandeln. Nur der erfahrene Neurologe kann Hilfe bringen und Schäden durch Fehlmedikation vermeiden. Selbstbehandlung ist bei dauernden oder starken Kopfschmerzen nicht ratsam, sagt Dr. Pfaffenrath.

(kdd)