Regensburg
Jenseits aller Stile und Moden: Die Fotokunst von Alois Achatz

29.09.2022 | Stand 15.09.2023, 3:29 Uhr
Peter Geiger
Alois Achatz zeigt in der Galerie konstantin b. in Regensburg seine Bilder. Der Fotokünstler bedient sich der aufwendigen Technik der Heliogravüre. −Foto: www.altrofoto.de

Die Technik ist aufwendig, die Ergebnisse faszinierend: Fotokünstler Alois Achatz zeigt in der Galerie konstantin b. unter dem Titel „Helio“ eine Auswahl seiner Arbeiten.

Die Geschichte der Fotografie ist geprägt von dem Versprechen, dass alles einfacher wird: Schon vor mehr als 100 Jahren versicherte Kodak seiner Kundschaft, dass ein Knopfdruck genügt. Den mühseligen Rest erledigten dann die hauseigenen Spezialisten. Agfa schob das Motto „Ritsch – Ratsch – Klick!“ hinterher. Und die Fotoplattform Instagram? Mittels digitaler Filter lassen sich kontrastarme Kamellen mit einem Fingerstrich in Hochglanzbilder verwandeln – und die lassen sich in Sekundenschnelle in der Welt verbreiten.

Man sieht: Alles strebt nach Überwindung der Erdenschwere der Technik. Geht man durch die Ausstellung „Helio“ in der Galerie konstantin b., könnte man zu der Ansicht gelangen, dass sich der Fotokünstler Alois Achatz mit seiner Technik, der Heliogravüre, ganz bewusst abkoppelt von den Errungenschaften der Gegenwart, dass er so etwas wie die asterixhafte Antithese zu all den Modernismen darstellt. Aber: Oft liegen die Sachen komplizierter.

Beginnt man ein Gespräch mit Alois Achatz über seine kleinformatigen Arbeiten, die ihre Grandiosität gerade durch die fotografische Inszenierung entfachen, so erfährt man: Aufs Digitale kann er gar nicht verzichten. Dennoch benötigt der Oberpfälzer Künstler, Jahrgang 1964, auch Zubehör, das vom Markt schon fast verschwunden ist und nur noch in Nischen gehandelt wird, für seine Heliogravüre, die im 19. Jahrhundert entwickelt wurde und als Vorläufer des Tiefdruckverfahrens gilt. Lange Zeit hortete er im Atelier in Eitlbrunn bei Regensburg einen Schatz aus Pigmentpapier und Kupferplatten. Der garantierte ihm, dass er seine aufwendige Kunst betreiben konnte. Mittlerweile sind diese Vorräte aber zur Neige gegangen. Jetzt bezieht er sein Material von Spezial-Versendern aus den USA.

Ohne in die technischen Einzelheiten einsteigen zu wollen: Es ist aufwendig und kompliziert, solche Heliogravüren herzustellen. Die Gelatine, mit der Alois Achatz arbeitet, „ist sehr temperaturanfällig! Wird’s wärmer als 23 Grad, werden meine Abzüge nichts!“, sagt er. Weshalb er immer darauf achten muss, dass sein Material schön kühl bleibt. Die rund 25 Arbeiten, die bis Mitte November am Brixener Hof ausgestellt sind, führen vor Auge, was die Stärke des Verfahrens ausmacht: Es lassen sich echte Halbtöne darstellen.

Alois Achatz hat 2021 in zwei historischen Gebäuden in Kallmünz fotografiert. Was ihn interessiert, sind vor allem „vorgefundene Situationen“. Ein Tisch, ein Stuhl, eine Schüssel auf der Fensterbank. Ein an der Wand lehnender Besen. Aus Hinterlassenschaften des Alltags entwickelt er eine eigene Poesie, indem er Hell-Dunkel-Kontraste auf kleinstem Format großartig inszeniert. Seine Pflanzenfotos wiederum atmen den Geist von Karl Blossfeldt. Wie der 1932 verstorbenen Fotograf, der der Neuen Sachlichkeit zugeordnet wird, verleiht Alois Achatz seinen Karden- und Liebstöckl-Porträts eine eigene Würde. Und das ist schließlich etwas, das nie aus der Mode gerät.