Aus Sicherheitsgründen
Seit Monaten keine Webcam-Bilder von Autobahnen mehr - wegen Ukraine-Krieg

25.07.2022 | Stand 15.09.2023, 4:15 Uhr

„Dienst derzeit nicht verfügbar“, heißt es derzeit auf dem Portal „Bayerninfo“ des Verkehrsministeriums. Normalerweise sehen User hier Livebilder von allen Autobahnen in Bayern. −Screenshot: bayerninfo.de

Mit Autobahn-Webcams können sich Autofahrer live ein Bild von der aktuellen Verkehrslage machen. Doch seit mehreren Monaten gibt es keine Live-Bilder mehr von Bayerns Autobahnen. Grund ist der Ukraine-Krieg. Unsere Zeitung fragte beim Ministerium nach.



Insgesamt gibt es entlang der Autobahnen im Freistaat rund 500 Verkehrsinfo-Kameras. Bis Ende 2020 wurden laut Verkehrsministerium zu den vorhandenen 400 Kameras rund 70 neue Kameras auf Autobahnen aufgebaut. Mit diesem Programm wurde das Kameranetz sukzessive ausgebaut und an Abschnitten mit häufigen Staus verdichtet.

Schwerpunkte waren die Autobahnen A3, A7, A8, A9, A70 und A93, die Ballungsräume München, Nürnberg, Würzburg, Regensburg und Aschaffenburg sowie neuralgische Punkte wie Tunnelzufahrten. 2022 wurde zudem ein Programm auf dem Bundes- und Staatsstraßennetz begonnen. Hier sollten weitere rund 200 Kameras hinzukommen.

„Dienst derzeit nicht verfügbar“

Abzurufen sind die Livebilder normalerweise über das Verkehrsinfoportal bayerninfo.de des Bayerischen Staatsministeriums für Wohnen, Bau und Verkehr. Vor allem in der Urlaubszeit ist das ein praktischer Service: So erkennt man in Echtzeit, ob auf der Route in Richtung Feriendomizil oder nach Hause gerade viel los ist.

Doch nun heißt es schon seit geraumer Zeit „Dienst derzeit nicht verfügbar“ und weiter: „Aufgrund der aktuellen Entwicklungen in Europa stehen die Bilder der Verkehrskameras bis auf Weiteres nicht zur Verfügung. Wir hoffen, diesen Service bald wieder anbieten zu können.“

Gemeint ist damit der Ukraine-Krieg, wie auch ein Sprecher des Bayerischen Verkehrsministeriums bestätigt. „Im Frühjahr haben das Bundesministerium der Verteidigung und das Bundesministerium für Digitales und Verkehr alle Länder aufgrund der sicherheitspolitischen Lage in Europa darum gebeten, vorerst auf die Veröffentlichung von WebCam-Bildern, die den Verkehr an Bundesautobahnen und vergleichbar ausgebauten Bundesstraßen zeigen, zu verzichten“, heißt es aus dem Ministerium. Dieser Bitte sei auch Bayern nachgekommen. Damit stünden schon seit Anfang März die Bilder der Verkehrskameras bis auf Weiteres nicht zur Verfügung.

Was befürchtet man? Verteidigungsministerium hüllt sich in Schweigen

Doch warum man schaltet man Verkehrs-Webcams ab? Gibt es konkrete Befürchtungen, wie Livebilder von deutschen Autobahnen missbräuchlich genutzt werden könnten? Unsere Zeitung fragte beim Bundesverteidigungsministerium nach. Doch dort hüllt man sich in Schweigen.

In einer äußerst knappen Antwort verweist man auf ein Statement eines Ministeriums-Sprechers bei einer Regierungspressekonferenz im März. „Aufgrund der aktuellen sicherheitspolitischen Entwicklung in Europa stehen die Verkehrskameras der Autobahn GmbH des Bundes derzeit leider nicht zur Verfügung“, sagte dieser. Genauer wollte man sich schon damals nicht äußern und auch jetzt nicht - „aus sicherheitspolitischen Gründen“.

In Österreich sind alle Autobahn-Webcams weiterhin verfügbar

Wen es in den Urlaub in Richtung Österreich zieht, der kann sich zumindest für den ausländischen Teil der Wegstrecke weiterhin via Webcams über die aktuelle Verkehrslage informieren: Bei der Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft (ASFINAG) sind trotz Ukraine-Krieg weiterhin alle Webcam-Bilder aus Österreich sichtbar.

Die Alpenrepublik hat dabei noch einmal deutlich mehr Webcams als Bayern an Autobahnen stehen: „Wir bauen das Angebot der öffentlichen Webcams laufend für Sie aus. Derzeit stehen Ihnen somit über 1000 Webcams im ASFINAG Autobahnen- und Schnellstraßennetz zur Verfügung“, heißt es auf der Website der Gesellschaft. Zudem dort sichtbar: Webcams entlang beliebter Urlaubsrouten in Slowenien, Kroatien und Ungarn sowie der Landesstraßen Tirols.