Geschichte
Zeitreise ins „finstere Mittelalter“

In der Fragstatt unter dem Alten Rathaus in Regensburg wurden Angeklagte früher gefoltert, um ein Geständnis zu erhalten.

30.05.2016 | Stand 16.09.2023, 6:45 Uhr
In der Fragstatt unter dem Alten Rathaus in Regensburg sind verschiedene Foltergeräte wie Steckleiter oder spanischer Esel ausgestellt. −Foto: Denis Denli

Die Tür geht auf und wir betreten einen düsteren Raum, der nur durch ein kleines Licht beleuchtet wird. Stickige Luft, aus einem einzigen Fenster dringt ein verlorener Sonnenstrahl herein, gedämpft von den Spinnenweben und dem Eisengitter. Wohl fühlt man sich in dieser Atmosphäre natürlich nicht, weder der Angeklagte aus dem 16. Jahrhundert, noch die Schüler aus der Klasse 8b des Lappersdorfer Gymnasiums, die Mitte April diesen unheimlichen Ort im Alten Rathaus von Regensburg besuchen. Nach dem Öffnen des massiven, hölzernen Rathaustores der Stadt Regensburg kommen uns prunkvolle Kanonen zu Gesicht, sowie eine Waage, die zur genauen Abmessung von Waren diente. Die Museumsführerin Anna Mühlbauer leitet die Schüler in die Fragstatt – so heißt die Folterkammer nämlich richtig –, wo der Beschuldigte erst einmal ohne Folter einfach befragt wurde. Falls dieser seine Tat gestand, wurde er bei kleineren Vergehen an den Pranger auf dem Marktplatz gestellt, wo ihn jeder nach Belieben verspotten, bespucken oder mit Lebensmitteln bewerfen durfte. Dieser Ehrverlust konnte damals durchaus ganze Existenzen zerstören, wenn daraufhin beispielsweise das Geschäft des Angeklagten gemieden wurde.

Falls der Angeklagte schwieg, wurde er in die tatsächliche Folterkammer geführt, in der ihm die Geräte erstmal vorgeführt wurden, damit er sich noch einmal überlegen konnte, ob er nicht doch lieber gestehen will. Die Meisten knickten an dieser Stelle ein. Deshalb gab es Mühlbauer zufolge nur drei bis fünf Fälle im Jahr, bei denen der Angeklagte auch wirklich gefoltert werden musste, um ihm ein Geständnis zu entlocken. Schuldig oder nicht, spätestens dann kam – mehr oder weniger – die Wahrheit ans Licht.

Im nächsten Raum kommen uns einige Foltergeräte wie eine Streckbank, eine Streckleiter sowie ein spanischer Esel zu Gesicht. Wurde der Angeklagte zum spanischen Esel verurteilt, so wurden ihm oder ihr schwere Gewichte an das Bein gebunden und er oder sie musste sich damit auf ein scharf zugespitztes, senkrecht stehendes Holzbrett setzen. Danach wurden uns die 1,60 Meter hohen Kerker gezeigt, in denen man nicht einmal gerade stehen kann, zudem hatte der Raum keine Beleuchtung, was dazu führt, dass es stockdunkel war. Nachdem jeder einmal in einem der Gefängnisse gewesen ist, geht es weiter in die „Armesünder-Stube“, wo die zum Tode verurteilten Personen ihre letzten Stunden verbrachten. Durch ein Gitterfenster konnten sich Familienmitglieder und Freunde vom Verurteilten verabschieden. Auch das Henkersmahl wurde dort eingenommen.

Zum Abschluss kommen wir noch einmal in den „Kanonenraum“, wo unsere beeindruckende Führung endet. Wir sind froh, dass wir wieder in der Gegenwart angekommen sind, weit weg von den oft grausamen mittelalterlichen Verhörmethoden.

Aber auch wenn die Geräte nicht mehr Streckbank und „Spanischer Esel“ heißen, die Folter ist auch in vielen Staaten unserer modernen Welt leider noch Gegenwart.

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