Kultur
Die Regensburger Schriftstellerin Barbara Krohn schenkt Rettung im Alltag

06.03.2023 | Stand 15.09.2023, 1:19 Uhr
Barbara Krohn stellt am 9. März in Regensburg ihr Buch vor: „Zeit fließt herein. Neue Alltagsrettungen“. . −Foto: Stefan Krischker

Ein Buch kann einen retten. Barbara Krohn macht in 54 poetischen Miniaturen ein schönes Angebot zu kleinen Fluchten. Am 9. März stellt die Regensburger Schriftstellerin ihr neues Werk vor.

Manchmal ist ein Buch die Rettung. Nicht unbedingt aus höchster Not, aber vor schleichendem Überdruss, lauernden Sinnfragen, einer fiesen Angst oder davor, gerade blind zu sein für das Beste am Leben. Barbara Krohn öffnet in solchen Situationen das Fenster weit. 54 Alltagsrettungen bietet ihr neues Buch.

„Zeit fließt herein“: Die literarische Miniatur, die dem Buch den Titel gibt, war für eine Freundin entstanden.Barbara Krohnschrieb sie vor Jahren für Gisela Conrad und schickte ihr darin eine Katze vorbei, „ein Ort der Wärme am Fußende deines Daseins“. „Du kannst dich also getrost verirren und wiederfinden“, rief sie der Regensburger Künstlerin zu. Die Katze „braucht nicht viel: immer einen Weg ins Freie, hinter dem Fenster einen Himmel mit Wolken und Licht“. In wenigen Worten entstand so auch die Andeutung eines Porträts der freiheitsliebenden, unbeirrbaren Malerin. Gisela Conrad hat das Erscheinen des Buchs nicht erlebt. Sie starb 2019.

Eine Rettung für jede Woche im Jahr, plus zwei

Eine Reihe von Freunden wurde im Lauf der Zeit von Barbara Krohn poetisch bedacht. Zehn, zwölf der Kurztexte lagen vor, als die Schriftstellerin beschloss, sie in ein Buch aufzunehmen, mit am Ende 54 Alltagsrettungen: eine für jede der 52 Wochen im Jahr und zweien zusätzlich für den Übergang. Die Struktur folgt dem Band „Alltagsrettung“, der 2010 erschienen ist. Und wie der Vorgänger versammelt die aktuelle Publikation Angebote zum Denken, zum Träumen, zum Wechsel der Perspektive.

Vor ziemlich genau einem Jahr brütetenBarbara Krohnund ihr Gefährte Gerd Burger über der englischen Übersetzung der ersten Alltagsrettung. Gerade hatte Russland die Ukraine angegriffen und gerade begriff die Welt das Weltumstürzende. „Ich fragte mich, was die Menschen jetzt mit diesem Buch anfangen sollen“, bekennt Krohn. Dann fand sie: „Menschen bewegen, berühren, das kann Kunst. Jemand schreibt, jemand liest es, eine Tür zum Verständnis geht auf“, sagt sie, und: „Ich will niemanden retten, niemanden missionieren.“ Aber das Schulen von Wahrnehmung, das Prüfen des eigenen Blicks, können gut tun.

Ein ganz spezieller Sound

„Wirf sie aus“, deine Blicke, empfiehlt Rettung Nr. 41. Eine Station zu weit fahren, bringt einen vielleicht ans richtige Ziel. Rettung Nr. 3 malt aus, wie es ist, den „Ausbruch aus dem Plansoll“ zu wagen: „Koste es, was es wolle – koste es aus.“ „Es ist genug!“, heißt es in Rettung Nr. 30. „Genug gesagt, getan, gekauft, gehört.“ Denn: „Wenn sich nichts setzen kann und ruhen, geht auch nichts voran.“

Barbara Krohnstellt ein Gedicht als schützendes Haus vor und überlegt, wie ein Gedanke, der sich zu uns setzt, dem Leben eine Wende geben kann oder wenigstens den Tag verschönert. Der Ton ist lakonisch und leicht. Barbara Krohn schaut ins Herz der Worte, packt sie bei der Wurzel, schüttelt sie durch und legt sie frei. Daraus entsteht ihr ganz spezieller Sound, der beträchtlichen Sog entwickelt.

Das Buch begleiten Zeichnungen von Katrin Fleischer. Die Künstlerin aus Laaber traf noch eine Vorauswahl, bevor sie 2022 überraschend starb. Die zarten Bilder malte sie auf Japan-Papier, zu japanischer Musik. Sie sind keine Illustration, sondern Kunst zu Kunst.

Barbara Krohn stellt ihr Buch (Lichtung Verlag, 80 Seiten, 13,90 Euro) am 9. März (19 Uhr) vor: im Hotel Orphée, Untere Bachgasse in Regensburg, mit Musik von Mike Reisinger.