Vom Turmtheater auf die Comedy-Bühne
Heimspiel für Simon Pearce in Regensburg

17.11.2022 | Stand 15.09.2023, 2:56 Uhr
Simon Pearce ist mal albern, mal kritisch, kann aber stets über sich selbst lachen. −Foto: Philipp Wulk

Es wird ein „Heimspiel“, sagt Simon Pearce über seinen Auftritt am Samstag: Dann präsentiert er auf Einladung des Regensburger Turmtheaters auf der DEZ-Bühne sein Solo-Programm „Pea(r)ce on Earth“.





Es ist das mittlerweile dritte für den Comedian aus München, für den das Regensburger Turmtheater eine wichtige Station seiner Karriere ist. 2015 hatte er dort seine erste Hauptrolle gespielt: den Pfleger Driss in der Komödie „Ziemlich beste Freunde“ nach dem gleichnamigen französischen Erfolgsfilm. Sein Gegenüber war Martin Hofer. Besonders positiv hat Pearce in Erinnerung, dass er die Rolle selbst ausgestalten konnte. Regisseur Michael Bleiziffer habe ihm damals Spielraum gegeben. Das habe ihn als Schauspieler weitergebracht: „Der Driss war die Rolle, die ich am meisten in der Hand hatte, da steckte viel Pearce drin.“

Entscheidung für das Unstete

Mit Martin Hofer hat er gleich beim ersten Kennenlernen Witze gerissen, ohne zu wissen, dass der auch Impressario des Turmtheaters war. „Unsere Freundschaft hat da begonnen“, sagt Pearce, „wir haben uns wirklich mega verstanden.“ Die Regensburger Vorstellungen waren schnell ausverkauft. Später gastierten sie mit dem Stück in Siegen: „Dort war die Bühne größer, ich konnte da noch mehr rumspringen und rennen“, sagt Pearce, der Siegen nicht nur deshalb in bester Erinnerung hat: Er lernte bei dem Gastspiel seine spätere Frau kennen.

Überhaupt die Familie: Es ist fast eine Untertreibung zu sagen, die Schauspielerei sei Pearce in die Wiege gelegt worden: Seine Mutter ist die Volksschauspielerin Christiane Blumhoff, sein Opa war der Schauspieler und Marionettenspieler Franz Leonard Schadt. Pearce zählt weitere Vorfahren auf – sieben Generationen zurück bis zu einem Geigenspieler. Oma und Uropa standen ebenfalls auf der Bühne. Pearce selbst hat schon als Kind gedreht und Hörfunk gemacht.

Wie ist es, einen Beruf zu wählen, bei dem die ganze Familie sich berufen fühlen kann, gute Ratschläge zu erteilen? Seine Mutter habe ihn nie zur Schauspielerei gedrängt, sagt Pearce – auch sonst zu nichts. „Es war nicht so wie manchmal bei Ärzten oder Anwälten. Hätte ich revoltieren wollen, ich hätte eine Banklehre machen müssen.“ Dass ihm der Schauspiel-Beruf vertraut ist, sieht er als Vorteil: „Mit der Schauspielerei entscheidet man sich für das Unstete. Wenn ein Soloprogramm gut läuft, heißt das nicht, dass es beim nächsten Mal ebenso ist. Von meiner Mama habe ich gelernt, dass Hoch- und Tiefphasen sich abwechseln.“

Bei „Pea(r)ce on Earth“ erwartet die Zuschauer ein energiegeladener Abend, sagt Pearce im MZ-Gespräch: „Es geht um den inneren Frieden in einer aufgeregten Welt.“ Seine Themen sind Laubbläser, Flugangst – und Rassismus. Letzteres würde er am Liebsten ignorieren, doch „das Thema lässt mich nicht los“. Der Sohn eines Gastronomen aus Nigeria hat Rassismus erlebt, handfeste Übergriffe ebenso wie hirnloses Gerede. „Das ist Teil von meinem Leben“, sagt er. Um Vorurteilen entgegenzutreten, setzt er auf die Macht des Wortes: „Ignoranz kann man mit Gesprächen begegnen. Manchen fehlt die Empathie, sich in andere reinzuversetzen, sie sind sich der eigenen Privilegien nicht bewusst.“

„Ich trete nicht nach unten“

Offensiv geht Pearce das schmerzhafte Thema auch in „Pea(r)ce on Earth“ an: Da klopft er über Wespen im Biergarten Sprüche, die man von rechten Hetzern über Zuwanderer hört – zum Beispiel: „Was wollen die hier? Warum in unserem Biergarten?“ oder: „Kommt eine, kommen alle. Der ganze Clan kommt nachgezogen, schwer bewaffnet!“ Es ist durchaus beklemmend, anzuschauen, wie lässig ihm Parolen von den Lippen gehen, die Menschen mit lästigem Ungeziefer gleichsetzen. Zugleich gelingt es Pearce damit, deren Menschenverachtung bloßzulegen. Dass seine Nummern versöhnlich enden – dafür wurde er in einer Zeitung kritisiert: Er sorge selbst dafür, dass dem Publikum nicht das Lachen im Hals stecken bleibe, indem er Momente der Beklemmung bewusst durchbreche, hieß es da. Dazu sagt Pearce: „Ich will keine Betroffenheitsveranstaltung daraus machen. Der Nachhall ist ja erzeugt.“

Warum bezeichnet er sich aber als Comedian, obwohl er politische Themen aufgreift? Die Bezeichnung Kabarettist wecke „hohe Erwartungshaltung, dass es super politisch sein soll“, sagt Pearce: „Ich würde mich aber nicht neben Dieter Hildebrandt einordnen.“ Allerdings auch nicht neben Comedians, die Witze machen ohne jede Selbstironie, dafür mit Sexismus und Minderheiten-Bashing: „Ich trete nicht nach unten. Eher nach oben – oder in meinen eigenen Bauch.“

Zur Person

Stationen:Pearce studierte zunächst Lehramt, dann lockte doch die Schauspielerei: Nach seinem Diplom an der Schauspielschule Zerboni tobte er sich künstlerisch aus: Er spielte im Chiemgauer Volkstheater und in verschiedenen TV-Produktionen. Als Comedian trat er bei „NightWash“, „Quatsch Comedy Club“ und dem Satireformat „Die Anstalt“ auf. Er spielte bei „Tatort“ und „Soko“ mit und kürzlich im Kinofilm „Liebesdings“. Im Bayerischen Rundfunk ist er Podcast-Moderator.

Comedy:Pearce kommt am Samstag, 19.11, um 19.30 Uhr mit „Pea(r)ce on Earth“ auf die Bühne im Donaueinkaufszentrum Regensburg. Karten: www.okticket.de oder im Turmtheater, Tel. (0941) 56 22 33 oder in der Tourist-Info im Alten Rathaus, Tel. (0941) 507 50 50.