Kultur
Neues Musical hat Premiere am Theater Regensburg

12.10.2022 | Stand 15.09.2023, 3:19 Uhr
„Party“ schreit es in Großlettern von der Bühne am Regensburger Bismarckplatz: Am Samstag (15. Oktober) hat hier „Putting it together“ Premiere. −Foto: Ronny Scholz

Sebastian Ritschel kann einfach nicht lassen von Stephen Sondheim. Jetzt inszeniert er schon seinen fünften: „Putting it together“, 1992 uraufgeführt, kommt am Samstag als deutschsprachige Erstaufführung auf die Bühne im Theater am Bismarckplatz.

Eine Party, zwei Paare plus ein Mann und 30 großartige Lieder: So knapp lässt sich das Musical umreißen. Zwei junge Verliebte mit tiefrosa Weltblick treffen auf ein alltagsgestähltes, desillusioniertes Ehegespann. Die Stars aber sind die großartigen Songs.

Sondheim pickte die Lieder, sich selbst zitierend, aus Broadway-Hits und pfiff auf Dialoge. Reichlich Songstoff hatte er. Als er die Texte zu „West Side Story“ schrieb, war er zarte 25 und bis zu seinem Tod 2021 mit gesegneten 91 riss der kreative Strom des Texters und Komponisten nicht ab. Und was die Fallhöhe von Liebe betrifft, des Pudels Kern in „Putting“, sprechen die Titel ja wirklich für sich: „Reich und glücklich“ heißt ein Song, ein anderer „Mein Gatte, das Schwein“.

„Putting it together“, setz’ es zusammen, beschreibt also die Struktur des Musicals und formuliert damit auch die Herausforderung an die Regie. „Das Schwierige“, sagt Sebastian Ritschel, „ist es, aus lauter einzelnen Liedern eine Story zu spinnen. Das macht aber auch den Reiz aus.“ Dem Regensburger Intendanten liegt die Produktion in mehrfacher Hinsicht. Er ist Musical-Fan im Allgemeinen, Sondheim-Bewunderer im Besonderen und die neuen Musical-Künstler, die er ins Ensemble geholt hat, können jetzt erstmals vor dem Regensburger Publikum glänzen.

Obendrein knüpft das Musical an ein anderes Sondheim-Werk an: Aus „Sunday in the Park with George“ stammt der Titelsong „Putting it together“. Mit der Inszenierung von „Sunday“ landete Ritschel außerdem 2019 an den Landesbühnen Sachsen einen Riesenerfolg, in einer neuen, von Meister Sondheim persönlich abgesegneten Übersetzung.

Acht Nominierungen bei den Broadway World Germany Awards gab es für „Sunday“ aus Sachsen und in New York wurde Ritschel auf einen Schlag zu „the guy who did it in Germany“, also: zu dem Typen, der „Sunday“ in Deutschland umsetzte. Der Clou: Regie, Bühne, Kostüme und Licht wurden zum gepunkteten und getüpfelten Gesamtkunstwerk. Ritschel orientierte sich da am pointillistischen Meisterwerk von George Seurat über einen Sonntag im Grünen also an dem Gemälde, das Sondheim zu „Sunday“ inspiriert hatte.

„Putting“ in Regensburg will Ritschel nun ähnlich anpacken, mit eigenen Entwürfen für Bühne, Kostüme und Licht, für eine Inszenierung aus einem Guss.

Die Bühne dominiert eine glitzernde Showtreppe, ein Laufsteg der Eitelkeiten. Sie ist bestückt mit vielen Spiegeln, die für oberflächliche Reflexe stehen und für tiefergehendes Reflektieren. Hochglanz kontrastiert mit Hinterhof: Neben der Showtreppe gibt es eine schäbige Ecke. Ritschel knipst hin und her zwischen Party-Glitzer und privaten Momenten, gefüttert mit viel Psychologie. Er spielt mit Schein und Sein. Denn die beiden so unterschiedlichen Paare plaudern zwar auf einer Party der Upperclass, wie Ritschel schildert. „Aber die Nöte und Sehnsüchte sind die gleichen, die alle Menschen bewegen.“