Interview
Der „Tatort“-Kommissar erzählt Märchen

Am 12. September kommt das Musical „Siddhartha“ ins Deutsche Theater. Harald Krassnitzer leiht dem Musical seine Stimme.

08.09.2017 | Stand 16.09.2023, 6:25 Uhr
Alois C. Braun

Harald Krassnitzer und Adele Neuhauser – hier auf dem Weg zur Verleihung der Grimme-Preise 2014 – lösen als Tatort-Kommissare Moritz Eisner und Bibi Fellner schwierige Kriminalfälle. Foto: Henning Kaiser/dpa

Herr Krassnitzer, in Ihrem letzten Tatort war die Krankheit Ebola das Thema. Inwieweit informiert man sich als Schauspieler näher über die jeweilige Thematik eines Films?

Es ist schon eine Voraussetzung, dass man weiß, was man da spielt und worüber man in der jeweiligen Rolle redet. Man muss die Zusammenhänge schon kennen. Im aktuellen Fall ist es so, dass Afrika etwas ist, womit ich mich schon länger auseinandersetze und deshalb das ein oder andere schon wusste. Das, was dort in Sachen Ebola passierte, hinterlässt bei den Menschen in vielerlei Hinsicht tiefe Wunden. Die Heftigkeit, wie damals diese Krankheit ausbrach, hat uns deutlich gezeigt, wie ignorant wir mit manchen Themen Afrikas umgehen. Es war ja nicht die erste Ebola-Epidemie und trotzdem hatte man damals noch keinen Impfstoff entwickelt. Den gibt es inzwischen, doch es entzieht sich meiner Kenntnis, ob er wirkt und welche Nebenwirkungen er vielleicht hat.

Nach 23 Folgen kam mit der Figur der Bibi als Kollegin ein neues Element in den Tatort. Waren Sie in die Entwicklung der Rolle, in das Drehbuch und in diesem Fall die Auswahl der Adele Neuhauser mit eingebunden?

Das Ganze ist natürlich ein längerer Prozess. Wir haben damals gemerkt, dass der Moritz Eisner schön langsam zum Lonesome Cowboy wird. Eine Figur lebt ja nur, wenn sie im Bezug zu etwas steht, und die Resonanzräume für Eisner gingen damals einfach aus. Deshalb war es schon ein gemeinsames Planen der Veränderung. Dass es die Adele Neuhauser geworden ist, hat mich sehr gefreut. Ich hatte sie schon immer als eine außergewöhnliche Schauspielerin geschätzt und bewundert. Sie hatte vor ihrer Zeit als Bibi auch schon einmal eine Gastrolle im österreichischen Tatort (Anmerkung: 2008 in der Folge „Granit“) und wir hatten auch in einem anderen Film zusammen gespielt. Außerdem kannte ich ihre Theater- und Filmlaufbahn. Es ist ein Glücksfall, dass wir im Tatort ein wunderbares Paar abgeben und uns auch privat eine tiefe Freundschaft verbindet.

Wie würden Sie Ihre Kollegin charakterisieren?

Wie kann man die Adele charakterisieren, ohne dass man nicht mindestens zwei Seiten braucht? Sie ist ein so vielschichtiger Mensch. Da ist ihr Mut, unkonventionell Grenzen zu überschreiten, uneitel zu sein und dabei eine tiefe Menschlichkeit in sich zu tragen. Sie verleitet immer dazu, gute Laune zu haben. Es gibt keinen Tatort-Dreh, wo wir nicht einen Heidenspaß haben und viel zusammen lachen. Sie weiß aber auch sehr genau, was sie will und was sie gerade tut. Das zwingt dich als Kollegen, darauf einzusteigen und macht es unglaublich spannend. Für mich ist das die Voraussetzung für ein gutes Duo! Es ist eine Art Pingpong-Spiel, das diese Charaktere erst entstehen lässt und zu immer neuen Höhen treibt. Adele hat eine unglaubliche Kraft und Lebensfreude. Sie ist ein zutiefst positiver, feinfühliger und empathischer Mensch.

Beim Musical „Siddhartha“ agieren Sie als Erzähler.

Wir erzählen mit dieser Geschichte ein sehr buntes, lebendiges und kräftiges Märchen. Ich bin das verbindende Brückenelement zwischen den einzelnen Szenen. Ich werde auf Deutsch die oft sehr poetischen Texte lesen, in der Handlung selbst tauche ich nicht auf. Vorerst ist das in München die einzige Aufführung. Wenn das Thema aber ankommt, dann wird es sicher in Zukunft mehr geben.

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Sie sind unter anderem bei der Organisation „Weisser Ring“ engagiert. Warum gerade da?

Ich finde das ist eine wichtige Sache, da es in unserer Gesellschaft für den Opferschutz nach wie vor eine sehr niedrige Resonanz gibt. Die Täter bleiben uns in Erinnerung und wir verfolgen sie mit allen Varianten unserer Aufmerksamkeit, aber wir entwickeln keine Emotionen für die Opfer. Das hat mitunter auch eine gute Seite, weil sie so aus dieser medialen Schlacht herausgehalten werden. Aber die Opferbetreuung, etwa bei sexuellen Übergriffen, ist nach wie vor sehr mangelhaft und bedarf größerer Aufmerksamkeit.

Gönnen Sie sich nach wie vor handyfreie Zeiten?

Ja, das ist etwas, was ich mir immer noch herausnehme. Ich merke einfach, dass ich nicht bereit bin, mich mit dieser externalisierten Kommunikationsform auseinanderzusetzen. Immer zu tippen, zu piepsen – mir ist das direkte Gespräch da viel lieber. Auch diese eingeforderte Zwanghaftigkeit, dass man immer verfügbar sein muss, nach zehn Minuten schon einen Reminder bekommt, wenn man eine E-Mail nicht gleich beantwortet, ist nicht meins. Ich versuche das alles aufs Nötigste zu reduzieren. Deshalb gibt es manchmal auch diese handyfreie Zeit.

Weitere Infos zum Musical „Siddharta“ finden Sie auch hier.

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