Kultur
In Regensburg: Eine Picasso-Ausstellung ohne Picasso

13.12.2022 | Stand 15.09.2023, 2:28 Uhr
In der markanten Rotunde des Kunstforums wurde am Dienstag das Programm 2023 vorgestellt. Im Mai, wenn die Abrissarbeiten am Grafiktrakt beendet sind und sich der Staub verzogen hat, werden auch die ausgebleichten roten Bezüge an den Säulen des Portal s ausgetauscht. −Foto: altrofoto.de

Das Kunstforum Ostdeutsche Galerie (KOG) in Regensburg plant für 2023 eine Ausstellung, die sich Pablo Picasso auf einem reizvollen Umweg nähert.

2023 sind die Kunsthäuser gierig auf Picasso: Der 50. Todestag wird willkommener Anlass, das Genie aus allen Blickwinkeln auszuleuchten. Wer keine eigenen Picassos besitzt und wenig Chancen, seine Werke zu leihen, muss findig sein. In Regensburg nähert sich das Kunstforum Ostdeutsche Galerie (KOG) dem Jahrhundertkünstler auf einem reizvollen Umweg.

„We love Picasso“: Unter diesem Titel wird KOG-Direktorin Agnes Tieze ab Oktober 2023 ausbreiten, welche Impulse der blaue, der rosa, der post-impressionistische, der abstrakte und vor allem der kubistische Picasso der Kunst in Mittel- und Osteuropa gegeben hat und gibt. Der tschechische Kubismus etwa tränkte alle Bereiche des Lebens, wurde sogar im Stadtplan ablesbar, betonte Tieze am Dienstag vor Journalisten. Wie ambivalent der Star bei den Kollegen ankam, zeigt etwa Erika Streit. 1937 lehnte die böhmische Künstlerin Picasso „ganz ab“, nannte ihn gar einen „zersetzenden Teufel“. Ab den 1940ern konnte sie sich des Sogs aber doch nicht entziehen und befasste sich mit dem großen Erneuerer in ihren Keramiken und Gemälden.

Picasso-Orignale werden in Regensburg nicht zu sehen sein. Macht nichts, meint Tieze mit Blick auf die Fülle der von Picasso inspirierten Werke: „In der Ausstellung werden Sie den Eindruck haben, dass Sie von Picassos umgeben sind.“ Mit Blick auf Klimakleber ist eine Picasso-Ausstellung ohne Picasso vielleicht nicht verkehrt. Das KOG hat Notfallpläne entworfen, Notfall-Material steht bereit und Taschen sind Besuchern beim Rundgang jetzt untersagt, wie Tieze am Dienstag schildert. Dass Vorsicht hier kein Luxus ist, zeigten die „seltsamen Dinge“, die bei der Kontrolle bereits auffielen, darunter eine Wärmflasche.

Die zweite große Ausstellung 2023 widmet sich dem Grafiker Emil Orlik. Das KOG schöpft aus eigenem Bestand. Das Haus hütet an die 2000 Blätter des großen Zeichners.

Einen Sonderstatus haben 440 Postkarten und Briefe, die Emil Orlik zwischen 1898 und 1930 seinem Freund Max Lehrs schrieb. Der Kunsthistoriker, Chef des Kupferstichkabinetts erst in Dresden, dann in Berlin, ließ die Korrespondenz in drei Alben binden. Der Schatz war bisher nicht wirklich sichtbar. Nun machte es der neue Grafikscanner des KOG möglich, die Briefe und Karten zu digitalisieren. In Vitrinen, am Bildschirm und als Vergrößerungen lässt sich weit mehr als ein fachlicher Austausch studieren, wie Kurator Sebastian Schmidt erläuterte: Der Künstler zeichnete und dichtete für seinen Freund, schilderte ihm in köstlichen Illustrationen seine zahlreichen Reisen, etwa nach Frankreich, China oder Korea, und gab Einblick in sein Experimentieren mit druckgrafischen Techniken. Die Ausstellung „Emil Orlik an Max Lehrs. Künstlerpost aus aller Welt“ startet Ende März 2023. Für den Sommer plant das Haus, eine Schau aus eigenen Werken. Ansonsten ist man mit Bauen beschäftigt: Der Grafiktrakt, vor 40 Jahren errichtet, wird erneuert und barrierefrei ans Haupthaus angebunden. Das Nottreppenhaus und die umlaufende Galerie im großen Saal sind bereits abgerissen, 2023 fällt auch der Verbindungsbau. Die 6,1 Millionen Euro für den aktuellen Bauabschnitt, der noch zwei, drei Jahre dauern wird, schultern Bund (50 Prozent), Bayern (30 Prozent) und Stadt (20 Prozent).

Das Ziel, machte Vorstandsvorsitzender Walter Boeckh am Dienstag klar: Alle drei Baukörper – die einstige Kunsthalle aus dem 19. Jahrhundert, das Galeriegebäude von 1970 und der Grafiktrakt – sollen barrierefrei erschlossen und klimatisch und technisch auf den neuen Stand gebracht werden.