Kultur
Der Oberpfälzer Regisseur Josef Rödl wagt den Spagat

21.09.2022 | Stand 15.09.2023, 3:35 Uhr
Lothar Röhrl
Regisseur Josef Rödl bei der Premiere in München, mit seiner Mini-Besetzung, von links: Michele Cuciuffo, Lance Kalota, Daron Yates und Luisa Böse −Foto: Lothar Röhrl

„Paris, Texas“, der Kino-Coup von Wim Wenders, wurde in den 1980ern zum Überraschungserfolg. Der Film kam auch auf die Bühne – und jetzt verarbeitet Josef Rödl den Stoff als Mix aus Kino und Theater.

Wie spannend die beiden Genres funktionieren, zeigt der Regisseur und Drehbuchautor, der aus Darshofen bei Parsberg stammt, in seinem neuen Stück „Paris, Texas“.

Im Münchner Zentraltheater ist noch vier Mal Rödls Bearbeitung von Wenders’ Meisterwerk zu sehen. Mal spielt die Handlung auf der Bühne, mal läuft die Handlung aufs Stichwort genau als Film auf einer Leinwand hinter dem kargen Bühnenbild. Die Bühne des nur 62 Zuschauer fassenden Theaters gewinnt so enorme Tiefe. In der Produktion tauchen mit dem Monte Kaolino bei Hirschau und einer typisch texanisch aussehenden Tankstelle in Neumarkt zwei Spielorte aus der Oberpfalz auf.

Seiner Heimat hat Rödl seit dem Erstlingswerk „Albert – Warum“ von 1978 zunächst in Filmen ein Denkmal gesetzt. Zu „Albert“ kam „Franz – der leise Weg“. Später arbeitete Rödl mit Sigi Zimmerschied für die Filme „Grenzenlos“ (1982) und „Der wilde Clown“ (1986) zusammen, ehe er das Fernsehen – oder vielmehr: das Fernsehen ihn – entdeckte.

Rödl wurde Krimi-Regisseur. Die ARD gewann ihn für die Reihe „Tatort“. Seine bemerkenswerteste Folge wurde die Nummer 341 der Serie, ausgestrahlt 1996: In „Schattenwelt“ arbeitete der Regisseur mit Schauspielstar Bruno Ganz. Engagements für die ZDF-Krimiserie „Anwalt Abel“ folgten. Mit dem Medium Fernsehen hatte Rödl weiter zu tun, als er 1999 eine Professur an der Hochschule für Fernsehen und Film in München übernahm.

Den „Film pur“ hat Rödl nie verlassen, aber ab 2000 inszenierte er auch fürs Theater. Rödl führte Regie in Frank Markus Barwassers Stück „Alkaid – Pelzig hat den Staat im Bett“ und setzte mit zwei Werken Ausrufezeichen in der Münchner Theater-Szene: mit „Tage wie Nächte“ im Metropoltheater (2009) und mit „Angst essen Seele auf“ im Zentraltheater München.

„Paris, Texas“ belegt, wie sehr Rödl jetzt Gefallen an den Unterschieden, aber auch Gemeinsamkeiten von Theater und Kino gefunden hat. Wohl weil er um das Wesen sowie die Vor- und Nachteile beider Genres weiß, hat er sie jetzt zusammengeführt.

Die vier Darsteller stehen dabei vor der Aufgabe, den Übergang von der Bühne in den Film und umgekehrt möglichst fließend und exakt zu gestalten. Die Überraschung der Inszenierung ist, dass die Filmszenen mit Blicken auf verschiedene Landschaften, in denen die Schauspieler agieren, hinter dem zurückstehen, was auf der Bühne passiert. Hier lässt Rödl seine Akteure alle möglichen Zu- und Abgänge nutzen. Alles in allem: Ein Kino-Theater-Erlebnis par excellence.

Josef Rödl hat längst die Weichen für neue Projekte gestellt. 2023 oder 2024 will der 73-Jährige Bölls „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“ in München als Theaterstück inszenieren. Er plant einen Film mit dem Titel „Die Reise nach Marseille“, außerdem steht erneut ein „Tatort“ an, erzählt er unserer Zeitung. Und: Regensburg werde wieder mehr ins Zentrum seines Schaffens rücken. „Das liegt schon daran, dass ich seit vier Jahren Mitglied der Jury für die Vergabe des Regensburger Kulturpreises bin.“

Am 1. Oktober zeigt Josef Rödl in der Kirche von Karthaus-Prüll seinen preisgekrönten Film „Albert – Warum?“. Derzeit läuft außerdem seine Bewerbung beim Berufsverband Bildender Künstler für eine Kunstausstellung mit Installation und Film zum Krieg in der Ukraine und zum Kalten Krieg der 1960er. Nicht zuletzt will der Regisseur endlich sein „Lieblingsprojekt“ umsetzen, den Film „Das Mädchen von...“. „Das hat“, verrät er in München, „starken Bezug zu Regensburg.“