Kultur
Am Jungen Theater Regensburg: Pinguine in der Zwickmühle

29.09.2022 | Stand 15.09.2023, 3:27 Uhr
Michael Scheiner
„Pinguine können keinen Käsekuchen backen“ heißt die neue Inszenierung am Jungen Theater Regensburg. Hier sind Lilly-Marie Vogler und Joscha Eißen zu sehen, wie sie gierig den Kuchen eines Maulwurfs verschlingen. −Foto: Pawel Sosnowski

„Pinguine können keinen Käsekuchen backen“: Die neue Inszenierung am Jungen Theater erzählt mit viel Witz vom Spagat zwischen Gier und Gewissen – hat aber Macken.

Welch eine Versuchung! Artgerecht rutschen die Pinguine (Joscha Eißen, Oda Zuschneid) auf gut gepolsterten Bäuchen die Halfpipe hinunter. Unten landen sie punktgenau vor dem Tisch mit Käsekuchen. Noch kurz vor Premierenbeginn hat eine Mitarbeiterin dem appetitlichen Happen ein süßes Sahnehäubchen aufgesetzt: das i-Tüpfelchen für die gierigen Seevögel von der Südhalbkugel bei ihrer Landung im Jungen Theater.

Lange währen die Bemühungen der Pinguine, sich gegenseitig zurückzuhalten und auf den Kuchen-Besitzer zu warten, nicht, dann fallen sie unbeherrscht über die Leckerei her. „Hallo, wer da?“, werden sie mitten in ihrer Schlemmerei aufgeschreckt. Im dunkelbrauen Fellanzug wackelt ein Maulwurf (Sophie Juliana Pollack) herein. Er sucht seinen Geburtstagskuchen, den er „bis auf den letzten Krümel alleine“ aufessen will.

Hektisch beginnen die Pinguine, den extrem kurzsichtigen Maulwurf von seinem Gebäck abzulenken. Mit einem Feuerzeug lassen sie ihn nicht vorhandene Kerzen ausblasen, bis dem Tier so schwindelig ist, dass es sich ausruhen muss. Ein ums andere Mal müssen Lügen und Ausflüchte herhalten, um den Maulwurf vom ersehnten Genuss abzuhalten. Denn eins ist glasklar: „Pinguine können keinen Käsekuchen backen.“

Verkompliziert wird die verzweifelte Situation der Mundräuber noch, als ein vorlautes Huhn (Max Roenneberg) mit einem leckenden Superstaubsauger auftaucht und ständig wiederkäut: „Käsekuchen backen ist ein Kinderspiel!“

Autor Ulrich Hub hat mit seinem Stück, für das er den Niederländisch-Deutschen Kinder- und Jugenddramatikerpreis erhielt, eine irrwitzige, komische Fabel voll absurder Momente geschaffen. In Regie von Oda Zuschneid, der neuen Leiterin des Jungen Theaters, wird daraus ein turbulenter Eiertanz voller slapstickartiger Momente, die menschliche Schwächen und Unzulänglichkeiten aufdecken. Dass das abgebrühte Huhn mit einer voll pubertären Anzüglichkeit einen Keil zwischen die befreundeten Pinguine treibt, ist für die anwesenden Kids zweier Grundschulklassen schlicht daneben. Aber selbst wenn ältere Kinder oder Jugendliche zuschauen würden, wäre es nicht mehr als eine geschmacklose Anbiederei, bei der man die Augen verdreht.

Eine weitere kurze Szene beeinträchtigt die ansonsten mit viel Spielwitz flott erzählte und wunderbar gespielte Geschichte um Freundschaft, Verantwortung und Streiten doch spürbar. Aus einem vom Huhn gelegten Ei, das zerbricht, als die Pinguine damit übermütig Ball spielen, springt eine geladene Pistole. Das Huhn, das sich gedemütigt fühlt, legt auf die leichtsinnigen Seevögel an – im plötzlichen Dunkel fällt ein Schuss. Zwar ist nur der qualmende und stinkende Staubsauger durchgebrannt. Dennoch erscheint das Signal eines Streits, der zumindest in der Fantasie blutig gelöst wird, problematisch. Auch wenn sich mit dem Hamster ein erlösendes Ende anbahnt, kann diese aufwühlende Krimiszene jüngere Zuschauer leicht durcheinander bringen.

Am Ende verzichtet der Maulwurf zugunsten der Kinder, die im Theatersaal lautstark zustimmen, auf den Geburtstagskuchen und lädt alle ein mitzuessen. Wer möchte da nicht schwach werden?!